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09.08.19 / Herr der Kletterringe / Rebellen lehnen sich in Sächsischer Schweiz gegen Verband auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-19 vom 09. August 2019

Herr der Kletterringe
Rebellen lehnen sich in Sächsischer Schweiz gegen Verband auf
Wolfgang Kaufmann

Um die mehr als 1100 Klettergipfel der Sächsischen Schweiz tobt ein asymmetrischer Krieg. Traditionalistische Rebellen kämpfen hier gegen den Sächsischen Bergsteigerbund (SBB). Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung ist aktuell vor allem an den Felsen des Bielatals zu sehen: Bei Nacht und Nebel wurden hier 24 Sicherungsringe abgeflext, was den SBB zu folgender Aussage veranlasste: „Ein Sturz an Stellen, wo Sicherungen fehlen oder unbrauchbar sind, kann tödlich enden.“ 

Tatsächlich handelt es sich bei den entfernten Ringen nicht um zwingend notwendige Eisen- oder Edelstahlringe, die von den Erstbegehern einer Route im Einklang mit den sächsischen Kletterregeln gesetzt werden, wenn keine ausreichenden natürlichen Sicherungspunkte vorhanden sind. Vielmehr kamen diese im Rahmen des sogenannten „Pilotprojektes Johanniswacht“ in den Fels.

Das geht auf eine Initiative des SBB zurück, der im April 2017 seine Mitglieder befragte, ob sie an der Felsgruppe rund um den Bielatal-Aussichtspunkt Johanniswacht 60 zusätzliche, also nicht von den Erstbegehern angebrachte, Sicherungsringe gutheißen würden. Damals votierte eine Mehrheit mit „Ja“. Dabei ist die somit beschlossene systematische „Vernagelung“ der zwölf Sandsteintürme eine ganz klare Regelverletzung und verstößt zudem auch in eklatanter Weise gegen die Satzung des SBB, welche die Pflege der einzigartigen sächsischen Klettertradition zum Vereinszweck erklärt. 

Aber das ficht weder den SBB-Vorstand noch die reichlich 2000 Kletterer an, die deutlich mehr Sicherungsringe wollen. Vielmehr wird immer wieder betont, dass die übergroße Mehrheit der Mitglieder des Bundes „den Bergsport zur eigenen Freude und ohne Leistungsgedanken“ betreibe. Außerdem verweisen die SBB-Oberen auf die wachsende Zahl von Kindern und Jugendlichen sowie Frauen, die sich an den Felsen der Sächsischen Schweiz versuchen: „Bergsteigen ist Familiensport geworden.“ Dem müsse man nun eben durch das Entschärfen von Gefahren Rechnung tragen.

Die Traditionalisten sehen hierdurch das Ende des sächsischen Kletterns herannahen, zumal das verstärkte Herumbohren in den Felsen sicher auch bald Umweltschützer auf den Plan rufen werde, denen das Klettern ein Dorn im Auge sei. 

Das Hauptproblem liege aber in dem Umstand, dass die zusätzlichen, nicht regelkonformen Ringe Bergsportler in Aufstiege lockt, denen sie unter regulären Bedingungen nicht gewachsen wären. Deshalb entfernen die Traditionalisten nun diese Sicherungsmittel, was ein geteiltes Echo hervorruft: Für die einen sind sie damit potenzielle Mörder, für die anderen Helden, welche die verderblichen Pläne der „Modernisierer“ im SBB konterkarieren.