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23.08.19 / Eine Zensur findet – nicht? – statt / Die Liste der in der Bundesrepublik verbotenen Bücher umfasst mehrere 1000 Einträge

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-19 vom 23. August 2019

Eine Zensur findet – nicht? – statt
Die Liste der in der Bundesrepublik verbotenen Bücher umfasst mehrere 1000 Einträge
Wolfgang Kaufmann

Missliebige Schriften zu verbieten, ist eine uralte Herrschaftstechnik. Sie wurde bereits von den römischen Kaisern angewandt. Später war es dann insbesondere die Kirche, welche unerwünschte Bücher mit ihrem Bann belegte: Der Index Librorum Prohibitorum („Verzeichnis der verbotenen Bücher“) sagte den katholischen Gläubigen von 1559 bis 1967 im Detail, was sie nicht lesen durften. Zum Schluss enthielt die Liste mehr als 6000 Einträge. Werke, die bei Strafe der Exkommunikation gemieden werden mussten, wanderten auf den Scheiterhaufen oder landeten als „Remota“ (Weggeschafftes) in den Hinterzimmern der Bibliotheken. 

Ebenso verboten und verbrannten die Nationalsozialisten allerlei Bücher. In den zwölf Jahren des Dritten Reiches betraf das rund 10000 Werke. Und wer glaubt, dass es anschließend liberaler zuging, der irrt. Nachdem die Alliierten das geschlagene Deutschland besetzt hatten, verfügten sie die Aussonderung von 34645 Titeln, zuzüglich aller Schulbücher aus der Zeit von 1933 bis 1945.  

Verbote sind sogar heute noch an der Tagesordnung. Daran ändert auch das Grundgesetz nichts, dessen Artikel 5 Absatz 1 besagt: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten … Eine Zensur findet nicht statt.“ Denn es gibt ja gleichzeitig die Regelung im nachfolgenden Absatz, nach der die Meinungsfreiheit durch „allgemeine Gesetze“ und „Bestimmungen zum Schutze der Jugend“ ausgehebelt werden dürfe.

Dabei obliegt die Überwachung des Schriftgutes vor allem der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM). Diese existiert bereits seit 1954 und agierte zunächst auf der Grundlage des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften vom 9. Juni 1953, bis das selbige dann 2003 ins neue Jugendschutzgesetz einfloss. 

Darüber hinaus können aber auch Gerichte den Verkauf von Publikationen untersagen oder deren Beschlagnahme und Vernichtung anordnen, wenn ihr Inhalt gegen andere Gesetze als die zum Jugendschutz verstößt. Dabei spielt der Paragraf 130 (Volksverhetzung) des Strafgesetzbuches die größte Rolle. Somit wird faktisch eine Nachzensur ausgeübt: Der Autor kann zwar zu Papier bringen, was er will, aber wenn es um die Verbreitung des Geschriebenen geht, schlägt der Staat zu.

Derzeit trifft der Bannstrahl vor allem historisch-politische Bücher. Bücher mit Titeln wie „Geheimgesellschaften im 20. Jahrhundert“, „Rasse – ein Problem auch für uns“, „Kriegsverbrechen der anderen“, „Statistisches über die Holocaust-Opfer“, „Tabuisierte Fakten im tschechisch-deutschen Dialog“, „Rudolf Heß – Ein Mordfall?“, „Die Weimarer Verfassung“ oder „Bismarcks Traum von Europa“.

Die komplette Liste der verbotenen Bücher hat einige 1000 Einträge. Wer es genauer wissen will, der muss zwangsläufig das kostenpflichtige amtliche Mitteilungsblatt der Bundesprüfstelle „BPjM Aktuell“ abonnieren. Eine anderweitige Veröffentlichung erfolgt nicht. Denn die Behörde möchte nach eigener Aussage vermeiden, dass die Indizierung zur Ankurbelung der Nachfrage führt. Darüber hinaus erhebt die Zusammenstellung laut BPjM auch „keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da es keine bundeszentrale Zusammenführung von Beschlagnahmebeschlüssen gibt und die BPjM daher selbst nicht in allen Fällen Kenntnis erlangt“. 

So kann letztlich niemand vollkommen präzise sagen, welche Bücher hierzulande legal sind und welche nicht. Eine derartige Rechtsunsicherheit ist alles andere als demokratisch und eher typisch für totalitäre Systeme.