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20.09.19 / Meilenweiter Vorsprung Moskaus / Den russischen Hyperschall-Waffen haben die USA nichts Vergleichbares entgegenzusetzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-19 vom 20. September 2019

Meilenweiter Vorsprung Moskaus
Den russischen Hyperschall-Waffen haben die USA nichts Vergleichbares entgegenzusetzen
Florian Stumfall

Ein hochrangiger Beamter der US-Administration hat bekanntgegeben, Washington beabsichtige nicht, Hyperschall-Raketen in Russland zu kaufen. Was auf den ersten Blick wie ein Aprilscherz anmuten mag, ist erstens wahr und hat zweitens handfeste Hintergründe. 

Berücksichtigt man, dass sich die USA seit Jahren genötigt sehen, mit dem RD-180 in Russland Triebwerke für zivile Raketen zu kaufen, weil sie solche derzeit nicht selbst entwickeln können, dann erscheint es gar nicht mehr so abwegig, dass die USA auch Hyperschall-Raketen von Russland kaufen könnten. Zurzeit sind die USA auf die russische Raumfahrt angewiesen, wenn sie eine Mission zur internationalen Weltraumstation schicken wollen. Die Darstellung eines rückständigen, technisch hinterherhinkenden Russland ist denn auch ein Produkt der Propaganda und des Wunschdenkens und hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun.

Die Möglichkeit eines Kaufes von Hyperschall-Waffen aus Russland durch die USA geht auf das Treffen der beiden Staatsoberhäupter Wladimir Putin und Donald Trump beim G 20-Gipfel in Osaka Ende Juni zurück. Damals ging es unter anderem um die Frage, wie moderne russische Waffen im Rahmen gemeinsamer Vereinbarungen über eine Begrenzung zu erfassen seien. Die Schwierigkeit liegt darin, dass es sich hierbei um Systeme handelt, für die es in den USA nichts Vergleichbares gibt.

Deshalb ist mittlerweile Wa­shington im Hinblick auf einen neuen START-Vertrag zur Begrenzung strategischer Waffen mit dem Vorschlag aufgetreten, moderne russische Waffen sollten alle unter ein neu zu vereinbarendes Verbot fallen. Moskau hingegen machte das Angebot, die USA könnten solche Waffen in Russland erwerben.

Dieses Angebot also haben die USA zurückgewiesen und hoffen weiterhin auf die Möglichkeit, durch ein neues START-Abkommen die Vernichtung der russischen Bestände zu erreichen, während sie selber heimlich und vertragswidrig solche entwickeln, so, wie sie es bei den INF-Verträgen, dem Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme, auch getan haben. Dafür, dass die USA das russische Angebot annehmen sollten, gebe es „wenig Gründe“, weil man einen „komparativen Vorteil in diesem Bereich habe“, eine Behauptung, die nicht zutrifft. 

Statt des behaupteten Vorteils hat das Pentagon nur die Hoffnung, bis zum Jahr 2021 Waffen mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit zu entwickeln. Dazu wurden im Jahr 2018 mehrere Programme zusammengelegt. Armee und Marine arbeiten an der „Advanced Hypersonic Weapon“ (AHW), die Luftwaffe entwickelt die „Hypersonic Conventional Strike Weapon“ (HCSW). Schließlich gibt es noch eine dritte Entwicklung, das „Prompt Global Strike“-Programm. 

Putin hatte anlässlich einer Plenarsitzung des Internationalen Wirtschaftsforums in St. Petersburg erklärt: „Ich sagte zu Donald (Trump): Willst du, dass wir dir (solche Waffen) verkaufen? Damit könnten wir alles ins Gleichgewicht bringen. Warum soll man Geld ausgeben, wenn wir dies schon getan haben? Wir könnten von den USA etwas dafür bekommen, ohne unsere Sicherheit zu beeinträchtigen, und dabei ein Gleichgewicht schaffen.“ Trump lehnte mit der Begründung ab, man werde solche Waffen bald selbst herstellen.

Tatsächlich haben die USA in der Zwischenzeit ihre Hyperschall-Rakete AGM-183A von einer Boeing B-52 „Stratofortress“ aus, einem Flugzeug, das aus dem Jahr 1952 stammt, erstmals getestet. Sie soll 2022 an die Truppe ausgeliefert werden und ein Gegenstück zur russischen Hyperschall-Luft-Boden-Rakete Ch-47M2 „Kinschal“ (Dolch) bilden, die der Truppe bereits zur Verfügung steht. Trotz milliardenschwerer Aufwendungen haben die US-Amerikaner im Gegensatz zu den Russen noch kein System bis zur Truppentauglichkeit entwickeln können. Bei der AGM-183A werden zwar zumindest in der Stratosphäre sehr hohe Geschwindigkeiten erreicht, doch fehlt es an einem zuverlässigen Lenksystem, das den Sprengkopf ins Ziel bringen könnte. 

Die russische „Kinschal“ wird von einem russischen Abfangjäger des Typs Mikojan-Gurewitsch MiG-31K getragen, der seinerseits zweieinhalbfache Schallgeschwindigkeit erreicht. Infolge ihrer Geschwindigkeit ist die „Kinschal“ für jedes Radar unsichtbar. Sie ist während des Fluges manövrierbar und trifft ihr Ziel auf mehr als 1000 Kilometer. Eine andere schon im Einsatz befindliche Entwicklung ist die schiffsgestützte Hyperschall-Anti-Schiffs-Lenkwaffe „Zirkon“ mit ihrer mehr als zehnfachen Schallgeschwindigkeit. Gegen die „Zirkon“ gibt es kein Abwehrmittel.

Der Fortgang auf beiden Seiten wird aufmerksam verfolgt, und besonders aufmerksam von den Chinesen. Das Pekinger Fachportal „Sohu“ schreibt: „Obwohl Amerika lange vor Russland mit der Entwicklung von Hyperschall-Waffen anfing, schon Ende des 20. Jahrhunderts, haben die Amerikaner keine besonderen Erfolge auf diesem Gebiet erzielt.“ Bestes Beispiel für den Vorsprung der Russen sei das Kampfmodul „Awangard“, mit dem „jeder Flugabwehrschild“ zu durchbrechen sei. Der realistische US-amerikanische Fachmann General John Hyten, Kommandeur des US Strategic Command, sagt, die USA hätten keine Abwehrsysteme gegen russische oder chinesische Hyperschallwaffen.