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04.10.19 / Airbus gibt sich hoffnungsfroh / Das Fluggeschäft boomt, und Konkurrent Boeing setzen die Probleme mit der 737 MAX zu

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-19 vom 04. Oktober 2019

Airbus gibt sich hoffnungsfroh
Das Fluggeschäft boomt, und Konkurrent Boeing setzen die Probleme mit der 737 MAX zu
Peter Entinger

Während die Bundesregierung mit ihren Klima-Gesetzen das Fliegen unattraktiver machen will, boomt das Geschäft über den Wolken. Der europäische Konzern Airbus  schickt sich an, Weltmarktführer zu werden.

Nach einer kürzlich von Airbus vorgelegten neuen Langfristprognose hält das Wachstumstempo beim Flottenausbau praktisch unverändert an. Die Anzahl der Passagierflugzeuge mit mehr als 100 Sitzen werde danach von derzeit knapp 23000 bis 2038 auf fast 48000 steigen. Der Luftverkehr werde im jährlichen Schnitt voraussichtlich um 4,3 Prozent wachsen, glaubt Airbus-Marketing-Manager Bob Lange. 

Hintergrund sei die rasant wachsende Mittelschicht in Weltregionen wie Asien. „Wenn die Menschen mehr verdienen, werden sie mehr reisen.“ Die größte Nachfrage für neue Flugzeuge wird aus Asien und dem Pazifikraum sowie von Billig-Airlines erwartet. Der asiatische Markt werde mehr neue Flugzeuge benötigen als Europa und Nordamerika zusammen. In China werde es dann mehr Inlandsflüge geben als Verbindungen innerhalb der USA oder Westeuropa.

Luftfahrtexperten sehen in den asiatischen Ländern ebenfalls einen riesigen Nachholbedarf in Sachen fliegen, während die Klima-Demonstranten in Deutschland zumindest die Inlandsflüge am liebsten abschaffen würden. Allerdings machen auch in Deutschland Mittel- und Langstreckenflüge zu ausländischen Zielen das Gros des deutschen Luftverkehrs aus. Von 3,5 Millionen Flügen deutschlandweit entfallen im Jahr nur 230000 Flüge auf das Inland. Das entspricht gerade einmal 6,5 Prozent.

Daher reagieren die Flugzeugbauer auch relativ gelassen auf die Klimadebatten in (West-)Europa. Lange betont zwar, „dass der regionale Markt auch wichtig“ sei. Aber längst schauen die Konzern-Lenker voller Spannung auf die Entwick-lung in Asien. Allein in Indien werde sich der Flugverkehr bis 2038 verfünffachen, glaubt Lange. Gerade Indien und China als zwei der bevölkerungsreichsten Länder der Erde gelten als große potenzielle Absatzmärkte für Luftfahrzeuge. 

Die aktuelle Airbus-Prognose gibt interessante Einblicke. Selbst wenn in Europa auf das Flugzeug als Transportmittel zunehmend verzichtet würde, können die Passagierzahlen weltweit trotzdem jährlich um 4,3 Prozent zunehmen. „Aktuell beträgt das Fluggastaufkommen weltweit um die vier Milliarden Passagiere. Bei einer konstanten Steigerung von 4,3 Prozent jährlich bedeutete dies, dass sich das Fluggast-Aufkommen in 20 Jahren auf acht Milliarden verdoppeln wird“, heißt es laut Studie. 

Um den Bedarf zu decken, bedarf es einsatzfähiger Flotten. Der Großteil der derzeit produzierten Maschinen entfällt auf die Mittelstreckenjets wie den Airbus A320neo oder die 737 MAX des US-amerikanischen bisherigen Weltmarktführers Boeing. Sie stehen auch für gut drei Viertel der prognostizierten Nachfrage. Allerdings darf die neue Boeing nach zwei Abstürzen bis auf Weiteres nicht abheben, eine Rückkehr auf die internationalen Flughäfen ist derzeit nicht absehbar. Davon könnte Konkurrent Airbus profitieren. 

Die indische Billig-Airline SpiceJet überlegt, mindestens 100 Airbus-Flugzeuge zu bestellen. Um die geplante Flotten-Expansion zu stemmen, könnte SpiceJet bald eine beträchtliche Anzahl an Fliegern der Typen A321LR und XLR bestellen, sagte der Verwaltungsratschef der indischen Fluglinie, Ajay Singh. 

„Wir erwarten, dass wir in diesem Segment einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent halten können“, sagt Airbus-Verkaufsvorstand Christian Scherer zuversichtlich. Dabei rechne er nicht damit, dass neue Wettbewerber – etwa aus China oder Russland – eine nennenswerte Rolle im Markt spielen werden. Die vor allem in Europa geführte Diskussion über Flugscham wegen der Klimabelastung „sehen wir nicht als Sorge, sondern als eine Chance“, betont Scherer gelassen. 

Im ewigen Duell zwischen Airbus und Boeing verschieben sich die Kräfteverhältnisse durch die Krise bei den Amerikanern. Die Probleme bei der 737 MAX macht Boeing bei den Auslieferungszahlen schwer zu schaffen, die Neubestellungen gehen zurück. Bei den größeren Marktsegmenten haben die Amerikaner, zumindest was die Auslieferungen angeht, immer noch die Nase vorn. 

Die Auftragsbücher beider Konzerne sind voll, auch wenn die Bestellzahlen zuletzt etwas rückläufig waren. Doch das wird nicht als Problem gesehen, Airbus-Ver­-

kaufschef Scherer warnt sogar vor einem „grenzenlosen Wachstum“. In Europa befindet sich der Konzern ohnehin in der Experimentierphase. Der im Frühjahr in den Ruhestand gegangene langjährige Vorstandsvorsitzende Tom Enders sagte zu seinem Abschied, „dass in zehn, 15 Jahren die Zeit von teilelektrischen Flugzeugen im Passagiergeschäft gekommen“ sei. „Unser Ziel ist, in 15 Jahren nicht nur Flugzeuge zu haben, die eine Stunde durchhalten, sondern wir sollten dann 100-Sitzer haben, die elektrisch-hybrid fliegen.“ 

In den asiatischen Wachstumsmärkten setzt man allerdings auf Altbewährtes. Die International Air Transport Association (IATA, Internationale Luftverkehrs-Vereinigung) prognostiziert 44 Prozent mehr Passagiere für die nächsten 20 Jahre allein in den bevölkerungsreichsten Ländern China und Indien. Das dortige Klima sei außergewöhnlich flugfreundlich. Die dortigen Flughafen-Betreiber müssten sich auch deutlich weniger Gedanken um Bauvorschriften, Anwohnerbedenken und Nachtflugverbote machen.