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06.09.19 / Mit »Marschall Vorwärts« nach Paris / Blutige Niederlagen und glanzvolle Siege, dafür steht Blüchers Name

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-19 vom 06. September 2019

Mit »Marschall Vorwärts« nach Paris
Blutige Niederlagen und glanzvolle Siege, dafür steht Blüchers Name
Klaus J. Groth

Gebhard Leberecht Fürst Blücher von Wahlstatt war ein Haudegen wie aus dem Bilderbuch. Strategie war nicht seine Stärke, die überließ er gerne Scharnhorst oder Gneisenau, sein Schriftverkehr war etwas unbeholfen. Aber Soldaten führen, sie zum Kampf motivieren, das konnte er besser als alle anderen. Denen war er Vorbild, der draufgängerische „Marschall Vorwärts“.

Blüchers Familie trug zwar den Namen eines alten Adelsgeschlechts, aber nachdem der Großvater sein Rittergut während des Dreißigjährigen Krieges verloren hatte, waren die Verhältnisse ärmlich. Die Familie lebte in Rostock, wo Gebhard Leberecht am 16. Dezember 1742 geboren wurde. Er hatte sechs ältere Brüder und zwei Schwestern. Aus Geldnot schickten die Eltern Gebhard mit einem Bruder zu Verwandten auf die nahe, schwedische Insel Rügen. Die Dorfschule dort war seiner Bildung nicht förderlich.

1757 griff Schweden auf der Seite Österreichs in den Siebenjährigen Krieg ein. Die beiden Jungen meldeten sich bei den Husaren. Gebhard von Blücher war 15 Jahre alt, als er gegen Preußen kämpfte. Drei Jahre später, als Kornett, geriet er in preußische Gefangenschaft. Dort traf er einen Verwandten, Oberst Wilhelm Sebastian von Belling. Der überzeugte ihn, in preußische Dienste zu wechseln. Belling machte Blücher zu seinem Adjutanten, und dieser stieg bis zum Stabsrittmeister auf. 

Damit war das Ende der militärischen Karriere vorerst erreicht. Blücher hatte in Polen eine Schein­erschießung befohlen. Das löste einen Skandal aus, Blücher wurde nicht wie vorgesehen zum Major befördert. Zornig verlange er seinen Abschied, den Friedrich der Große gewährte: „Der Rittmeister von Blücher kann sich zum Teufel scheren.“ Bald schon bereute Blücher seinen zornigen Entschluss, aber Friedrich der Große wollte ihn nicht mehr. 

Blücher zog sich aufs Land zurück, bewirtschaftete Güter in Schlesien und Pommern, heiratete, wurde Vater von sieben Kindern, ging nach dem Tod seiner Frau eine zweite Ehe ein. 

Nach seiner Demission war Blücher 14 Jahre außer Gefecht. Erst nach dem Tod Friedrichs des Großen nahm ihn Friedrich Wilhelm II. 1787 wieder auf. Nun folgte die Beförderung zum Major, zwei Jahre später war er Oberstleutnant bei den Graf Goltzschen Husaren, ausgezeichnet mit dem Pour le Mérite. Als Generalmajor übernahm Blücher 1795 das Oberkommando über die preußischen Truppen in Westfalen. 

Derweil eroberte Napoleon Europa. Der Franzose kämpfte gegen ein Bündnis Russlands mit Großbritannien, Österreich, Schweden und Neapel. Preußen hielt sich zurück. In der Schlacht bei Austerlitz schlug Bonaparte am 2. Dezember 1805 die russischen und österreichischen Truppen vernichtend. Das besorgte Preußen schloss heimlich ein Bündnis mit Russland und forderte 1806 Napoleon auf, seine Truppen hinter den Rhein zu verlegen. Bonaparte verstand das als Kriegserklärung. Nun war auch Preußen Kriegsgegner, Bonapartes Truppen marschierten auf Berlin. 

