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09.08.19 / »Lieder für die Ewigkeit« / Zum 50. Todestag der Sängerin Alexandra lud der Verein Alexandra-Freunde e.V. zu zwei Veranstaltungen ein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-19 vom 09. August 2019

»Lieder für die Ewigkeit«
Zum 50. Todestag der Sängerin Alexandra lud der Verein Alexandra-Freunde e.V. zu zwei Veranstaltungen ein
Manuela Rosenthal-Kappi

Im Herzen ihrer Fans lebt die am 31. Juli 1969 tödlich verunglückte Chansonsängerin Alexandra weiter. Anlässlich ihres 50. Todestags trafen sich Mitglieder und Freunde des Alexandra-Freunde-Vereins e.V. zu Gedenkveran-staltungen in Hamburg und im schleswig-holsteinischen Tellingstedt.

Am 3. August war es soweit: Drei Tage nach dem Todestag trafen sich am Rothenburgsorter Marktplatz 5 im Hamburger Stadtteil Rothenburgsort um 

16 Uhr Mitglieder des Alexandra-Freunde-Vereins e.V. an der Gedenktafel, die vor drei Jahren mit Unterstützung der SPD-Bezirksfraktion dort angebracht worden war, zu einer Gedenkveranstaltung. Es ist das Haus, in dem die aus Heydekrug im Memelland stammende Sängerin von 1961 bis 1969, mit Unterbrechungen, wohnte. Mit vor Ort war ein Fernsehteam des NDR, das Aufnahmen für das „Hamburg-Journal“ machte. Die älteste Teilnehmerin kannte Alexandra noch von früher. Sie war eine Nachbarin. Ebenfalls persönlich gekannt hat sie Uwe Otten. Als Reisesekretär für das Hazy-Osterwald-Sextett war er damals für die Organisation einer Russland-Tournee zuständig, an der die Neuentdeckung Alexandra teilnehmen durfte. 

 Der Biograf und Filmregisseur Marc Boettcher präsentierte vor dem Haus den Titelentwurf für seine in Arbeit befindliche erweiterte Alexandra-Biografie. Es wurde von einem bekannten Porträtkünstler entworfen und besteht komplett aus den Wörtern von Alexandra-Liedern. Boettcher hat bereits zwei Biografien über den Star der ausgehenden 60er Jahre geschrieben und einen anderthalbstündigen Film über das Leben der Künstlerin gedreht, der mehrfach im NDR ausgestrahlt wurde.

Der Zufall wollte es, dass sich gerade die heutige Bewohnerin von Alexandras Wohnung im dritten Stock im Eingang des Hauses aufhielt, als das NDR-Team dort filmte. Die junge Frau stimmte zu, das Team nach oben zu begleiten. Dabei kam ein interessantes Gespräch zwischen der Bewohnerin und einigen Fans zustande. 

Die Hamburger Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) und Petra Beyerlein von der SPD-Fraktion Hamburg-Mitte trafen ebenfalls vor der Gedenktafel am Rothenburgsorter Marktplatz 5 ein. Nach einer kurzen Ansprache unternahmen die Politikerinnen gemeinsam mit den Anwesenden einen Spaziergang zum „Ale-xandra-Stieg“, um dort das dritte Straßenschild feierlich zu enthüllen. Die beiden ersten waren bereits 2007 anlässlich des 65. Geburtstags der Sängerin angebracht worden. Zum Entsetzen aller waren inzwischen sowohl das Tuch, mit dem das Schild verhüllt war, als auch der vordere Teil des Straßenschilds verschwunden. Veit nahm es positiv: Alexandra habe große Bedeutung, wenn jemand das Schild als Trophäe mitgehen ließe. Sie versprach, dass die Stadt umgehend für Ersatz sorgen werde. Den Alexandra-Stieg kreuzt an dieser Stelle, an der eine Brücke den Stadtteil Rothenburgsort mit dem Elbpark Entenwerder verbindet, ein viel befahrener Fahrradweg. Als Überraschungsgast stieß die Pianistin und Sängerin Larissa Pintora mit ihrer Gitarre in der Hand zur Gruppe und sang drei bekannte Alexandra-Lieder.

Als Höhepunkt des Tages darf das Konzert „Lieder der Ewigkeit“ von Larissa Strogoff bezeichnet werden, die von Vereins-mitglied Bernhard Carolus an der Orgel beleitet wurde. In der fünften Etage des Evangelischen Altenwohnheims Billwerder Bucht mit Terrasse sowie herrlichem Blick aufs Wasser und die Innenstadt bis zum Hamburger Michel sang die Künstlerin Chansons von Alexandra. Wenn man die Augen schließt, könnte man denken, es sei Alexandra, die da singt. Strogoff hat eine ähnlich dunkle, unter die Haut gehende Stimme. 

