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06.09.19 / Kostbare Treter / Es gab mal Zeiten, da sammelte man Kunstgegenstände – In der modeverrückten Gegenwart dienen Sportschuhe als Geldanlage

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-19 vom 06. September 2019

Kostbare Treter
Es gab mal Zeiten, da sammelte man Kunstgegenstände – In der modeverrückten Gegenwart dienen Sportschuhe als Geldanlage
Stephanie Sieckmann

Das Sparbuch hat ausgedient, mit Aktien lassen sich auch nur noch in Ausnahmen Gewinne erzielen, Immobilien sind unerschwinglich. In welche Geldanlagen sollten Sparer also investieren? Klare Antwort: in Sportschuhe.

Man räume den Safe auf und schaffe Platz für die Wertanlage der Zukunft. Genug Fläche, um zwei oder drei exklusive Paar Sportschuhe unterzubringen, sollte man schon haben. Die Investition lohnt sich. Gerade erst hat ein Paar 47 Jahre alter Nike-Schuhe – Modell „Moon Shoe“ – beim Auktionshaus Sotheby’s für 437500 Dollar den Besitzer ge­wechselt. Der glückliche neue Schuhträger stammt aus Kanada. Die von den Schuhen der Mondlande-Astronauten inspirierten „Mondschuhe“ von Nike sind bei Weitem nicht das erste Paar, das der Mann erworben hat. 

Der Wert der Schuhe basiert darauf, dass dieses Modell, entworfen für die Olympischen Sommerspiele 1972, in einer limitierten Auflage von zwölf Paaren gefertigt wurde. Sotheby’s hatte den Wert vor der Auktion mit 160000 Euro veranschlagt. Aber wie es bei Auktionen so ist: Die Begehrlichkeiten treiben den Preis nach oben. Und das Paar „Moon Shoes“ war offensichtlich sehr begehrt. Mit umgerechnet 390000 Euro waren die Moon Shoes um Längen teurer als die 2017 verauktionierten Converse-Schuhe, die Basketball-Ikone Michael Jordan beim Finale der Olympischen Spiele 1984 an den Füßen hatte. Sie brachten handsigniert bei der Versteigerung 190373 Dollar ein. 

Übrigens: Beim Sportschuh als Wertanlage geht es keineswegs um die sündhaft teuren Varianten, wie die Luxusmarken von Gucci, Fendi oder Balenciaga. Sicher, diese Schuhe kosten oft rund 600 bis 1500 Euro. Modelle, die mit Gold und Diamanten verziert sind wie das Modell Buscemi 100 MM Diamond, sind mit einem Preis von 132000 Dollar tatsächlich eine Investition, doch davon soll hier nicht die Rede sein. Bei dem derzeitigen Trend, für Sportschuhe exorbitant hohe Summen auszugeben, geht es durchweg um die Schuhe von Sportmarken. 

Wer meint, dass Sportschuhe wie die oben erwähnten Paare, die bei Auktionen für Furore gesorgt haben, Ausnahmen wären und der gemeine Sportschuh als Geldanlage keines zweiten Blickes würdig wären, dem hätte ein Besuch bei der Sportschuh-Messe „Mesh and Laces“ – Mesh: ein Textilgewebe, Laces: Schnürsenkel – Ende August in Hannover zu einem tieferen Verständnis für die Fangemeinde des heute als Sneaker bezeichneten Sportschuhs verhelfen können. Hier wurden die Neuheiten des Markts gezeigt.

Mit hingebungsvollen Blicken und Begeisterung streckten hier Menschen die Hände nach Sportschuhen aus, die gerne einmal ein oder gar zwei Monatsgehälter kosten. Bei 1000 Euro für ein Paar ist noch lange nicht Schluss. Ein Paar Sportschuhe kann auch durchaus schon mal 3000 Euro kosten. Im Verkauf. Ist die limitierte Auflage ausverkauft – oft sind es dann nur 500 Paare, die auf den Markt gehen –, gibt es die Schuhe nur noch mit viel Glück. Und schon steigen die Preise. 

Wenn es sich um ein besonders begehrtes Modell handelt, schnellt der Preis sofort nach oben. Dann kann mit den Schuhen Gewinn gemacht werden. Zu diesem Zeitpunkt wird für die Schuhe oft das Zwei- oder Dreifache gezahlt. Allerdings werden die wirklich teuren Modelle, die hoch exklusiven und limitierten Auflagen sowie viele weitere, auf der Messe nicht vorgestellt.

