02.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
16.08.19 / Gunter Nitschs Erinnerungen in neuer Auflage

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-19 vom 16. August 2019

Gunter Nitschs Erinnerungen in neuer Auflage
Dagmar Jestrzemski

Im Jahr 2011 erschien der Roman „Eine lange Flucht aus Ostpreußen“ von Gunter Nitsch als gebundene Ausgabe. Im vergangenen Jahr folgte eine broschierte Sonderausgabe des Buches, das der Autor bereits 2006 unter dem Originaltitel „Weeds like us“ in den USA publiziert hatte. Das Vorwort für die deutschsprachige Version schrieb Arno Surminski. Der englische Titel bezieht sich auf das geflügelte Wort „Unkraut vergeht nicht“. In der Nachkriegszeit war dies der Leitspruch von Nitschs Mutter. Mit ihrem ungebrochenen Überlebenswillen ermutigte sie ihre beiden Söhne Tag für Tag. 

Mutter, Großeltern, die Tante und vier Kinder waren in die Hände der Russen gefallen, nachdem ihre Flucht über das Frische Haff gescheitert war. Aus der Geborgenheit der Familie wurden die Kinder in eine Hölle von Gewalt gestoßen. In ständiger Unsicherheit verbrachte die Familie dreieinhalb Jahre im sowjetisch besetzten Teil Ostpreußens. 

Nitsch wurde 1937 in Königsberg geboren. Seine ersten Lebensjahre verbrachte er in Langendorf bei Schippenbeil auf dem Bauernhof des Großvaters. Nach der Flucht lebte er von 1950 bis 1964 bei seinen Eltern in Bergheim/

Erft. 1964 wanderte er in die Vereinigten Staaten aus. Nach 

44 Jahren New York ist seit 2007 Chicago sein Wohnsitz. In seinem spannenden Roman nimmt er seine damalige kindliche Perspektive ein, aus der er die Übergriffe gegen die ostpreußische Zivilbevölkerung, aber auch manche freundliche Geste der Russen wahrgenommen hat. 

Der gottesfürchtige Großvater verlor seinen Lebenswillen, als er in Palmnicken von den Sowjets dazu abgeordnet wurde, die sterblichen Überreste von Juden zu exhumieren, die von der SS ermordet und am Ostseestrand verscharrt worden waren. 

Per Lkw wurde die Familie im Frühjahr 1946 nach Goldbach gebracht, wo die Mutter und die Tante auf der Kolchose arbeiten muss-ten. Immer mehr Russen wurden im Dorf angesiedelt, sodass sie endlich im Dezember 1948 in die sowjetische Besatzungszone Deutschlands ausreisen durften. In Ost-Berlin erfuhren sie von Verwandten, dass der Vater und Ehemann den Krieg überlebt hatte und in Uelzen wohnte. Ihnen stand somit noch die verbotene Überquerung der von russischen Soldaten bewachten Grünen Grenze zur 

englischen Besatzungszone bevor. Es gelang. Die lange Flucht des Autors, seines Bruders und ihrer Mutter endete in einem Barackenlager in der Lüneburger Heide. Diverse Fährnisse mussten noch überwunden werden, bevor beide Eltern und die Kinder wieder vereint waren.

Gunter Nitsch: „Eine lange Flucht aus Ostpreußen“, Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2018, kartoniert, 380 Seiten, 12,95 Euro