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06.09.19 / »Glasnost« auf Chinesisch / Peking legt Devisenreserven offen – Investitionen vor allem in den USA stark gesenkt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-19 vom 06. September 2019

»Glasnost« auf Chinesisch
Peking legt Devisenreserven offen – Investitionen vor allem in den USA stark gesenkt
Thomas W. Wyrwoll

Chinas weltweite Investitionen befinden sich nach Jahren eines starken Auslandsengagements auf dem Rück­zug. Während das Finanzministerium der Volksrepublik durchaus von einer Verringerung spricht und hierzu auch verschiedene Zahlen ausweist, gibt der China Global Investment Tracker des 

neokonservativ-antichinesischen American Enterprise Institute (AEI) bedeutend kritischere Zahlen wieder: So soll China in der ersten Hälfte dieses Jahres nur 27,5 Milliarden US-Dollar im Ausland investiert haben – dies sei im Vergleich zum gleichen Zeitraum von 2018 gerade einmal die Hälfte und gegenüber demjenigen des Jahres 2017 sogar nur ein Viertel. Demnach hätten sich die Ausgaben in jedem dieser Jahre jeweils halbiert. 2019 wäre ihr Wert der niedrigste seit 2008 gewesen.

Es fällt auf, dass der Rückgang deutlich vor dem Beginn des  Handelskrieges zwischen China und den USA einsetzte und auch nur teilweise mit der schon früher aufgekommenen neuen Propagandawelle der bisherigen Weltführungsmacht gegen das Reich der Mitte zu erklären ist. Als Hauptfaktor erweist sich, wie das AEI ausführt, die Begrenztheit der chinesischen Devisenreserven. Anders gesagt: eine deutliche Zurückhaltung der Staatsführung gegenüber deren Ausgabe für fragwürdige Vorhaben. 

Diese Haltung kennzeichnet schon seit Jahren die Politik Pekings und wird dort auch gegen harte Widerstände sowie unter Inkaufnahme erheblicher Nachteile für die eigene Wirtschaft verfochten. Tatsächlich sind die Vorräte Chinas seit ihrem Hoch 2014 um ein Viertel von vier Billionen US-Dollar auf immer noch stattliche drei Billionen Dollar gesunken. Diese Reduzierung hat man seitens des AEI mit einer zwar unverkennbaren, aber wohl reichlich voreiligen Freude aufgenommen – denn dieser Trend kehrt sich inzwischen bereits wieder um.

Die vorgenommenen Investitionseinschränkungen sind daher nicht nur der Not geschuldet, sondern vielfach genauso stark strategisch orientiert: Den größten Rück­gang zeigen sie in den USA, welche bisher das Gros des chinesischen Engagements ausmachten. Peking ist sich wohlbewusst, dass dortige Geldanlagen im Bedarfsfall nur zu rasch den Besitzer wechseln können. 

Während auch andere Industriestaaten einen gewissen, wenn auch begrenzten Rückgang chinesischer Investitionen erlebten, gab es diesen in den Ländern der Dritten Welt kaum, vor allem da China hier seine Neue Seidenstraße als prioritäres politisches Vorhaben vorantreibt. 

Das US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ beschrieb dies unlängst als von diesen Staaten gewollte Alternative zu den US-kontrollierten Seehandelsrouten. Die Volksrepublik setzt also auf strukturell sinnvolle Ausgaben. Zudem wird ein erheblicher Teil der Valuten inzwischen für eine Erhöhung der Lebensqualität der eigenen Bürger verwendet.

Derweil hat die chinesische Staatsverwaltung für den Außenhandel im Zuge einer neuen chinesischen „Glasnost“ erstmals verschiedene bisher unbekannte Details zu den Devisenreserven des Landes offengelegt. Diese waren lange Zeit vor allem auf US-Dollar abgestellt, wobei dessen Bestände aber schon seit Jahren massiv zurückgefahren wurden. So soll der Dollar-Anteil 1995 noch bei 79 Prozent gelegen haben, bis 2014 aber auf 58 Prozent abgesenkt worden sein. Neuere Daten hierzu wurden nicht genannt. Hingegen seien die Gold­reserven von 600 Tonnen 2005 auf 1852 Tonnen Ende 2018 hochgefahren worden. Eine Behördensprecherin äußerte, dass China seine Valutavorräte in den vergangenen Jahren stark diversifiziert habe und heute bei deren Streuung deutlich über dem Weltdurchschnitt liege. Dies dürfte wohl vor allem zulasten der Dollarvorräte gegangen sein.

Inzwischen liegen die Devisenvorräte bei einem Wert von umgerechnet über 3,1 Billionen US-Dollar, in denen auch das politisch auf den Renminbi setzende China sein Staatsvermögen der Welt gegenüber immer noch vorrechnet. Dieser Wert ist seit ziemlich genau einem Jahr kontinuierlich gestiegen, wofür die Staatsverwaltung seit Monaten immer wieder Wertanpassungen verantwortlich macht. Eine solche Bescheidenheit mag auswärtige Konkurrenten beschwichtigen, sie täuscht aber nicht über die Tatsache hinweg, dass die auf intelligente Weise kapitalistische Volksrepublik etwas von Volkswirtschaft versteht und sich von den USA keineswegs einfach übertölpeln lässt.