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30.08.19 / Goethe in Bonn / Der Klassiker steigt der Bundeskunsthalle bis aufs Dach

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-19 vom 30. August 2019

Goethe in Bonn
Der Klassiker steigt der Bundeskunsthalle bis aufs Dach
Veit-Mario Thiede

Die Bundeskunsthalle Bonn widmet in Zusammenarbeit mit der Klassik Stiftung Weimar Johann Wolfgang von Goethe eine Schau, die seine Entwicklungsphasen von der Kindheit in Frankfurt bis zum Lebensende in Weimar umfasst. Die 250 Exponate aus Vergangenheit und Gegenwart nehmen bis zum 15. September sowohl Goethes Leben und Werk als auch dessen neue Deutungen durch die Nachgeborenen in den Blick.

Glanzleistungen aus Goethes wechselvollem Schaffen stehen im Mittelpunkt, etwa der tragisch endende Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“, die „Farbenlehre“ und die Gedichtsammlung „West-östlicher Diwan“. All das firmiert unter dem einseitigen Titel „Goethe. Verwandlung der Welt“. Aber ebenso zeichnete sich Goethe durch „Beständigkeit“ aus. Das beweist eindrücklich die Ausstellungsabteilung „Faust“. Um 1770 begann er mit der Niederschrift des „Ur-Faust“. Ein Jahr vor seinem Tod stellte er das Manuskript zu „Faust II“ fertig. Theaterplakate belegen, dass sein Drama bis heute zu Neuinszenierungen herausfordert.

Johann Joseph Schmellers Ge­mälde zeigt „Goethe in seinem Arbeitszimmer“ (1834). Das Zimmer befindet sich im Haus am Weimarer Frauenplan, das Herzog Carl August 1792 für seinen Geheimrat erwarb. Von Goethe ist der Ausspruch überliefert: „Des Menschen Wohnung ist sein halbes Leben.“ Deshalb ist enttäuschend, dass die Schau einen nur vagen Eindruck von Goethes Wohnhaus vermittelt. Bezeichnend dafür ist Sabine Schirdewahns Installation, die „Goethes Arbeitszimmer“ (1994) in eine nebulöse Erscheinung hinter weißem, leicht transparentem Stoff verwandelt.

Beim Bonner Rundgang könnte man meinen, Goethe sei kinderloser Junggeselle gewesen. In Weimar hingegen lernt man auch den „Familienmenschen“ kennen. Erst nach 18 Jahren „wilder Ehe“ heiratete er Christiane Vulpius, die Mutter seines Sohnes August. Ein merkwürdiges Gefühl überkommt einen, wenn man sich in der Schlafkammer den Sessel ansieht, auf dem Goethe verschied: Der Gigant schrumpft auf menschliches Maß. Die Ausstattung der Innenräume seines Wohnhauses orientiert sich an ihrem Aussehen in Goethes Todesjahr.

Hinter dem Wohnhaus liegt der Garten. Einen weiteren hatte Goethe an seinem ersten Weimarer Wohnsitz, dem 1776 bezogenen „Gartenhaus“. Auf dem Dach der Bundeskunsthalle zitieren Pflanzungen zentrale Motive aus „Goethes Gärten“. Überdies sieht man, was den Weimarer Gärten verloren gegangen ist: Gemüsebeete so­wie das der Erforschung von Pflanzen dienende „botanische La­boratorium“.


Die Bundeskunsthalle, Friedrich-Ebert-Allee 4, Bonn, ist geöffnet Dienstag und Mittwoch von 10 bis 21 Uhr, Donnerstag und Sonntag von 10 bis 19 Uhr. Internet: www.bundeskunsthalle.de