Die Schlachten bei Jena und Auerstedt besiegelten das Schicksal Preußens. Napoleon siegte. Blücher griff bei Auerstedt am 14. Oktober 1806 mit einer leichten Brigade im vernebelten Morgen an, er „ging ran wie Blücher“. Was allerdings auch bedeutete: Er hatte die Stellungen der Franzosen nicht ausgekundschaftet. Die schlugen die Angreifer blutig zurück. Es war ein Detail einer Schlacht, die für Preußen zur Ka­ta­strophe wurde. Dessen Soldaten flüchteten in Panik. Blücher sammelte mit Hilfe Gerhard von Scharnhorsts die versprengten Teile. Auf der Flucht vor den Franzosen ging das so über 700 Kilometer. In der Zeit wuchs die Truppe von 10000 auf 21000 Mann an. Die Preußen flüchteten nach Lübeck. Die Stadt war neutral und wäre es gerne geblieben. Blücher plante, mit seinen Truppen von Lübeck per Schiff über die Ostsee zu entkommen. Das alarmierte nahe liegende Truppen Schwedens, das mit Großbritannien gegen Frankreich verbündet war. Sie wollten zuvor auf den Schiffen sein. Die Schweden zerschossen zwei Tore und stürmten die Schiffe. Blücher erreichte mit 21000 Mann am 5. November die reichsfreie Stadt. Deren Neutralität scherte auch ihn nicht. Gewaltsam verschaffte er sich Zugang zur Stadt, um sie zu verteidigen. Die Franzosen marschierten am folgenden Tag auf. Es kam zum Kampf auf freiem Feld. In Bedrängnis bat der preußische Kommandeur, sich in die Stadt zurück­ziehen zu dürfen. Blücher warnte, er solle nicht die Franzosen mitbringen. Genau das geschah, die Franzosen folgten den fliehenden Preußen und besetzten die Stadt. Blücher flüchtete mit 9000 Mann, wenig später musste er kapitulieren. 

Aus Gefangenschaft entlassen, strebte Blücher einen Befreiungskrieg an. Heimlich förderte er die Ausbildung vom Hof nicht genehmigter Soldaten. Das wurde beobachtetet, Blücher musste 1812 den Dienst quittieren. Bereits ein rundes Jahr später zerbrach der erzwungene Tilsiter Frieden von 1806 zwischen Preußen und Frankreich, die Befreiungskriege begannen. Der reaktivierte Blücher schlug in der Völkerschlacht bei Leipzig die Franzosen vernichtend. Es war ein blutiger Sieg, die von Blücher geführte Kavallerie erlitt starke Verluste. Dennoch verfolgte Blücher, nunmehr Generalfeldmarschall, die flüchtenden Franzosen. Unter russischen Soldaten kam der Beiname „Marschall Vorwärts“ auf. Nach mehreren großen Schlachten mit wechselnden Erfolgen stürmten die Preußen am 30. März 1814 den Montmartre in Paris. Bonaparte wurde verbannt.

Nach 100 Tagen kehrte Napoleon von Elba zurück, die Kämpfe flammten wieder auf. Am 18. Juni 1815 kam Blücher im letzten Augenblick, um in die Schlacht bei Belle-Alliance (Waterloo) einzugreifen. Die alliierten Truppen des englischen Generals Arthur Wellesley, des ersten Herzogs von Wellington, konnten sich kaum noch halten. In Bedrängnis, soll Wellington gewünscht haben: „Ich wollte, es wäre Nacht oder die Preußen kämen.“ Blücher kam und besiegte Bonaparte endgültig. Den Marsch auf Paris traten Blüchers Preußen allein an, die Truppen Wellingtons waren zu erschöpft. Am 7. Juli 1815 zog Blücher abermals in Paris ein.

Die Schlachten waren geschlagen, Blücher zog sich auf sein Schloss Krieblowitz zurück. Dort starb er am 12. September 1819. Sowjetische Soldaten beschädigten im Februar 1945 die Familien­gruft erheblich, Blüchers Grab ist seither leer.