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20.09.19 / Wenn Religion krank macht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-19 vom 20. September 2019

Wenn Religion krank macht
Bodo Bost

Burkhard Hofmann, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin in Hamburg mit vielen Patienten aus den arabischen Golfstaaten, zeichnet in seinem Buch „Und Gott schuf die Angst“ ein Psychogramm der muslimischen Seele.

Seit über zehn Jahren behandelt Hofmann Patienten aus den Golfstaaten. Anhand von Fallgeschichten behandelt er in zehn Kapiteln Symptome der arabischen Golf-Gesellschaften, die durch Öl seit den 1960er Jahren plötzlich zu großem Reichtum gekommen sind, ohne dass sie selbst etwas dazu beigetragen haben. Der plötzliche Reichtum, der islamisch interpretiert zu einer Erwählung durch Allah gedeutet wird, habe jedoch auch weitgehend die Familienstrukturen zerstört, indem er die Polygamie wieder gestärkt und die arabischen Kinder weitgehend Kindermädchen fremder Kulturen überlassen habe. 

Das so entstehende „schwache Selbst versage bei der Konfrontation mit der Wirklichkeit“, wenn die Kinder erwachsen werden, so Hofmann. Die dadurch erzeugten psychischen Krankheiten werden durch Psychopharmaka, die von arabischen Ärzten reichlich verschrieben werden, verdrängt. Die psychisch erlebte Verlassenheit führt laut Hofmann zu einer religiösen „Überstrukturierung“, also der Flucht in die nicht reflektierte Erfüllung religiöser Pflichten, dazu gehöre auch der religiös interpretierte patriarchalisch bedingte Verschleierungszwang. 

Religiöse Prägung, überkommene Familien- und Frauenbilder und ein unsicherer Umgang mit der Sexualität dominieren die Lebenserzählungen vieler muslimischer Patienten, die Hofmann aufsuchen. Bei fast allen führt das zu ausgeprägten Symptomen von Angst und Defiziten, bei vielen auch zu einer aggressiven Ambivalenz gegenüber der westlichen Kultur. Der berühmte Opferstatus, den sich viele Muslime dadurch selbst zuwiesen, offenbare letztlich eine Ohnmachtshaltung. 

Hofmann konstatiert eine Grundangst bei vielen seiner Patienten, die durch emotionale Vereinsamung ebenso begründet sei wie durch religiös begründete Höllenfurcht. Diese führe dann oft zu einer ausgleichenden Selbstüberhöhung, die auch in der Annahme wurzelt, man sei als gläubiger Muslim Gott näher als andere Menschen. Entsagung, Weltabgewandtheit, Verzicht, religiös als Fasten, Gebet und Verhüllung verbrämt, würden damit zur Eintrittskarte ins muslimische Paradies, so Hofmann. 

Nicht freiwilliger Verzicht löse jedoch psychisch eine traurige Spirale aus, die zu Depressivität und Angst, manchmal auch zu Gewalt führen kann. Die gewalttätig vorgetragene Glaubensgewissheit der Salafisten sei in Wirklichkeit eher Ausdruck eines Glaubensverlustes, der nicht eingestanden werden dürfe, schreibt Hofmann. 

Die Göttlichkeit des Islam in Frage zu stellen ist für Muslime unvorstellbar. Im Westen gehört der Zweifel an Gott bereits zur Gegenwartskultur. Wie soll das Zusammenleben aussehen, wenn die einen vor allem zweifeln und die anderen vor allem glauben? 

Hofmann liefert keine Antwort auf diese komplexe Frage, aber als Psychotherapeut gibt er den Rat, das Trennende nicht zu verleugnen, Scheuklappen könnten nicht bei der Wirklichkeitsbewältigung helfen.

Hofmann warnt am Ende des Buches auch vor zu euphorischen Erwartungen bezüglich der Integration arabischer Immigranten. Viele Asylsuchende stünden in einer Spannung zwischen ihren religiösen Überlegenheitswünschen und ihrer realen Rolle als hilfsbedürftiger Flüchtling, die schwer auszuhalten sei. Toleranz sei mit solchen Überlegenheitsgefühlen eines Gastes unvereinbar. Dieses Überlegenheitsgefühl sei jedoch unverzichtbarer Bestandteil des Islam, so Hofmann.

Burkhard Hofmann: „Und Gott schuf die Angst. Ein Psychogramm der arabischen Seele“, Droemer-Verlag, München 2018, gebunden, 286 Seiten, 19,99 Euro