Allerdings legt die Chansonkünstlerin Wert darauf, nicht als zweite Alexandra gesehen zu werden. Sie kopiere Alexandra nicht, sondern adaptiere sie. Die Künstlerin aus Nordrhein-Westfalen hat in der Tat ihren eigenen Stil. Sie komponiert und textet selbst Chansons mit Tiefgang. Ihr besonderes Interesse gilt der russischen Zigeunerfolklore. Als Enkelkind einer russischsprachigen Großmutter beherrscht sie selbst die russische Sprache. Strogoff tritt in weit schwingenden Doppelbahnröcken auf, wie sie die Roma zu Zeiten Katharinas der Großen in Russland trugen. Im Zarenreich, so erzählte sie, wurden die Zigeuner nicht verfolgt oder vertrieben, sondern es habe zum guten Ton gehört, mindestens ein Zigeunerensemble am Hof zu beschäftigen.

Obwohl das dreiköpfige NDR-Team schon viele Szenen im Kasten hatte für seinen nur zweieinhalbminütigen Beitrag, zog Strogoff die drei Männer in ihren Bann. Sie gingen erst, als die Sängerin extra für sie die drei berühmtesten Alexandra-Lieder gesungen hatte.

Für die Anwesenden war der Abend noch nicht zu Ende. Barbara Beu moderierte, und sie verlas in den Konzertpausen die Grußworte derjenigen, die nicht teilnehmen konnten. Sohn Alexander Skovitan lebt in den USA. Er schrieb, dass berufliche Verpflichtungen ihn vom Kommen abhielten, er sich aber freue, dass auch 50 Jahre nach ihrem Tod immer noch der Künstlerin Alexandra gedacht werde. Ebenso sandten die Cousinen Marleen Zaus und Renate Scholten Grüße, die beide aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen konnten. Marleen erinnerte sich wehmütig an die letzte Begegnung mit ihrer Cousine. Von der Familie war als einziger Cousin Horst Lessing anwesend. Er gab eine Anekdote aus Alexandras jungen Jahren zum Besten, als sie noch ihren Mädchennamen Doris Treitz trug. 

Uwe Otten erzählte, wie ihm Alexandra während der Russlandtournee ans Herz gewachsen war. Im ausverkauften Leningrader Sportpalast war sie erstmals vor 10000 Zuschauern aufgetreten. In ihrem legendären grünen Samtkleid stand sie auf der Bühne. Sie tanzte und sang wie ein Profi. 

Marc Boettcher berichtete von seinem neuen Filmprojekt, das ebenfalls im Zusammenhang mit Alexandra steht. Er plant ein Porträt über die polnisch-jüdische Künstlerin Belina, die in Hamburg lebte und deren Auftritte Alexandra inspiriert haben. Belina sang Chansons und internationale Folklore in 20 verschiedenen Sprachen. Das hebräische Lied „Erev she shoshanim“ übernahm Alexandra aus Belinas Repertoire.

Einen Gruß besonderer Art ließ der berühmte Komponist Hans Blum übermitteln. Da der 91-Jährige die weite Anreise aus Overath nicht auf sich nehmen konnte, schickte er eine Tonaufnahme, in der er über seine erste Begegnung mit Alexandra erzählte. Währenddessen liefen Bilder von Alexandra über einen Bildschirm. Ihr großer Hit „Zigeunerjunge“ lag bei Blum damals in der Ablage mit den Ladenhütern, die er der jungen Sängerin zur Durchsicht gab. Zielsicher griff sie das Lied heraus, das sie berühmt machen sollte. Anlässlich des 50. Todestags hatte Blum ein Lied auf Alexandra geschrieben, dessen Inhalt sehr zu Herzen ging.

Der fröhliche Teil des Alexandra-Gedenktreffens klang am späten Abend mit dem Lied „Erstes Morgenrot“ aus. 

Am nächsten Tag, dem 4. August, folgte in Tellingstedt in Schleswig-Holstein am Gedenkstein, den der Verein 2006 am Unfallort aufstellen ließ, der ernstere Teil der zweitägigen Veranstaltung. In Anwesenheit des stellvertretenden Bürgermeisters Manfred Dahl, Horst Lessing und treuen Vereinsmitgliedern, die die Anreise nicht scheuten, wurde an den tragischen Unfall erinnert, bei dem Alexandra und ihre Mutter das Leben verloren. 

Die Künstlerin Larissa Pintora trug ihre Version von Alexandra-Liedern unter freiem Himmel vor, sich selbst am Klavier begleitend.