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02.08.19 / Frühlings Erwachen / Schloss Wernigerode – Wohlfühlort des ersten deutschen Kaisers

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-19 vom 02. August 2019

Frühlings Erwachen
Schloss Wernigerode – Wohlfühlort des ersten deutschen Kaisers
Helga Schnehagen

Das Schloss der Grafen von Wernigerode am Nordrand des Harzes braucht sich hinter Bayerns Märchenschlössern nicht zu verstecken. Um 1100 als Burg erbaut, sollte diese den Weg der deutschen Kaiser auf ihren Jagdausflügen in den Harz sichern. Ihr heutiges Aussehen verdankt Schloss Wernigerode dem Blankenburger Baumeister Carl Frühling, der die Anlage zwischen 1862 und 1885 komplett zu einem für ganz Norddeutschland vorbildlichen Gesamtkunstwerk des Historismus ausbaute. 

Anlass war die kometenhafte politische Karriere von Graf Otto zu Stolberg-Wernigerode. Ab 1867 erster Oberpräsident der preußischen Provinz Hannover, später deutscher Botschafter in Wien, wurde er Stellvertreter Bismarcks als Vizekanzler des Deutschen Reiches und stellvertretender preußischer Ministerpräsident. Kein Wunder, dass Wernigerode zum beliebten Treffpunkt des deutschen Hochadels avancierte.

Zu Ehren der hohen Gäste konzipierte Frühling eine Gästewohnung, die nach dem ersten Besuch  Königs Wilhelm I. 1868 den Na­men Königszimmer erhielt. Der spätere Kaiser besuchte das Schloss mehrmals, vor allem zur Jagd. Das letzte Mal nächtigte er 1887 dort im Alter von 90 Jahren.

Damit er keine Treppen steigen musste, nutzte er allerdings die Räume des Fürsten. Auch sein Enkel Kaiser Wilhelm II. logierte in den Königszimmern, zuletzt 1908. Letztmalig wurden die Räume 1929 vom ägyptischen König Fuad bewohnt.

Die Königszimmer gehören zu den über 40, teils frisch restaurierten original eingerichteten Wohnräumen aus der letzten Blütezeit des deutschen Adels. Sie stehen neben Festsaal, Historischer Halle, Schlosskirche und anderen Räumen auf der Liste je­ner Zimmer, die bei den 13 Wandelkonzerten der 24. Wernigeröder Schlossfestspiele vom 20. bis 28. August zur Bühne werden. Daneben erweist sich der Innenhof des Schlosses als malerische Spielstätte. Vom 4. bis 17. August gibt es hier Opernabende mit „Ro­meo und Julia“ und am 30. August das Abschlusskonzert. 

Einen flüchtigen Blick können Besucher der Wandelkonzerte auf die noch bis zum 3. November laufende Ausstellung „Art Déco. Eine Kunst des Historismus?“ werfen. Als Gegenentwurf zum streng funktionalistischen Bauhaus, dessen Gründung vor 100 Jahren derzeit allerorten gefeiert wird, hat das Land Sachsen-Anhalt das Zusatz-Programm „Wege in die Moderne“ aufgelegt mit dem Ziel, den Fokus auch auf andere künstlerische Richtungen aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zu lenken. Dazu gehört das bislang meist vergessene Art Déco mit seiner opulenten Eleganz und spielerischen Verwendung historischer Elemente. Ge­zeigt werden mehr als 300 Exponate – vor allem Möbel, Gemälde, Glas, Porzellan und Bücher – aus eigenem Bestand oder sie sind Leihgaben.

Schlossfestspiele: www.pkow.de, Karten: biber-ticket-Hotline (0391) 5999700, Schlossbesichtigung: www.schloss-wernigerode.de