26.04.2024

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04.10.19 / Wetterfahne

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-19 vom 04. Oktober 2019

Wetterfahne
Erik Lommatzsch

Manfred Weber hat sich gerade wieder zu Wort gemeldet. Für diejenigen, die es schon vergessen hatten: Der CSU-Politiker war Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) bei der Europawahl im Mai. Folgte man den großen Medien und seinem Parteiumfeld, so galt er als aussichtsreicher Anwärter auf die Nachfolge von Jean-Claude Juncker. Tatsächlich besetzt die EVP den Posten des neuen EU-Kommissionspräsidenten allerdings nicht mit Weber, sondern mit Ursula von der Leyen. Der Spitzenkandidat wurde mit seiner Wiederwahl als EVP-Fraktionsvorsitzender abgefunden. 

Weber, um den es medial einige Wochen schon fast funkstill geworden war, erklärte nun gegenüber der „Welt“, nur „ein Bündnis von Union und Grünen“ könne „die gesellschaftlichen Konflikte, die wir in Deutschland haben, befrieden“. Die Grünen hätten „eine große Wandlung vollzogen – von einer oftmals ideologisierten Partei zu einer Partei, die weiß, dass man in der Verantwortung steht“. 

Jetzt umarmt Weber die Grünen überschwänglich. Was halten diese wohl von seinen Diskussionssendungsaussagen vom November letzten Jahres, dass die EU-Außengrenzen umfassend geschützt werden müssten und von dem Satz: „Die illegale Migration nach Europa muss mit aller Härte bekämpft werden“? 2009 wollte er sogar noch zurück „zu den Wurzeln, zu den Tugenden, die die CSU über 60 Jahre stark gemacht haben“. Einverstanden wären die Grünen wahrscheinlich mit Webers Forderung vom Frühjahr, die AfD solle „kein Geld mehr erhalten aus europäischen Töpfen“. Das wiederum entspricht auch ihrem Demokratieverständnis. 

Sind da irgendwo Zusammenhänge erkennbar? Wohl weniger. Weber ist ein herausragendes Beispiel für einen bestimmten Politikertypus. Bei diesem werden die Ursachen von Handlungen und Verlautbarungen selten offenbar, nur eines ist ganz sicher: Innere Überzeugungen und Prinzipien gehören definitiv nicht dazu. 

Fündig wird man bei der Suche nach Ursachen eher im Bereich persönlicher Karriereopportunitäten und der Gier nach – jeweils zeitgeistbedingtem – Beifall. Oder, für einen Politiker fast noch erschreckender, im Bereich einer ihm selbst nicht so recht bewussten Indienstnahme durch andere. Für Letzteres steht die EU-Spitzenkandidatur. Dass der in Regierungsämtern unerfahrene Weber Präsident werden würde, hatte außer ihm selbst wohl kaum jemand geglaubt. Möglicherweise war er von Anfang an als „Platzhalter“ für eine andere Lösung im Falle eines Wahlsieges vorgesehen. Für Webers Persönlichkeit spricht die peinliche Art und Weise, in der er sich nahezu widerspruchsfrei in seine alte Position zurückstellen ließ. Der Frau, durch die er ersetzt wurde, konnte er gar nicht schnell genug öffentlich seine Unterstützung zusichern.

Wetterfahnen, die sich bei Bedarf auch einholen lassen, sind auf der politischen Bühne gar nicht so selten. Sie tragen erheblich dazu bei, dass der Wähler sich nicht ernst genommen fühlt und anderweitige Neigungen entwickelt, sobald ihm eine Alternative geboten wird.