Bereits zum fünften Mal in Jahresfolge wurde in Stuttgart eine gemeinsame Kulturtagung der „Nordost-Landsmannschaften“ zu einem diese Landsmannschaften verbindenden Thema veranstaltet. Bei der Tagung war der „Große Saal“ im Stuttgarter „Haus der Heimat“ Ziel vieler Besucher, die sich hier vor allem aus Stuttgart und Umgebung, aber auch teilweise aus Südwürttemberg einfanden. Damit hatten sich die im Januar 2019 begonnenen sorgfältigen organisatorischen und inhaltlichen Vorbereitungsarbeiten für das Vorbereitungskomitee, bestehend aus Hans-Werner Schwalke (Westpreußen mit Danzig), Uta Lüttich (Ostpreußen mit Memelland), Karsten Wulf (Pommern), Hans-Werner Carlhoff (Weichsel-Warthe) und Wilfrid Braun (Deutsch-Balten) gelohnt.
Zum Veranstaltungsbeginn konnte Schwalke mit herzlichen Worten die Gäste begrüßen, darunter auch Mitglieder des Landesvorstands des BdV-Baden-Württemberg, aber auch den Landtagsabgeordneten Konrad Epple. Er nutzte zudem die Gelegenheit, Uta Lüttich zur wenige Wochen zuvor erfolgten Ehrung durch den Ministerpräsidenten mit dem Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg zu gratulieren. Carlhoff überbrachte die Grußworte des Mitglieds im Präsidium des BdV und stellvertretenden Landesvorsitzenden des BdV und Vertriebenenpolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion Raimund Haser MdL, der Direktorin vom „Haus der Heimat“ Frau Absmeier sowie von Christiane Meis, Leiterin des Referats „Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa“ im Innenministerium Baden-Württemberg.
Im Mittelpunkt der Kulturtagung stand das Thema „Neue Nachbarn – Deutsche und Polen im Ermland und in Masuren nach 1945“. Der Referent Direktor Wolfgang Freyberg, Leiter des Kulturzentrums Ostpreußen im Deutschordensschloss Ellingen/Bayern schilderte die Situation der Menschen, die nach dem Mai 1945 aus mannigfachen Gründen in ihren oft seit Jahrhunderten angestammten Wohnsitzen verblieben waren und durch die veränderten politischen Verhältnisse nun in einer Gegend lebten, die zu den „wiedergewonnenen Gebieten“ Polens zählte und die ihnen teilweise immer fremder wurde. Zusammen mit seiner Wissenschaftlichen Mitarbeiterin Gabriela Czarkowska-Kusajda stellte Freyberg in einer Präsentation ein zweisprachig angelegtes Zeitzeugenprojekt mit persönlichen Erlebnisberichten vor, durch die die besondere Situation des Verhältnisses zwischen Deutschen und Polen im südlichen Ostpreußen beleuchtet wurde.
Mit der wissenschaftlichen Dokumentation werden die Bevölkerungszusammensetzung vor 1945, das Kriegsende, Verschleppung und Zwangsarbeit sowie erzwungener Wohnungswechsel, Plünderungen und Staatsangehörigkeitsfragen thematisiert. Die Interviews machen die Probleme durch Namens-Umbenennungen, das Verbot der deutschen Sprache, schulische „Umerziehungsmaßnahmen“, Beschimpfungen und den Zuzug von „neuen Nachbarn“ deutlich. In den nächsten Jahrzehnten kam es so bei vielen altangestammten Bewohnern zur Situation, die Heimat zu verlassen und in die Bundesrepublik Deutschland auszusiedeln. Andere blieben hingegen, wie ebenfalls durch die Zeitzeugen-Interviews deutlich wird, bis heute im Ermland und in Masuren wohnen. In der Aussprache wurden so manche Aspekte von den Teilnehmern der Tagung lebhaft diskutiert und Fakten von den Referenten vertiefend dargestellt.
Zum Abschluss der gemeinsamen Kulturtagung zog Wulff ein positives Resümee und dankte, ebenso wie auch Lüttich, dem
Referenten Freyberg und seiner Mitarbeiterin. Der dankbare Applaus der Teilnehmer am Schluss machte deutlich, dass auch diese gemeinsame Tagung der „Nordost-Landsmannschaften“ gut angekommen ist und als ein Zeichen und eine Ermunterung dafür
gelten kann, auf dem eingeschlagenen Wege weiter zu gehen – eine gute Basis für eine weitere
gemeinsame Kulturtagung im Jahre 2020.
Die in der Kulturtagung vorgestellte zweisprachige Dokumentation „Neue Nachbarn. Deutsche und Polen im Ermland und in Masuren nach 1945“ ist erhältlich beim Kulturzentrum Ellingen, Schlossstraße 9, 91792 Ellingen; E-Mail: info@kulturzentrum-ostpreussen.de