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20.09.19 / Taiwan robbt dem Westen hinterher / Von der Islam-Anbiederung bis zum Schuldkult: Alles soll dem linken Zeitgeist im Okzident entsprechen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-19 vom 20. September 2019

Taiwan robbt dem Westen hinterher
Von der Islam-Anbiederung bis zum Schuldkult: Alles soll dem linken Zeitgeist im Okzident entsprechen
Markus Matthes

Die linksliberale Regierung des einst so selbstbewussten Nationalchina eifert westlichen, vorwiegend linken Vorstellungen nach. Dabei legt sie bisweilen eine Arroganz gegenüber dem Willen und den Empfindungen vieler ihrer Bürger an den Tag, die an Berlin erinnert.  

Genau zwei Jahre, nachdem der Oberste Gerichtshof in Taiwan das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe für verfassungswidrig erklärt hatte, legalisierte die Regierung der linksliberalen Präsidentin Tsai Ing-wen von der DPP (Democratic Progressive Party) am 24. Mai als erstes Land in Asien die Heirat von Homosexuellen. Dies ist umso pikanter, als neben den Kommunalwahlen im November 2018 zeitgleich mehrere Volksbefragungen zum Thema durchgeführt wurden, die die notwendige Beteiligung von mindestens 25 Prozent aufwiesen und bei denen sich doppelt so viele Wähler dagegen aussprachen wie dafür. 

Eine von mehreren kirchlichen Gruppierungen mitgetragene Koalition sah darin einen „Sieg für all jene, die Familienwerte hochhalten“. Doch ähnlich wie im Westen zeigte sich schnell, dass gewisse Kräfte nur dann den Volkswillen respektieren, wenn es in ihr politisches Konzept passt. Nachdem die 1986 illegal in einem Hotel gegründete DPP derartige Referenden als großen demokratischen Fortschritt gepriesen hatte, ließ sie sich nun in keiner Weise beirren und setzte in einer im Grunde immer noch konservativen Gesellschaft die Interessen einer kleinen, aber einflussreichen Minderheit stur durch.

Mit diesem vermeintlichen innenpolitischen Erfolg möchte Tsai von der zunehmenden Isolierung Taiwans auf internationaler Ebene ablenken. China hat den Druck auf die taiwanesischen Unabhängigkeitsbefürworter seit deren erneuter Machtübernahme im Mai 2016 erhöht: Zunahme der militärischen Manöver, Abwerbung von fünf verbündeten Staaten, erneute Blockade der Teilnahme Taiwans als Beobachter an sämtlichen Unterorganisationen der Vereinten Nationen; schrittweise Einschränkung des chinesischen Touristenflusses nach Taiwan, verstärkter Druck auf internationale Unternehmen, die Insel als Teil Chinas auf ihren Webseiten aufzulisten und so weiter.

Ein mit dem Autor befreundeter Zahnarzt in Taipeh beschwerte sich ständig über die Anbiederung der nationalchinesischen Kuomintang (KMT) an ihre ehemaligen Todfeinde, die seit 1949 auf dem Festland regierende Kommunistische Partei. Als Verfechter einer separaten taiwanesischen Identität wollte er von einer „Wiedervereinigung“ nichts wissen und hatte 2016 deshalb Frau Tsai gewählt. Doch zwei Jahre später meinte der Vater einer damals achtjährigen Tochter plötzlich zum Autor, dass ihm die Kommunisten lieber wären als jene, die die Keimzelle der Gesellschaft, nämlich die Familie, kaputtmachten. Seinem Nachwuchs würde man auf einmal in der Schule beibringen, nicht mehr „Mama und Papa“ zu sagen.

Dazu passt es, dass ab diesem Schuljahr an einer örtlichen Schule Mädchen und Jungen gleichermaßen Röcke tragen dürfen, um „Stereotypen entgegenzuwirken und die Geschlechtergleichheit zu fördern“. Laut Medienberichten fand diese Entscheidung die offizielle Zustimmung des Erziehungsministeriums.

Überdies treibt der Schuldkult um die von ehemals neun auf inzwischen 16 gestiegene Anzahl der offiziell anerkannten eingeborenen Völker Formosas, etwa 550000 Personen oder in etwa zwei Prozent der Bevölkerung, immer neue Blüten. Bis 1994 wurden diese vor 5500 Jahren ebenfalls eingewanderten Menschen austronesischer Herkunft „Landsleute aus den Bergen“ (ähnlich den als „Bergtürken“ bezeichneten Kurden) genannt, weil die seit dem 17. Jahrhundert in Taiwan verstärkt siedelnden Chinesen sie schrittweise in entlegene Gegenden abdrängten. Tsai ließ nach ihrem Amtsantritt keine drei Monate verstreichen, um sich wortreich für 400 Jahre „Entrechtung und Vertreibung“ zu entschuldigen. Den Ureinwohnern wäre ihre reiche Kultur genommen worden. Dabei vergaß sie in ihrer selektiven Wahrnehmung zu erwähnen, dass viele von ihnen Kopfjäger waren und erst die von 1895 bis 1945 regierenden japanischen Kolonialherren diese barbarische Praxis beendeten.

