26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
27.09.19 / Der Iran sitzt am längeren Hebel / Die verwundbaren Saudis scheuen einen Krieg mit sich selbst an vorderster Front und Trump einen Nahostkrieg im Wahlkampf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-19 vom 27. September 2019

Der Iran sitzt am längeren Hebel
Die verwundbaren Saudis scheuen einen Krieg mit sich selbst an vorderster Front und Trump einen Nahostkrieg im Wahlkampf
Bodo Bost

Die Angriffe auf zwei saudische Ölanlagen sind ein schwerer Schlag für das Königreich. Unabhängig davon, ob sie mit Drohnen und/oder Raketen durchgeführt wurden, zeigen sie die Verwundbarkeit eines Landes, das der weltweit größte Importeur von Waffen und Exporteur von Öl ist. 

Bisher wurden keine Beweise für die Täterschaft des Iran oder seiner verbündeten Milizen im Irak enthüllt, aber Washington hat die offizielle Übernahme der Ver­ant­wor­tung durch mit dem Iran verbündete jemenitische Houthi-Rebellen in Frage gestellt, indem es direkt auf Teheran verwies. Andere Quellen erwähnen die Möglichkeit, dass diese Angriffe vom Irak aus gestartet wurden, wo es pro-iranische schiitische Milizen gibt. Egal welches dieser Szenarien zutrifft, es ist klar, dass der Iran seine Fähigkeit bewiesen hat, Riad an der Kehle zu packen. Der Angriff auf US-Verbündete ist für Teheran nach wie vor die beste Möglichkeit, Druck auf die Interessen Washingtons im Nahen Osten auszuüben.

Im Dezember 2018 erklärte der iranische Präsident Hassan Rohani: „Wenn (die Amerikaner; die Redaktion) eines Tages verhindern wollen, dass wir unser Öl exportieren, wird es kein Öl mehr geben, das aus dem Persischen Golf exportiert werden kann.“ Seitdem hat Washington die sogenannte „Maximum Pressure“-Strategie gegen den Iran verschärft, die in erster Linie die Ölexporte der Islamischen Republik zum Ziel hat, deren Budget weitgehend von diesen Ressourcen abhängt. 

In den folgenden Wochen nahmen Rohanis Drohungen Gestalt an. Während des Sommers soll die iranische Revolutionsgarde Tanker angegriffen haben, während andere Schiffe von Teheran beschlagnahmt wurden. Das Gespenst einer iranischen Sperrung der Straße von Hormus, durch die ein Drittel des Welthandels mit dem schwarzen Gold fließt, erhöht den Druck. 

Nach der Tanker-Krise stellt der Angriff auf Ölanlagen direkt auf saudischem Territorium eine neue Schwelle in der Eskalation dar. Diesmal könnte es sein, dass die Saudis angesichts des Drucks, den der Iran auf sie ausüben kann, zurückhaltend sind. Im Gegensatz zu Washington beschuldigte das Königreich zunächst Teheran nicht, hinter dem Vorfall zu stecken. Saudi-Arabien würde einen Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran unterstützen, wenn es sich hinter Washington verstecken könnte, aber keinen Krieg, in dem es selbst an vorderer Front agieren müsste. Durch ihre Geschichte und Kultur sehen sich die Iraner als die einzig wahre, natürliche und legitime Großmacht im Nahen Osten und betrachten die Saudis als Emporkömmlinge.

In diesem neuen Moment der Krise könnte den Iranern die Zurückhaltung von Donald Trump zugutekommen, der sich kürzlich von seinem nationalen Sicherheitsberater, dem Falken John Bolton, getrennt hatte. Trump wird sich auch deshalb nicht auf einen militärischen Konflikt einlassen, da er 2016 gewählt wurde, weil er unnötige Kriege kritisierte, insbesondere im Nahen Osten. Das heiß nicht, dass es nicht zu begrenzten Aktionen kommen kann, die dann aber vor allem einen symbolischen Wert haben würden. Dieser Wahlkontext gibt den Iranern einen gewissen Handlungsspielraum. Sie können wiederum indirekt „maximalen Druck“ auf die Vereinigten Staaten und direkt auf die Verbündeten der Amerikaner ausüben. Die Iraner wollen auch keinen Krieg, sondern nur Druck auf Washington ausüben, um eine bessere Ausgangsposition in Verhandlungen zu haben. 

Trump möchte das mit Nordkorea umgesetzte Modell wiederholen: maximalen Druck ausüben und dann einen großen Gipfel organisieren, der es ihm ermöglicht, sich selbst in den Vordergrund zu stellen und die Illusion eines bedeutenden Durchbruchs zu schaffen, ohne dass irgendetwas Konkretes herausgekommen wäre. Aber gerade diese Befriedigung will der Iran nicht einem US-amerikanischen Präsidenten geben, den er besonders hasst.