19.04.2024

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20.09.19 / Glockenstille

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-19 vom 20. September 2019

Glockenstille
Erik Lommatzsch

Eine Petition mit reichlich 1000 Unterschriften und einigen viertelprominenten Erstunterzeichnern verlangt den „Bruch mit den rechtslastigen und militaristischen Traditionen der Garnisonkirche Potsdam“. Ein Dorn im Auge sind den Unterzeichnern der historische Wiederaufbaugedanke der 1945 ausgebrannten und 1968 von der DDR endgültig beseitigten Kirche sowie jegliche damit verbundene Aktivität. 2017 begannen die Arbeiten am Turm. Viel länger bereits gibt es den spendenfinanzierten Glockenspiel-Nachbau mit einer – laut Petition – „Reihe revisionistischer, rechtsradikaler und militaristischer Widmungen“. Dieser geht auf die „Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel“ (TPG) zurück, die ihn 1991 der Stadt Potsdam schenkte, wo er seither steht.

Kritik, die sich auch handfest in Form von Schmierereien äußerte, gab es von Anfang an. Vor allem die „bösen“ Inschriften riefen Widerstand auf den Plan. Die Stadt Potsdam ließ gleich mal sieben Glocken einschmelzen. Sie trugen Namen von preußischen Provinzen und Städten, die nicht mehr auf deutschem Staatsgebiet liegen. Sie wurden jedoch – ohne Inschriften – neu gegossen. So überdauerten die insgesamt 40 Glocken 28 Jahre. Zur halben Stunde erklang „Üb immer Treu und Redlichkeit“, zur vollen „Lobe den Herrn“. 

Seit wenigen Tagen ist damit Schluss. Der in der Petition geforderte „Abriss“ ist noch nicht vorgesehen, aber die Politik parierte brav. Die Glocken müssen nun auf unabsehbare Zeit schweigen. 

Beschriftet sind sie unter anderem mit Mahnungen an die zehn Gebote, mit Namen preußischer Offiziere der Befreiungskriege, mit Helmuth von Moltkes Wahlspruch „Mehr sein als scheinen“, Spenderangaben, Bezeichnungen von preußischen, Reichswehr-, Wehrmachts- und Bundeswehrverbänden oder dem Prinzip „Suum cuique“ (Jedem das Seine), lateinisch beispielsweise bei Cicero nachzulesen, als Idee ist es weit älter. In der preußischen Geschichte wäre der „Schwarze Adlerorden“ ein Stichwort im Zusammenhang mit diesen Worten. Den Initiatoren der Petition ist das unbekannt. Sie wissen lediglich um den „in Deutschland problematischen Spruch“, den die Nationalsozialisten, mit Sicherheit nicht im Sinne seiner Schöpfer, am Konzentrationslager Buchenwald anbrachten. Was die Petenten an der Inschrift „Kein Unglück Ewigk“ beunruhigt, deren Ursprung in der Zeit Friedrichs des Großen zu suchen ist, erschließt sich nicht. 

Für alle Fälle kann man die Person des Initiators der TPG, Max Klaar, als „Abschaltgrund“ heranziehen. Seiner Meinung nach sollte etwa die wiederaufzubauende Kirche einzig als solche genutzt werden, nicht als „Versöhnungszentrum“.

Die Inschriften, die – völlig überraschend für die Glocken einer Garnisonkirche – an militärische Traditionen anknüpfen, werden jetzt „wissenschaftlich“ untersucht. Sollte abermals neu gegossen werden, dann am besten gleich mit geschichtsvergessenen und zeitgeistkonformen Widmungen wie „Bunte Vielfalt“ oder „Weltoffenheit“.