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23.08.19 / Boxkampf um Kiew / K.o.-Schläge vonseiten des Präsidenten – Klitschko in der Defensive

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-19 vom 23. August 2019

Boxkampf um Kiew
K.o.-Schläge vonseiten des Präsidenten – Klitschko in der Defensive
Bodo Bost

Die Kommunalparlamente sind die letzten noch konkurrierenden Machtzentren in der Ukraine. Deshalb will der erst im Mai zum Staatschef gewählte Wladimir Selenskij nach der vorgezogenen Parlamentswahl im Juli, die zum Sieg seiner Truppe namens „Diener des Volkes“ führte, nun die Kommunal- und Regionalparlamente, wo die „Diener des Volkes“ noch nicht vertreten sind, vorzeitig auflösen und neu besetzen oder neu wählen lassen.

Das größte dieser konkurrierenden Machtzentren ist Kiew. Vitali Klitschko, einst Boxweltmeister im Schwergewicht, ist seit Mai 2014 Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt, jetzt aber in einen Machtkampf geraten, der das Ende seiner politischen Karriere bedeuten könnte. 

Selenskij hatte einst als Komiker in seinen Satiresendungen auch Klitschko als Teil einer verfilzten, abgehobenen Politikerkaste aufs Korn genommen. Jetzt geht es dem parodierten Politiker mit anderen Mitteln an den Kragen. Klitschko sei ein Repräsentant der in den Wahlen unterlegenen Poroschenko-Generation.

Klitschko wehrt sich gegen diesen versuchten K.o.-Schlag. Er nannte auch gleich seinen neuen Gegner, den Generaldirektor des Selenskij-Senders, Alexander Tkatschenko, der als neuer Kiewer Verwaltungschef gehandelt wird.

Dabei sind sich der Sportler und der Komiker gar nicht so unähnlich. Beide sind politische Quereinsteiger und waren in einem anderen Geschäft erfolgreich, bevor sie in die Politik gingen. Mit der intransparenten, korrupten ukrainischen Wirtschaftswelt waren sie nicht verquickt. Viele Ukrainer hielten Klitschko zugute, dass er seine Dollar-Millionen „mit ehrlicher Hände Arbeit“ unter fairen und transparenten Bedingungen erworben hatte, dazu noch im Ausland. 

Doch jetzt will der Schauspieler die Macht des Boxers drastisch beschneiden oder ihn ganz loswerden. Der Präsident kann dazu eine Besonderheit im ukrainischen Recht nutzen. Neben dem von den Bürgern gewählten Bürgermeister gibt es noch einen vom Präsidialamt ernannten Chef der Stadtverwaltung, der das letzte Wort und damit die eigentliche Macht hat. Unter Poroschenko war Klitschko beides in einer Person. Jetzt kann Selenskij Klitschko jemanden aus den „Dienern des Volkes“ vor die Nase setzen.

Weil Klitschko in Kiew äußerst beliebt ist, muss zunächst einmal seine Popularität angekratzt werden. Deshalb bereitet der Jurist Andrej Bogdan, der Chef des Präsidialamts unter Selenskij, eine Schmutzkampagne gegen Klitschko vor. Bogdan selbst ist umstritten, weil er als Jurist bis zuletzt für den Oligarchen Ihor Kolomojskij tätig war, in dessen Sender 1+1 Selenskij als Komiker und Fernsehproduzent tätig war.

Im Visier Bogdans sind einige der Immobiliengeschäfte in Kiew unter Klitschko. Man wirft dem Boxer vor, sich aus dem Kiewer Stadtbeutel bedient zu haben. Dabei wurde in der letzten Zeit in Kiew mehr Wohnraum erstellt als je zuvor. Hier hat Klitschko einen guten Job gemacht. Wird ihm dies jetzt zum Verhängnis?

Klitschko kämpft um sein Amt wie einst im Boxring um den Titel. Er sucht vor allem Verbündete aus alten Zeiten. In den USA traf er den Juristen und ehemaligen New Yorker Bürgermeisterkollegen Rudolph Giuliani, der auch Präsident Donald Trump unterstützte. Daneben war der Ex-Weltmeister bereits auf mehreren CDU-Parteitagen zu Gast. Klitschko will nun ein „Exekutivkomitee des Kiewer Rats“ bilden, das der präsidialen Gebietsverwaltung den Großteil der Kompetenzen für den Fall streitig machen soll, sollte er aus diesem Amt entfernt werden.