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16.08.19 / Bad Mergentheim feiert den Deutschen Orden / Zum 800. Jubiläum bietet die Tauber-Stadt ein buntes Programm für jedermann samt Sonderausstellung im Deutschordensmuseum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-19 vom 16. August 2019

Bad Mergentheim feiert den Deutschen Orden
Zum 800. Jubiläum bietet die Tauber-Stadt ein buntes Programm für jedermann samt Sonderausstellung im Deutschordensmuseum
Uta Buhr

Der Gang durchs Taubertal ist ein Gang durch die deutsche Geschichte, durch das alte Reich“, schrieb 1865 der Kulturhistoriker Wilhelm Heinrich von Riehl. Die nunmehr 800-jährige Geschichte des Deutschen Ordens in Bad Mer­gentheim bestätigt diese Aussage bis auf den heutigen Tag.

In diesem Jahr platzt das im Tal der Tauber gelegene, knapp 24000 Seelen zählende Städtchen Bad Mergentheim aus allen Nähten. Die Feierlichkeiten zu „800 Jahre Deutscher Orden in Bad Mergentheim“ locken Besucher von nah und fern an. Zu den beliebtesten Veranstaltungen gehören der historische Wachaufzug nebst Rekrutenwerbung der in elegante, blau-weiße Uniformen gekleideten Historischen Deutschorden-Compagnie, deren Mitglieder gegen Ende ihres Auftritts Salutschüsse aus Vorderladergewehren abfeuern. Ein großer Teil der Mergentheimer Bevölkerung ist in die Festivitäten eingebunden, zu denen in diesem Jahr verschiedene Symposien und zahlreiche Vorträge über die historische Entwick­lung des Ordens sowie eine bis zum 26. Januar gezeigte Sonderausstellung unter dem Titel „Mythos und Wahrheit. Der Deutsche Orden im Südwesten“ im Deutschordensmuseum gehören. 

Die meisten Bürger der Stadt sind mit der Geschichte des „Ordens der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem“ vertraut, und auch Schulkinder geben ihr Wissen gern an die Besucher weiter. Die Verbindung des Ordens zu Mergentheim entstand 1219 durch Mitglieder des Adelsgeschlechts derer von Hohenlohe, die dem Orden große Teile ihrer Besitztümer übereigneten. Unter ihrer Ägide entstand in der Region eine Vielzahl bedeutender Bauwerke, unter denen das prächtige Renaissanceschloss mit der berühmten Berwart-Treppe einen besonderen Rang einnimmt. 

Von 1217 bis 1219 führten die Kreuzritter in Damiette einen erbitterten Kampf gegen die muslimischen Ayyubiden mit dem Ziel der Rückeroberung Jerusalems. Diese Schlacht, in welcher der Deutsche Orden verletzte Kreuzfahrer und Pilger in seinen Spitälern behandelte, wurde zur Initialzündung für großzügige Schenkungen adliger Kreise an den Orden. An erster Stelle standen die bereits erwähnten „Edelfreien“ Brüder Hohenlohe. Am 16. Dezember Anno 1219 gelangte der Orden durch einen Erbvergleich in den Besitz von bedeutenden Ländereien in der Umgebung Mergentheims. Dazu zählten zwei Burgen, Zoll, Gericht und Zehnt, Fischerei- und Weiderechte sowie Waldflächen. „Nudi nudum Christum sequi cupientes“ heißt es in der Übereignungsurkunde. Was soviel bedeutet, dass die Kreuzritter dem nackten Christus aus tiefer innerer Überzeugung nackt und demütig folgen wollten. 

Andreas von Hohenlohe trat als Einziger dem Orden bei, unterzeichnete aber mit seinen Brüdern Gottfried und Konrad einen Teilungs- und Abfindungsvertrag. Weitere Familienmitglieder entschlossen sich zu großzügigen Schenkungen an den Deutschen Orden. Diese ermöglichten auch den Bau von Schloss Mergentheim, das nach der Reformation und den Bauernkriegen über einen Zeitraum von nahezu 300 Jahren zur Residenz der Hoch- und Deutschmeister wurde. 

