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04.10.19 / Kompliziert und ungerecht / In kaum einem Land ist die Abgabenlast höher als in Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-19 vom 04. Oktober 2019

Kompliziert und ungerecht
In kaum einem Land ist die Abgabenlast höher als in Deutschland
Dirk Pelster

Müsste man die wesentlichen Kennzeichen des deutschen Steuersystems in wenigen Worten zusammenfassen, so wären die beiden Adjektive kompliziert und ungerecht bereits ausreichend, um zu einer hinlänglichen Charakterisierung zu gelangen. 

Dabei sind diese Merkmale durchaus nicht unabhängig voneinander, sondern die enorme Komplexität ist eine der Ursachen der Ungerechtigkeit. Zwar ist eine Vereinfachung des Steuerrechts schon seit Jahrzehnten in der Dis­kussion, geschehen ist indes bislang nichts. Politiker, die sich diesem Anliegen in besonderer Weise verschrieben hatten, wurden erfolgreich ausgebootet. 

Um das Murren gegen eine im internationalen Vergleich hohe Abgabenlast nicht allzu laut werden zu lassen, haben sich deutsche Regierungen ein krudes Dickicht von Regel-Ausnahme-Tatbeständen einfallen lassen. Als beispielsweise 2007 die Umsatzsteuer in einem historisch einmaligen Schritt um drei Prozentpunkte erhöht wurde, schuf man zugleich die Möglichkeit, im Rahmen der Einkommensteuererklärung Handwerkerleistungen in bestimmter Höhe absetzen zu können. Viele Bürger schielen nur auf die speziell ihnen zugedachte Subvention, ohne jedoch die steuerliche Gesamtbelastung zu betrachten. Wer für die beim Finanzamt eingereichte Rechnung seines Klempners ein paar hundert Euro absetzen kann, der übersieht leicht, dass er zuvor ein Vielfaches der ihm zuteilwerdenden Entlastung an Steuern zu zahlen hatte. 

Die Zahl der hierzulande abzuführenden Steuern ist immens. Ob Hunde-, Prostitutions-, Kino-, Alkopop- oder Lotteriesteuer, überall greifen Bund, Länder und Kommunen zu. Die anhaltende Diskussion um den Solidaritätszuschlag zeigt zudem, dass selbst zweckgebundene Steuern nach Erreichung des mit ihrer Erhebung verfolgten Zieles nicht ohne Weiteres verschwinden. Auch über 100 Jahre nach dem Untergang des Kaiserreiches zahlen die Deutschen noch die Schaumweinsteuer, die einst zur Finanzierung der kaiserlichen Hochseeflotte eingeführt wurde. 

Die hiesige Steuerpolitik ist dabei zu einem wirtschaftlichen Hemmschuh geworden. Wer sich innerhalb der EU umschaut, der muss feststellen, dass diejenigen Mitgliedstaaten das größte Wirtschaftswachstum aufweisen, die über ein attraktives Steuersystem verfügen. Dabei handelt es sich nicht primär um Länder wie Irland oder Luxemburg, die internationalen Großkonzernen fiskalische Sonderkonditionen einräumen, sondern um solche Nationen, die primär ihre Bürger im Blick behalten. In Ungarn beispielsweise zahlen alle Steuerpflichtigen einen Einheitstarif von nur 15 Prozent auf ihr Einkommen. Damit wird der Faktor Arbeit entlastet, auf dem in Deutschland eine vergleichsweise hohe Abgabenlast ruht. Während hierzulande Kapitaleinkünfte mit maximal 25 Prozent Abgeltungsteuer zuzüglich des Solidaritätszuschlages zu versteuern sind, werden gerade besser verdienende Angestellte und Selbstständige erheblich stärker zur Kasse gebeten. Für gut qualifizierte Fachkräfte ist dies nicht selten ein Grund, dem Land den Rücken zu kehren. 

Auch im historischen Vergleich lassen sich die fatalen Folgen deutscher Steuerpolitik gut erkennen. Während das Deutsche Reich um 1900 mit einer Steuerquote von deutlich unter zehn Prozent eine der führenden und innovativsten Wirtschaftsnationen der Welt war, ist die Bundesrepublik von heute mit einer Steuerquote von 23 Prozent und einer allgemeinen Abgabenquote von über 40 Prozent längst in die Zweitklassigkeit zurückgefallen.