Zusammen mit der Landesregierung von Thüringen setzt sich der Berliner Senat im Bundesrat dafür ein, Schwarzfahren zur Ordnungswidrigkeit herabzustufen. Bislang gilt es als Straftat und kann mit einer Geldstrafe und sogar mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden. Der thüringische Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) sagte, dass derzeit zivilrechtliche Ansprüche der Verkehrsunternehmen mit Mitteln des Strafrechts gesichert würden.
Bundesweit treten jedes Jahr mehrere zehntausend Menschen Ersatzhaftstrafen an, weil sie auferlegte Bußgelder für Schwarzfahren nicht zahlen (können). Bei einem hohen Anteil handelt es sich erfahrungsgemäß um Drogenabhängige oder Obdachlose.
Schon längere Zeit setzten sich auch andere Grünen-Politiker wie der Berliner Justizsenator Dirk Behrendt und sein Hamburger Amtskollege Till Steffens für eine Gesetzesänderung ein. Allerdings wies auch Nordrhein-Westfalens Justizminister Peter Biesenbach wiederholt auf Änderungsbedarf im Strafgesetzbuch hin. Der Unionspolitiker sprach sich dafür aus, die Bestimmung zum Schwarzfahren so zu ändern, dass es nur als Straftat gewertet wird, wenn dabei Kontrollmechanismen umgangen werden. Biesenbach verwies auf europäische Hauptstädte, in denen Zugangskontrollen selbstverständlich seien.
Kritik kommt von der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Deren rechtspolitischer Sprecher Sven Rissmann warnte vor einer „gefährlichen Verlotterung“ des Rechtssystems. Auch Gunnar Lindemann, Sprecher der Berliner AfD-Fraktion für den Öffentlichen Personennahverkehr, kritisiert die Unterstützung des Senats für die Thüringer Initiative: „Das Ziel des Vorhabens ist leicht durchschaubar: Nulltarif für alle. Denn dann gäbe es gar keine Schwarzfahrer mehr“, so Lindemann zur PAZ.
Die Berliner AfD-Fraktion hatte im Mai einen Vorschlag gemacht, Drogenkonsumenten und Klein-dealer, die mit kleinen Drogenmengen erwischt werden, nur mit einem Bußgeld zu belegen. Der AfD-Innenexperte Karsten Woldeit sagt, derzeit würden der Kleinhandel und der Drogenkonsum sowieso praktisch nicht verfolgt. Verfahren würden zwar eingeleitet, in der Regel aber später eingestellt. Woldeit sagte weiter, dass Bußgelder die Justiz und die Ermittler von solchen Verfahren entlasten könnten, bei denen es um kleine Drogenmengen geht. N.H.