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16.08.19 / Unsinnig und unsozial / Vieles spricht gegen die Idee einer Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-19 vom 16. August 2019

Unsinnig und unsozial
Vieles spricht gegen die Idee einer Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch

Eigentlich können die Grünen die blutige Nase, die sie sich 2013 mit ihrer Forderung nach einem „Veggieday“ (einem vegetarischen Tag) geholt haben, nicht vergessen haben. Nachdem nun Gras über die Sache gewachsen ist, legen sie in ihrem Feldzug gegen den Fleischkonsum nach und fordern eine Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes auf Fleisch von derzeit sieben auf 19 Prozent. Doch während sie mit ihrem „Veggieday“ von den anderen Parteien noch Spott und Empörung geerntet haben, zeigen sich zumindest SPD und Union dem Griff in die Tasche der Verbraucher gegenüber aufgeschlossen.

Das ist auch kein Wunder, denn mit der „Fleischsteuer“ würde der Staat angesichts des Volumens der Fleischbranche ordentlich Kasse machen. Den in der vergangenen Woche vom Statistischen Bundesamt vorgelegten Zahlen zufolge wurden in den ersten sechs Monaten 2019 in den gewerblichen Schlachtbetrieben in Deutschland 29,4 Millionen Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde geschlachtet. Einschließlich des Geflügels produzierten die Schlachtbetriebe 3,9 Millionen Tonnen Fleisch.

Eigentlich müssten die Grünen das mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen, denn das ist weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Fleisch­erzeugung nahm nämlich um rund 2,6 Prozent beziehungsweise 102700 Tonnen ab. Die aus gewerblichen Schlachtungen erzeugte Schweinefleischmenge war im ersten Halbjahr 2019 mit 2,6 Millionen Tonnen um gut 100000 Tonnen und damit 

3,7 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum. Mit 27,2 Millionen Schweinen wurden 1,2 Millionen Tiere weniger geschlachtet. Die Rinderschlachtungen beliefen sich auf 1,6 Millionen Tiere und nahmen somit um 21300 Tiere oder 1,3 Prozent gegenüber den ersten sechs Monaten 2018 ab. Durch höhere durchschnittliche Schlachtgewichte stieg die erzeugte Rindfleischmenge aber um 0,7 Prozent auf insgesamt 543300 Tonnen. Außerdem wurden rund 786800 Tonnen Geflügelfleisch produziert. Dies entspricht einem Rück­gang um 0,7 Prozent oder 5300 Tonnen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Schweinefleisch hatte mit rund 65,8 Prozent den größten Anteil an der gewerblichen Fleischerzeugung. Darauf folgten Geflügelfleisch mit 20 und Rindfleisch mit 13,8 Prozent. Schaf-, Ziegen- und Pferdefleisch machten zusammen lediglich einen Anteil von etwa 0,3 Prozent an der Gesamtproduktion aus.

Das viele Geld, das der Staat durch eine Mehrwertsteuererhöhung auf Fleisch einnehmen würde, soll „zweckgebunden für mehr Tierwohl“ eingesetzt werden. Das wollen zumindest die Grünen, und auch damit könnten sich SPD und Union anfreunden. Die Idee einer zweckgebundenen Fleischsteuer stammt allerdings nicht von den Grünen, sondern vom Umweltbundesamt. Das hat Fleisch und andere Tierprodukte schon lange als besonders „klimaschädlich“ ausgemacht und daher im Jahre 2017 angeregt, „Mehreinnahmen aus der Konsumsteuer im Kampf gegen den Klimawandel“ zu verwenden.

Zum Thema Fleisch und Klimawandel haben sich auch andere „Experten“, nämlich die vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, geäußert – allerdings ziemlich unqualifiziert, wie der Bauernbund Brandenburg, Vertretung der bäuerlichen Familienbetriebe im Land, meint. „Wenn ein hochrangiger Mitarbeiter behauptet, durch Reduzierung der angeblich klimaschädlichen Wiederkäuer würden Flächen für den Anbau von Lebensmitteln frei, so ist das schlicht falsch“, meint Bauernbund-Vorstand Ulf Simon, der dem Institut die Seriosität abspricht.

Dass die Beweidung von Grünland durch Rinder und Schafe der Menschheit im Gegenteil zusätzliche, für die Lebensmittelproduktion sonst nicht nutzbare Nahrungsquellen erschließt, weil nur diese Tiere durch ihr Verdauungssystem Gras verwerten könnten, sei „landwirtschaftliches Grundwissen“. Der offensichtliche Fehler des Instituts wiege umso schwerer, als er „im Kontext eines Bedrohungsszenarios für das Weltklima“ geäußert werde, das den Emissionen von Wiederkäuern besondere Bedeutung beimesse. Ohne Kühe und Schafe würde der Grasaufwuchs vermodern und aus den Zersetzungsprozessen würden ebenso Treibhausgase aufsteigen, wie sie jetzt von den Tieren in die Atmosphäre abgegeben würden. Zudem würden ohne Nutzung des Grünlandes Millionen Menschen verhungern.

Die umgangssprachlich Mehrwertsteuer genannte Abgabe, die steuerfachlich korrekt Umsatzsteuer heißt, ist der Höhe nach die bedeutendste staatliche Einnahmequelle. Dennoch entschied sich der Gesetzgeber im Jahre 1968 bei ihrer Einführung in ihrer heutigen Form, auf einen Teil der Steuereinnahmen zu verzichten, indem er für bestimmte Umsätze einen ermäßigten Steuersatz festlegte. Damit wollte er sicherstellen, dass Dinge, die zum menschlichen Grundbedarf gehören, für jeden erschwinglich bleiben.

So fällt beispielsweise für Erzeugnisse aus der Land- und Forstwirtschaft, Futtermittel oder Lebensmittel wie Fleisch, Eier und bestimmte Getränke eben nur der reduzierte Mehrwertsteuersatz an. Geregelt ist das im Einzelnen in Paragraf 12 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes und der Anlage dazu. Die Auswahl der steuerprivilegierten Produkte ist jedoch in vielen Punkten nicht unbedingt nachvollziehbar.

Den Grünen und ihren Unterstützern von SPD und Union geht es jedoch nicht darum, hier eine längst überfällige Reform einzuleiten, sondern um eine ideologisch motivierte Gängelung der Verbraucher. Den Verbrauchern soll der Fleischkonsum ausgetrieben und gleichzeitig die Staatskasse gefüllt werden. Daran, dass die staatlichen Mehreinnahmen tatsächlich und für immer zweckgebunden für Verbesserungen bei der Nutztierhaltung ausgegeben werden würden, bestehen berechtigte Zweifel.

Da kommt einem unwillkürlich die 1902 eingeführte Schaumweinsteuer, mit der die Kriegsflotte finanziert werden sollte, in den Sinn. Sie wird bis heute erhoben, obwohl des Kaisers Marine seit 100 Jahren Geschichte ist. Damals konnte man den Kritikern der Steuer noch entgegenhalten, dass Sekt kein Grundnahrungsmittel sei und die Steuer nur diejenigen treffe, die sich das Luxusprodukt leisten könnten. Fleisch ist bestimmt kein Luxusprodukt. Eine Fleischsteuer würde Fleisch zu einem Lebensmittel nur noch für Wohlhabende machen.J.H.