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30.08.19 / Hochprozentiger Rübensaft / Schnaps-Ideen in der Wildschönau – Tiroler Urlaubsregion lädt von September bis Oktober zur Krautingerwoche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-19 vom 30. August 2019

Hochprozentiger Rübensaft
Schnaps-Ideen in der Wildschönau – Tiroler Urlaubsregion lädt von September bis Oktober zur Krautingerwoche
Katharina Keyser

Sie waren wirklich arm – die Bauern der Wildschönau, die in dem abgeschiedenen Hochtal der Kitzbüheler Alpen ihr karges Dasein fristeten. Sogar Regentin Maria Theresia empfand Mitleid und erlaubte ihnen Mitte des 18. Jahrhunderts als einzigen Untertanen im Reich, aus der weißen Stoppelrübe Schnaps zu brennen. Von da an kam die Krautingerrübe nicht mehr nur als typisches Arme-Leute-Essen auf den Tisch, sondern erwärmte zunehmend die Gemüter. 

Längst ist der Krautinger, der bis heute ausschließlich in der Wildschönau gebrannt werden darf, ein Star. Er ließ das urige Hochtal zur Tiroler Genussregion avancieren, und konsequenterweise ist ihm inzwischen eine eigene Festwoche gewidmet, bei der auch die lange Zeit verkannte weiße Rübe an sich für überraschende Gaumenfreuden sorgt.

Josef Thaler vom Steinerhof ist Koch und zugleich der größte der 16 Krautingerbrenner. Rund 

40 Tonnen Rüben zieht er pro Jahr aus dem Boden. „Wir bauen auf drei bis vier Hektar Land an und ernten zweimal – im Frühjahr und im Herbst“, sagt er. Was für ihn vor gut 20 Jahren als Spielerei anfing, ist heute sein zweites Standbein. Denn auf dem rund 480 Jahre alten Steinerhof wurde schon seit Jahrzehnten nicht mehr gebrannt und das Recht drohte zu verfallen. 

Begonnen hat Thaler mit einem 48-prozentigen Schnaps, inzwischen hat er die Umdrehungen auf 43 Prozent heruntergeschraubt. „Die ganz harten Sachen sind nicht mehr so gefragt“, weiß der Spirituosenhersteller und be­zeichnet seinen Krautinger selbst als „milde Touristenausgabe“.

Dass bei Zeltfesten heute Cola-Krautinger wie anderswo Cola-Cognac getrunken wird, davon hält Thaler wenig. Denn eigentlich ist der Krautinger mehr als Alkohol, er ist Medizin, von der die Wildschönauer früher pro Haushalt nicht mehr als einen Liter brauchten, um durchs Jahr zu kommen. Bei der Verdauung soll der Krautinger helfen – wie jeder Schnaps, der nach einem schweren Essen ein gutes Gefühl vermittelt. „Aber auch Leute mit ernsten Erkrankungen schwören drauf – und kommen jedes Jahr wieder, um ein paar Flaschen zu kaufen“, sagt Thaler.

Wie auch immer: Der Krautinger gehört zur Wildschönau wie das Kreuz zum Gipfel. Wer sich durch die unterschiedlichen Ge­schmacksnuancen testen und zu­gleich einen Blick hinter die Kulissen werfen möchte, hat bei der 15. Krautingerwoche vom 

29. September bis 6. Oktober die beste Gelegenheit. Zahlreiche Höfe laden Gäste zu Führungen und Verköstigungen ein, bei denen man sich auch über unterschiedliche Brennmethoden einen Überblick verschaffen kann. „Jeder kocht den Rübensaft anders ein und auch die Gär­temperatur wirkt sich auf den Geschmack aus“, so Thaler.

Die ganze Woche über bieten rund zehn Wildschönauer Wirte kulinarische Köstlichkeiten rund um die Krautingerrübe an und lassen sich dabei auch gerne in die Töpfe gucken. Von Rüben-Ravioli und Rübenknödel über Ruab’nstrudel bis hin zu Rüben-Schlutzkrapferl reicht das kreative Angebot auf den Speisekarten der Region. 

Zur kulinarischen Wiederkehr der Krautingerrübe beigetragen hat übrigens auch Hans Haas. Der mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete Spitzenkoch aus der Wildschönau, der das Münchner Szene-Restaurant „Tantris“ be­treibt, hat die Krautingerrübe unter wahren Gourmets bekannt gemacht.

Die Krautingerwoche endet am Erntedanksonntag mit feierlicher Messe und Prozession, an der auch die „Sturmlöda“ teilnehmen, eine historische Wehrtruppe, die nur in der Wildschönau überlebt hat. Und die in der gleichen Montur, mit Rechen und Mistgabeln bewaffnet, ausrückt wie vor 

200 Jahren, als der Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer das letzte Aufgebot im Kampf gegen Napoleon und die Bayern zusam­mentrommeln ließ. Dazu spielt die Bundesmusikkapelle auf und vor dem Bergbauernmuseum z’Bach können Gäste über den Handwerker- und Bauernmarkt schlendern.

Weitere Informationen: Wildschönau Tourismus, Hauserweg, Oberau 337, A-6311 Wildschön­au, Telefon 0043/(0)5339 82550, Fax 0043/(0)5339 825550, 

E-Mail: info@wildschoenau.com, Internet: www.wildschoenau.com