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06.09.19 / AfD triumphiert wie noch nie / Die CDU- und SPD-Ministerpräsidenten Sachsens und Brandenburgs bleiben aber wohl im Amt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-19 vom 06. September 2019

AfD triumphiert wie noch nie
Die CDU- und SPD-Ministerpräsidenten Sachsens und Brandenburgs bleiben aber wohl im Amt
Peter Entinger

Die AfD ist der große Gewinner der Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg. Regieren wird sie dennoch nicht. Und die Abstimmung im Freistaat dürfte noch ein juristisches Nachspiel haben.

In Sachsen und Brandenburg können die amtierenden Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) und Dietmar Woidke (SPD) auch die neue Regierung bilden. Sie müssen sich aber neue Koalitionspartner suchen. Beide Länder steuern nun auf ein Dreierbündnis zu. In Sachsen, wo die CDU zuletzt mit der SPD regierte, ist das wahrscheinlichste Bündnis eine Koalition der beiden mit den Grünen. In Brandenburg wurde Rot-Rot nach dramatischen Verlusten der Linkspartei abgewählt. Woidke könnte aber mit der knappen Mehrheit von einer Stimme mit einer rot-grün-roten Koalition weiter regieren, was allerdings nicht als wahrscheinlich gilt. Rechnerisch wäre auch ein Bündnis aus SPD, CDU und Freien Wählern möglich oder eins mit CDU und Grünen. 

Abgesehen von der AfD, die in Sachsen mit 27,5 Prozent und in Brandenburg mit 23,5 Prozent Rekordergebnisse erzielte, gab es fast ausschließlich Verlierer. Dies gilt auch für die Grünen, die zwar vom Bundestrend profitierten, aber in Sachsen mit 8,8 und in Brandenburg mit 10,8 Prozent deutlich hinter den Umfrageergebnissen lagen. Die FDP scheiterte in beiden Ländern an der Fünf-Prozent-Hürde und musste hilflos mit ansehen, wie die konkurrierenden Freien Wähler in Brandenburg die Sperrklausel überwanden. Die Linkspartei verlor ebenfalls dramatisch und kam in beiden Ländern nur noch auf gut zehn Prozent. Die SPD, die in Brandenburg vom Ministerpräsidenten-Bonus profitieren konnte, fuhr in Sachsen mit 7,7 Prozent das bundesweit schlechteste Landtagswahlergebnis ihrer Geschichte ein. Ein ähnliches Schicksal ereilte die CDU, die in Sachsen vom „Kretschmer-Effekt“ lebte, in Brandenburg mit lediglich 15 Prozent krachend scheiterte. 

Die Regierungsbildung dürfte in beiden Ländern schwierig werden. In Sachsen galten CDU und Grüne bislang als spinnefeind. AfD-Chef Alexander Gauland erwartet daher, dass im Freistaat Rufe nach Gesprächen mit seiner Partei laut werden. Die CDU-Verhandlungen mit den Grünen dürften sich nach Einschätzung Gaulands schwierig gestalten, da es große inhaltliche Differenzen gebe. „Dann wird in der Tat die Frage auftauchen: Ist es nicht besser mit der AfD mal zu reden?“ Viele Sachsen wollten eine bürgerliche Mehrheit, sagte Gauland, „und genau für diese bürgerliche Mehrheit stehen wir bereit und zur Verfügung.“ 

Dabei ist noch nicht einmal geklärt, ob der sächsische Landtag in seiner gewählten Form überhaupt Bestand haben wird. Denn die AfD wird nach vorläufigem amtlichen Endergebnis 38 Abgeordnete in den neuen sächsischen Landtag entsenden. Das teilte die Landeswahlleiterin mit. Damit bekommt die Partei einen Sitz weniger im Parlament, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustünde. Von ihrer Landesliste waren wegen formaler Mängel bei der Aufstellung der Kandidaten nur 30 von ursprünglich 61 Bewerbern zugelassen worden. Die 38 Sitze der AfD setzen sich demnach aus 23 Listenstimmen und 15 Direktmandaten zusammen. Da sieben der Direktbewerber auch auf der Landesliste stehen, finden diese Stimmen dort keine Berücksichtigung. Trotz des großen Wahlerfolgs der AfD drohte der sächsische Spitzenkandidat, Jörg Urban, noch am Wahlabend mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht mit dem Ziel Neuwahlen zu erreichen. „Wir haben ja schon vorab gesagt, wir werden in jedem Fall den Rechtsweg gehen, was die Listenstreichung angeht“, sagte Urban dem MDR. Die „Benachteiligung“ sei „nicht nur ein Signal im Wahlkampf“ gewesen. „Wenn sie sich jetzt im Parlament abzeichnet, ist dies ein nicht abgebildeter Wählerwille im Parlament. Und das ist aus unserer Sicht auf alle Fälle ein zwingender Grund für Neuwahlen“, sagte Urban. 

Nach den ersten Hochrechnungen war zunächst sogar aufseiten der AfD angenommen worden, die Partei könne zwischen fünf und acht Mandate nicht besetzen, was Kommentatoren als „Verfälschung des Wählerwillens“ bezeichneten. Durch die hohe Zahl an Direktmandaten ist zumindest diese Sorge erst einmal vom Tisch. 

Das starke Abschneiden der AfD bestimmte auch die Reaktionen in den Tagen nach der Wahl. Ministerpräsident Kretschmer forderte, intensiv um die Wähler der Rechtspartei zu werben: „Wir verzichten auf überhaupt keine Wählerstimme.“ Die AfD präsentierte sich nach den deutlichen Gewinnen selbstbewusst – als zweitstärkste Kraft in inzwischen vier mitteldeutschen Ländern. „Viel besser kann es nicht laufen“, meinte Parteichef Jörg Meuthen, und sein Amtskollege Gauland wies angesichts der CDU-Schwäche in Brandenburg darauf hin, „dass wir dort nun die bürgerliche Opposition sind“. Für die nun anstehenden Wahlen in Thüringen Ende Oktober erwartet Gauland ein ähnlich gutes Ergebnis „weit über der 20-Prozent-Marke“. 

Davon kann seine Vorgängerin Frauke Petry nur träumen. Die frühere AfD-Chefin fand mit ihrer Blauen Partei kaum Zuspruch bei den Wählern. Sie kam in ihrem Wahlkreis Sächsische Schweiz/ Ost­erzgebirge 3 gerade einmal auf 805 Erststimmen. Landesweit blieb die Partei bei 0,4 Prozent hängen. 

Ein Debakel erlebte auch die rechtsextreme NPD in ihrer einstigen Hochburg Sachsen, wo sie zwischen 2004 und 2014 im Landtag vertreten war. Mit mageren 0,6 Prozent fiel sie sogar aus der Wahlkampfkostenerstattung raus.