Als Geldanlage sind solche Treter jedenfalls nicht uninteressant. Getragen werden dürfen diese Schuhe allerdings nicht, sonst verlieren sie sofort an Wert. Es sei denn, sie wurden von einem Sportstar getragen. So erzielte ein Paar Basketballschuhe, die der US-Profispieler Michael Jordan 1997 in einem denkwürdigen Finale getragen hatte, auf einer Auktion 92000 Dollar.

Neue Sportschuh-Modelle lassen sich in gewisser Weise wie Aktien handeln. Der Ausgabezeitpunkt muss in Erfahrung gebracht werden, dann muss der Markt beobachtet und zum richtigen Zeitpunkt die Entscheidung zum Verkauf getroffen werden. 

Erwerben sollte man die Schuhe am Tag der Ausgabe und verkaufen kurze Zeit später. Die Entscheidung, in welches Paar Schuhe am besten investiert werden soll, kann der Anleger auf verschiedene Weise treffen. Zum Beispiel durch Beobachtung der einschlägigen Schuhläden. Dafür empfiehlt sich eine Reise nach Amsterdam. Dort schlägt bereits eine Woche vor der ersten Ausgabe eines Schuhmodells von Puma, Nike, Asics, Adidas und Co. die Fangemeinde ihr Zeltlager auf, um ganz vorne zu stehen, wenn ein neues Modell limitierter Paare in den Verkauf geht. 

Es gibt inzwischen sogar schon Anlageberater in Sachen Sportschuhe. Und auch so manche Bank hat erkannt, dass Sportschuhe als Anlage interessant sind, und nimmt dieses ungewöhnliche Anlage-Produkt ge­nauer unter die Lupe. So rät die Consorsbank auf ihrer Blogseite Interessierten dazu, sich auf der Plattform Campless im Internet näher über Ausgabe- und Verkaufspreise einzelner Sportschuh-Modelle zu informieren.

Wer erst einmal den Handel mit Sportschuhen beobachten oder klein anfangen will, kann sich auch bei den gängigen Online-Auktionsplattformen wie Ebay informieren. Hier werden für un­getragene Schuhe, die ursprünglich rund 100 Euro gekostet ha­ben, teilweise bis zu 10000 Euro gezahlt. Erste Versuche, gängige Modelle zu handeln, die zu den Raritäten zählen, lassen sich bei diesen Auktionen durchaus gut umsetzen. Internetforen und soziale Netzwerkgruppen erweisen sich dabei als gute Quelle, wenn es darum geht, die Ausgabetermine für besonders exklusive und begehrte neue Modelle zu erfahren. Der Markt ist schnelllebig. Die Hersteller setzen neben gängigen Modellen bewusst auf limitierte Ausgaben, und das mehrfach im Jahr.

Alternativ besteht die Möglichkeit der langfristigen Investition in die Wertanlage Sportschuh. Wer auf einer Auktion ein Paar besonders seltener, alter Modelle ersteigert und sie in den Safe schließt, hat vielleicht schon nach wenigen Jahren den Einsatz vervielfacht. Während Aktien und Fonds kriseln, der Börsenmarkt schwankt, stellt die Sportbranche einen der Wachstumsmärkte dar. Allein was Sportschuhe betrifft, wurden in Deutschland im Jahr 2018 etwa 2,5 Milliarden Euro umgesetzt. Weltweit wird dieses Jahr ein Umsatz von 59 Milliarden Euro erwartet. Und die Deutsche Bank investiert dabei nicht nur in Forschung und Studien zu diesem Thema, sie leistet sich auch eine eigene Expertin für die europäische Sport- und Luxusgüterindustrie.

Neben dem Irrtum, dass sich Sportschuhe nicht als Geldanlage eignen würden, muss noch mit dem Vorurteil aufgeräumt werden, Schuhe seien nur ein Frauenthema. Jetzt horten auch Männer teure Markentreter. Aber nicht im Schuhregal, sondern gut gesichert im Safe. Besser noch: im begehbaren Safe, denn für eine Schuhsammlung benötigt man viel Platz.