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27.09.19 / Schweigestunde / Neuverfilmung von Siegfried Lenz’ »Deutschstunde« im Kino

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-19 vom 27. September 2019

Schweigestunde
Neuverfilmung von Siegfried Lenz’ »Deutschstunde« im Kino
H. Tews

Zu den Freuden der Pflicht gehört für viele Schüler auch die Pflichtlektüre von Siegfried Lenz’ Roman „Deutschstunde“. Dabei malträtiert man sie mit Arbeitsaufträgen zu jenem Thema „Die Freuden der Plicht“, über das im Roman der inhaftierte jugendliche Kunstdieb Siggi Jepsen einen Aufsatz schreiben soll. Hier ist ein neuer Arbeitsauftrag: Man beschreibe das Verhältnis von Lenz’ 1968 erschienenem Roman zur heutigen Zeit. 

Das ZDF ließ dabei jetzt nach einer filmischen Antwort suchen. Im Roman wie auch in der ersten Verfilmung von Peter Beauvais, der 1971 aus der Vorlage einen ARD-Zweiteiler schuf, überwacht der im hohen Norden Schleswig-Holsteins tätige Dorfpolizist Jepsen mit Hilfe seines Sohnes Siggi das Malverbot des Malers Max Ludwig Nansen noch pflichtbewusst im Auftrag der NS-Oberen.

In der ZDF-Neuverfilmung, die am 3. Oktober in die Kinos kommt, gibt es keinen Hitlergruß, kein Strammstehen und keine Hitlerjugend. Das einzige, was dezent an Nationalsozialismus und Krieg erinnert, ist das Hakenkreuz an Jepsens Uniformmütze und ein Feindflugzeug, das Jagd auf einsame Strandgänger macht.

Regisseur Christian Schwochow und seine Mutter Heide, die das Drehbuch schrieb, sahen es als „Arbeitsauftrag“ an, eine zeitlose Mahnung über das Erstarken autokratischer Kräfte zu schaffen. Ohne Trump, Orbán und die AfD sähe der Film wohl anders aus.

Etwas anders als in der Vorlage sieht auch der von Tobias Moretti gespielte Kunstmaler Nansen aus. Im Roman hatte Lenz den Expressionisten Emil Nolde zum Vorbild genommen. Nachdem vor wenigen Jahren herauskam, dass dieser gar nicht mit einem Malverbot belegt war und sogar ein Anhänger der Nationalsozialisten und Antisemit war, ist er für viele eine Persona non grata. Der Nansen in diesem Film malt nicht im Nolde-Stil. Er malt einfach irgendwas, von dem wir glauben sollen, dass es „krank“ aussieht.

Nach seiner actionreichen TV-Serie „Bad Banks“ nimmt sich Schwochow hier deutlich zurück. Obwohl er sich recht eng an die  Romanvorlage hielt, könnte dieser Film auch „Schweigestunde“ heißen. Die Norddeutschen wandern offenbar immer stumm durch die Dünen. Dafür dominiert die Wattlandschaft, die mit barocken Allegorien von Tierkadavern, die Siggi sammelt, aufgefüllt wird. Arbeitsauftrag: Was soll das? Pädagogisch wertvoll – immerhin das ist dieser Film, der für viele Schüler wohl bald zum Pflichtbesuch im Kino wird.