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16.08.19 / Anonymus mit Kultstatus / Social-Media-Autor und Trump-Anhänger »Qanon« gegen den »Tiefen Staat«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-19 vom 16. August 2019

Anonymus mit Kultstatus
Social-Media-Autor und Trump-Anhänger »Qanon« gegen den »Tiefen Staat«
Peter Entinger

Vorwürfe, die USA würden von einer kleinen Macht-Clique geführt, sind nicht neu. Zweifelsohne ist die Politik nirgendwo so verwoben mit heimlichen Spendern und klandestinen Zirkeln wie in den Vereinigten Staaten. Der Fall des Milliardärs Jeffrey Epstein ist ein Beispiel dafür. Er soll über Jahre gemeinsam mit Freunden auf seinem Anwesen minderjährige Mädchen zur Prostitution gezwungen haben. Gerüchte und Anklagen gab es seit Jahren, bisher kam Epstein immer durch grenzwertige Deals mit der Justiz glimpflich davon. Seit einigen Wochen saß er bis zu seinem Freitod in Untersuchungshaft.

Eine Gruppe, die westliche Medien als Verschwörungstheoretiker bezeichnen, glaubt, dass dies der Anfang vom Ende des „Deep State“, des Tiefen Staates, sei. Eine verborgene Kooperation von Bürokraten, Geheimdiensten und Militär agiere in Washington, um demokratisch gewählten Politikern ihren Willen aufzuzwingen. Und im Ernstfall greife der „Staat im Staat“ auch ein. Alle Vorwürfe gegen US-Präsident Donald Trump seien Produkte des „Staats im Staate“.

Wo Trump in diesen Wochen auch spricht, halten Anhänger Schilder mit dem Buchstaben „Q“ hoch. Im Oktober 2017 schrieb auf der Social-Media-Plattform „4chan“ erstmals ein Nutzer unter dem Pseudonym „Qanon“ und verkündete die bevorstehende Festnahme von Trumps früherer Gegenkandidatin Hillary Clinton. Die Buchstaben „anon“ stehen dabei für anonym.

Wer dahinter steckt, ist unklar. Trumps Anhänger sagen, es sei ein Insider aus dem Weißen Haus, möglichweise ein hochrangiger Militär. In Kurznachrichten enthüllt er vermeintliche Fakten über eine jüdische Bankerdynastie, die Medien und Staat kontrolliere. Trump sei der, der gegen die Verschwörung kämpfe. Die Anhänger gehen so weit, dass sie in Tweets von Trump geheime Botschaften entdecken, die er vermeintlich an sie sendet.

In seinen Botschaften bereitet „Q“ die USA auf das „große Erwachen“ vor, dem wiederum „der Sturm“ folgen werde. Das soll bedeuten, dass der Tiefe Staat, also das Netzwerk von Bürokraten, Behörden und Medien, das die Vereinigten Staaten angeblich seit Jahren kontrolliert und gegen Trump arbeitet, endgültig hinfort geschwemmt wird.

Die Liste der Vorwürfe ist dabei lang. Trumps Vorgänger Barack Obama sei ein Menschenhändler, Hollywood ein Hort von Pädophilen. Und Hillary Clinton? Die mischt angeblich überall mit. Zwar befindet sie sich immer noch auf freiem Fuß, doch auch dafür hat „Q“ eine Erklärung. Sie sei längst mit einer elektronischen Fußfessel versehen worden, damit sie sich nicht klammheimlich aus dem Staub machen kann.

Was sich wie Satire anhört, findet in den USA immer mehr Anhänger. „Mehrere hunderttausend Menschen“ würden ihm Folgen, glaubt „Q“. Sein Account ist mittlerweile auf die Plattform 8chan gewandert. Auf diesen Seiten kann man sich in Foren zu allen Themen weitgehend unkontrolliert austauschen. Und im Internet ist „Q“ ohnehin schon Kult. Bei Amazon gibt es seit geraumer Zeit T-Shirts zu kaufen, bedruckt mit einem Q in den Farben der US-amerikanischen Flagge oder mit dem Slogan der Bewegung: „Wohin einer von uns geht, gehen wir alle.“

Die Tatsache, dass Milliardär Epstein enge Kontakte zu Ex-Präsident und Hillarys Ehemann Bill Clinton unterhielt, motiviert die „Q“-Anhänger zusätzlich. „Es wird nicht mehr lange dauern, bis die ganze Wahrheit ans Licht kommt“, schrieben die Blogger kürzlich.