Bevor der Besucher in die wechselvolle Geschichte des Ordens eintaucht, sollte er einen Blick auf eine der „Perlen“ des Schlosses werfen. Der „Schneck“ ist eine freistehende Wendeltreppe, die sich, begleitet von zierlichen gedrehten Säulchen, bis unter das Dach hinauf windet. Neben diesem filigranen Meisterwerk des Renaissance-Baumeisters Blasius Berwart nimmt sich das Modell der ersten Trutzburg ziemlich klobig aus. Schönheit war seinerzeit weniger gefragt als Wehrhaftigkeit. Die erste Schlossanlage ging aus einer Wasserburg derer von Hohenlohe hervor. Von einer Leiter aus kann der Besucher das Innere besichtigen, nebst Zugbrücke und Stallungen. Ein Ritter hoch zu Ross in vollem Ornat mit Schild und Schwert demonstriert, in welcher unbequemen, die Beweglichkeit stark einschränkenden Montur die Herren des „Deutschen Ritterordens“ sich auf ihre Kreuzzüge ins Heilige Land begaben. 

Die Historie des Ordens und seine hierarchische Ordnung werden auf großen Schautafeln erklärt. Ohne ihre Hilfe geriete mancher auch ins Schleudern, denn die geschichtlichen Zusammenhänge sind reichlich verzwickt. Der Deutsche Ritterorden, Deutschorden, entwickelte sich 1198 aus einer Hospitalgemeinschaft, die norddeutsche Kaufleute aus Bremen und Lübeck auf dem dritten Kreuzzug im Jahre 1190 während der Belagerung von Akkon gründeten. Die Ordensritter waren erkennbar an ihren weißen Mänteln, auf denen ein großes schwarzes Kreuz prangte. Oberhaupt des Ordens war der auf Lebenszeit gewählte Großmeister, dem fünf Großgebietige als Berater zur Seite standen. Auf großflächigen Gemälden sind streng blickende, Ehrfurcht einflößende Groß- und Hochmeister dargestellt. In den Licht durchfluteten Sälen des Schlossmuseums wird die Ent­wick­lung des Deutschen Ordens anhand von Kartenmaterial, Gebrauchsgegenständen, Grafiken und Gemälden anschaulich demonstriert. Der einstige Reichtum des Ordens offenbart sich dem Besucher bereits beim Anblick der umfangreichen Waffen- und Münzsammlungen. 

Die fürstlichen Gemächer des Schlosses sind mit erlesenem Dekor und kostbarem Mobiliar ausgestattet. Aus seinem goldenen Rahmen blickt Kurfürst Clemens August als Hochmeister des Deutschen Ordens um das Jahr 1745 huldvoll auf die Besucher herab. Die ausschweifende Lebensfreude hatte auch vor den einst so rigiden Regeln des Ordens nicht haltgemacht. Der Kapitelsaal, ein eleganter Mix aus Spätbarock und Klassizismus, prunkt mit Stuckdecken und Kristalllüstern, die wie Diamanten in der Sonne funkeln. Statt rauschender Feste finden hier heute in erster Linie Kammerkonzerte statt. 

Auch die Schlosskirche, deren sonnenhelle Fassade an die Theatinerkirche in München erinnert, ist eine eingehende Besichtigung wert. Hinreißend das Deckengemälde von Johann Nikolaus Stuber, das die Verherrlichung des Kreuzes im Himmel und auf Erden darstellt!

Die Prachtentfaltung des 18. Jahrhunderts fand ihr jähes Ende, als Napoléon Bonaparte 1809 den Orden verbot. Doch der Deutsche Orden hatte in seiner über 600 Jahre währenden Geschichte so kräftige Wurzeln geschlagen, dass er sich gleich nach der Niederlage des Imperators neu konstituierte und bis zum heutigen Tage fort besteht. Eine stolze Tradition, die es verdient, weiter gepflegt zu werden.

Nähere Informationen über die Sonderausstellung „Mythos und Wahrheit. Der Deutsche Orden im Südwesten“ erteilt die Deutschordensmuseum gGmbH, Schloß 16, 97980 Bad Mergentheim, Telefon (07931) 52212, Fax (07931) 52669, E-Mail: info@deutschordensmuseum.de