Die an muslimische Touristen gerichtete Werbung in der Metro von Taipeh zeigte wirklichkeitsfremd eine „typische“ dreiköpfige Familie mit einer Mutter ohne Kopftuch, einem lächelnden Vater und einer kleinen Tochter. Dagegen begegneten dem Verfasser dieser Zeilen im vergangenen Jahr zum ersten Mal zwei vollverschleierte Reisende und die Anzahl der Kopftuchträgerinnen hat ebenfalls sehr zugenommen. Bei Carrefour Taiwan gibt es bereits eine Halal-Abteilung für die indonesischen Pflegekräfte und Fabrikarbeiter. Das Adventisten-Krankenhaus wurde als erste Gesundheitseinrichtung 2018 vom Rat Islamischer Gelehrter in Djakarta als „moslemfreundlich“ eingestuft.

Selbst das vorher unbekannte Streikphänomen hat Taiwan erreicht: Im Februar 2019 legten die Piloten von China Airlines mit der Forderung nach einer verbesserten Flugsicherheit durch mehr Personal für acht Tage die Arbeit nieder. Die Streichung von            200 Flügen kostete das staatliche Unternehmen rund 16 Millionen US-Dollar und zog 50000 Passagiere in Mitleidenschaft. EVA Air erreichte nach 17 Tagen und Verlusten von 56 Millionen US-Dollar einen Kompromiss mit der externen Gewerkschaft TFAU. 2250 Flüge mit 280000 Fluggästen waren von dem längsten Ausstand in der taiwanesischen Geschichte betroffen.

Die Klimahysterie hatte übrigens schon vor einem Jahrzehnt unter Tsais Vorgänger Ma Ing-           jeou von der KMT Taiwan erreicht. Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes können ein Lied von niedrigerer Arbeitsleistung in überhitzten Büroräumen singen, seit dem Weltklima zuliebe Klimaanlagen des Öfteren ausgeschaltet bleiben. Diese „Energiesparmaßnahmen“ machen sich mittlerweile nicht nur im öffentlichen Nahverkehr bemerkbar: Patienten müssen in ihren Krankenzimmern eine Raumtemperatur von 27 Grad Celsius ertragen.

Ein Steckenpferd der DPP ist die im Mai 2018 nach deutschem Vorbild ins Leben gerufene Kommission für Übergangsjustiz, die den Opfern des „Weißen Terrors“ Gerechtigkeit zukommen lassen soll. Nach heutiger Interpretation ist damit die Epoche vom 15. August 1945, dem Tag der japanischen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg, bis zur endgültigen Aufhebung des Kriegsrechts am           7. November 1992 gemeint. Die Nationalchinesen trauten von Anfang an der japanisch erzogenen einheimischen Elite nicht über den Weg. Im Zuge ihrer Ausschaltung kam es zu blutigen Exzessen. Tausende wurden getötet und Zehntausende grundlos inhaftiert. Bis Juni 2019 waren bereits             5837 Urteile aufgehoben, darunter gegen die frühere Vizepräsidentin Lu Hsiu-lien, die jetzige Generalsekretärin im Präsidialamt Chen Chu und Shih Ming-teh, einen 25 Jahre inhaftierten Aktivisten und ehemaligen Vorsitzenden der DPP.

Nun verdient dieses Vorhaben durchaus Anerkennung. Laut Tsai drehe es sich aber nicht mehr nur darum, Entschädigungen zu verteilen oder den Ruf politisch Verfolgter widerherzustellen. Man wolle eine systematische Suche nach den Verantwortlichen, ohne alte Rechnungen zu begleichen und neue Zwietracht zu säen. Bei einer zunehmend einseitigen Geschichtsbetrachtung erscheint dies jedoch unmöglich, denn die Entfernung von Überbleibseln der autoritären Vergangenheit (Statuen von Chiang Kai-shek und so weiter) ist nur der Anfang. Schwarz-Weiß-Denken und ahistorische Sichtweise erinnern an die pauschale Aufhebung aller Urteile der Wehrmachtsjustiz. 

Es ist ein Widerspruch, das heutige China schroff abzulehnen, gleichzeitig aber die damalige existenzielle Bedrohung durch Mao Tse-tungs Kommunisten zu verharmlosen oder ganz auszublenden. Dabei bauten die roten Mandarine 2013 ihren gegen Taiwan eingesetzten Spionen gar ein Denkmal. Viele Taiwanesen setzen daher ihre Hoffnung darauf, dass die Opposition bei einem eventuellen Wahlsieg im Januar 2020 als notwendiges Korrektiv auftritt.