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13.09.19 / Herrin über die Männerbande / Minnie Marx, die Mutter der »Marx Brothers« – Die gebürtige Ostfriesin starb vor 90 Jahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-19 vom 13. September 2019

Herrin über die Männerbande
Minnie Marx, die Mutter der »Marx Brothers« – Die gebürtige Ostfriesin starb vor 90 Jahren
Martin Stolzenau

New Yorks berühmteste Straße, der Broadway, war ursprünglich ein Indianerpfad. Deshalb verläuft er quer durch das quadratische Straßenmuster der Stadt und gilt heute mit 25 Kilometern als die längste Nord-Süd-Querung Manhattans. Internationale Bekanntheit er­langte der Broadway vor allem als Zentrum der US-amerikanischen Theater- und Unterhaltungsbranche. Weltweit träumen Künstler von einer Karriere am Broadway.

Zwei Personen aus Dornum in Ostfriesland gelang dieser Aufstieg in der Glitzerwelt. Das waren die Geschwister Minnie Marx und Al Shean. Nachdem Al Shean, der eigentlich Abraham Elieser Albert Schönberg hieß, als deutsch-amerikanischer Komödiant am Broadway Erfolge feierte, unterstützte er seine Schwester Miene, die sich Minnie nannte, bei dem Versuch, mit ihren fünf Söhnen ebenfalls eine Broadway- Karriere zu realisieren. Mit Erfolg. Die „Marx Brothers“ machten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den USA als Komikergruppe eine steile Karriere. 

Die Brüder begründeten das Genre der Comedyshows und wurden von ihrer Mutter gemanagt, die ihrerseits als Minnie Marx internationale Bekanntheit erlangte. Die „Marx Brothers“ erreichten auch über den Tod von Mutter Minnie vor 90 Jahren hinaus bis in die Gegenwart eine Nachwirkung und haben auch in Deutschland einen Namen. Kaum bekannt ist dagegen der Umstand, dass die Mutter und Managerin der Gruppe und ihr Bruder eigentlich aus Ostfriesland stammten. 

Minnie Marx hieß ursprünglich Miene Schönberg und wurde am 9. November 1865 in Dornum geboren. Als Vater des Mädchens ist Louis Schönberg überliefert, der auf Jahrmärkten in der Küstenregion als Bauchredner auftrat. Die Mutter wirkte dazu als „jodelnde Harfenistin“. 

Miene Schönberg und ihr Bruder wuchsen in ständig wechselnden Orten auf, bekamen nur wenig Schulbildung und erwarben ihr Wissen als Autodidakten. Angesichts der ärmlichen Bedingungen in der ostfriesischen Provinz träumten sie von einem besseren Leben in den USA, dem Land ihrer Zukunftshoffnungen.

Deshalb emigrierten sie als Jugendliche in die Neue Welt, wo sie zunächst unterschiedliche Wege einschlugen. Miene Schönberg heiratete kurz nach ihrer Ankunft 1884 in New York den Tanzlehrer Simon Samuel Matrix, der eigentlich aus dem Elsass stammte und sich auf ihren Wunsch hin Sam Marx nannte. 

Die Familie wurde schnell größer. Kurz nacheinander wurden sechs Söhne geboren. Nach dem frühen Tod des ältesten Jungen umfasste die Familie sieben Personen. Das Geld war stets knapp. Der Vater arbeitete deshalb zusätzlich als Schneider. Seine Frau Miene, die sich jetzt Minnie nannte, hatte das Sagen in der Familie. Am Beispiel ihres Bruders, der inzwischen als Komödiant Erfolg hatte und sich Al Shean nannte, erkannte sie die Möglichkeiten des Showgeschäfts in New York. Das elterliche Blut machte sich nun auch bei ihr bemerkbar. 

Deshalb versuchte sie sich mit Unterstützung ihres Bruders selbst auf der Bühne. Doch nur mit mäßigem Erfolg. So schickte sie ihre Söhne ins Rennen. Unter der Regie der Mutter traten sie als Komikergruppe mit Gesangseinlagen auf. Damit füllten sie eine offenkundige Marktlücke aus. 

Mutter Minnie Marx verpasste ihnen den Namen „Marx Brothers“, hatte immer neue Auftrittsideen und managte diese Männerbande mit stetig wachsendem Erfolg. War sie selbst auf der Bühne nicht erfolgreich, so zog sie doch hinter der Bühne die Fäden. Die Ostfriesin entwickelte ein sicheres Ge­spür für das neue Genre Comedy, für Öffentlichkeitsarbeit und vor allem für Werbung. 

Die Gruppe eroberte zunächst New York, dann die ganzen USA und wurde durch Filmaufnahmen auch im Ausland bekannt. Das spülte Geld in die Kassen und machte die Familie Marx reich. Minnie Marx war der Chef des Unternehmens. Ihr Ehemann und ihre Söhne tanzten nach ihrer Pfeife. Es lohnte sich für alle, zumal die umtriebige Mutter immer wieder auch andere erfolgreiche Schauspieler, Autoren und Komponisten für die „Marx Brothers“ verpflichtete, die damit den Broadway beherrschten. Mit diesem Erfolg im Rücken starb Minnie Marx während einer Bühnenprobe an einem Schlaganfall am 15. September 1929 in New York. Sie wurde 63 Jahre alt.

Der Erfolgsweg der „Marx Brothers“ hielt auch danach an. Zu den Bühnenauftritten gesellten sich immer mehr Radiosendungen und Filme, die ihren internationalen Ruhm begründeten. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzten sich alle Brüder außer Groucho zur Ruhe, der mit einer Single-Karriere noch zu einem populären Showmaster aufstieg und mit seinem Wortwitz begeisterte. Mutter Minnie wäre stolz auf ihn gewesen, dessen Markenzeichen eine runde Brille, aufgeklebte Augenbrauen und Schnurbärte sowie die Zigarre im Mund waren. 

Nach dem Tod aller „Marx Brothers“ begann Ende der 1970er die Legendenbildung. Schon 1970 sorgte das Musical „Minnies Boys“ für neue Schlagzeilen. Die „Marx Brothers“ galten international als Comedy-Vorbilder, fanden sogar in den Werken des irischen Literaturnobelpreisträgers Sa­muel Beckett sowie in den Alben der britischen Rockgruppe „Queen“ Berücksichtigung und rangieren in der vom „American Film Institute“ geführten Rangliste auf Platz 20 der größten Filmlegenden aller Zeiten. Mutter und Managerin Minnie aus Dornum in Ostfriesland hatte daran einen Hauptanteil.