19.04.2024

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23.08.19 / Volle Kraft voraus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-19 vom 23. August 2019

Volle Kraft voraus
Erik Lommatzsch

Für die Kanzlerin war es der übliche Sommerurlaub. Bayreuth und Wagner, dann Südtirol. Der Boulevard wollte etwas von einer Ehekrise vernommen haben, was kaum jemanden interessieren dürfte. Nun ist Merkel zurück. Sollte sie den Abstand vom Regierungsgeschehen genutzt haben, um in sich zu gehen und ihre politischen Linien zu reflektieren, dann ist sie zu dem Schluss gekommen, dass der derzeitige Kurs alternativlos richtig ist. Volle Kraft voraus.

Bezüglich der 2015 einsetzenden „Flüchtlingskrise“, deren unumkehrbare Auswirkungen Deutschland in den kommenden Jahren nachhaltig verändern werden, erklärte die Kanzlerin bei einer Veranstaltung in Stralsund selbstbewusst, wenn auch in Verkennung der Realitäten: „Meine Politik hat das Land nicht gespalten.“ Immer wieder würde sie sagen, es sei richtig gewesen, „dass wir in einer humanitären Ausnahme- und Notsituation geholfen haben.“ 

Dass es sich um eine solche gehandelt hat, scheint inzwischen unhinterfragbar festzustehen, ebenso wie die „Hetzjagden“ in Chemnitz vor einem Jahr. Geschichte wird so geschrieben, wie sie das vergangene Regierungshandeln rechtfertigt und das künftige begünstigt. In Stralsund fügte Merkel ihren Ausführungen hinzu, Deutschland könne nicht nur seinen eigenen Wohlstand pflegen. „Wir können nicht nur an uns alleine denken.“ Man stutzt etwas und fragt sich, wann die deutsche Politik zuletzt „nur an uns alleine“ gedacht hat. Vielleicht, als Innenminister Seehofer unlängst mit der bahnbrechenden Erkenntnis aufwartete: „Wer als syrischer Flüchtling regelmäßig in Syrien Urlaub macht, der kann sich ja nicht ernsthaft darauf berufen, in Syrien verfolgt zu werden. Dem müssen wir seinen Flüchtlingsstatus entziehen.“ Warum ist Derartiges nicht schon längst geschehen, obwohl die „Urlaube“ seit geraumer Zeit bekannt sind? Die Gefahr, dass wir „nur an uns alleine“ denken war und ist also sehr gering.

Ein „Gebot der Menschlichkeit“, so Merkel weiter, sei die „Seenotrettung“ im Mittelmeer. Immerhin hat sich auch bis ins Kanzleramt herumgesprochen, dass „nicht immer nur die Ärmsten und Schwächsten“ kommen. Merkels Konsequenz: „Wir sprechen mit den afrikanischen Ländern, wo wir helfen können. Schlepper und Schleuser wollen wir nicht unterstützen.“ Es sind wohl nur ganz böse Zungen, die behaupten, dass die deutsche Politik seit Jahren genau das tut.

Der „Klimaschutz“ kam auch zur Sprache, wenig überraschend: Es gab Lob für Greta Thunberg und die „Fridays for Future“-Bewegung. Auf der Stralsunder Veranstaltung wurde von einem Fragesteller die Ansicht geäußert, Merkel habe Deutschland „im Namen der Toleranz in eine Diktatur“ geführt. Mag der Begriff „Diktatur“ überspitzt sein, die Tatsache, dass Merkel die kritische Stimme abbügelte und offenbar nicht einmal verstanden hat, was hier gemeint war, lässt vom Rest ihrer wohl noch zwei Jahre dauernden Regierungszeit nicht die geringste Richtungsänderung erwarten.