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04.10.19 / Der Hass-Vorwurf erstickt die Freiheit / »Hetzer«, »Spalter«, »Nazi«: Statt mit Argumenten zu kontern, wird Opposition mit maßlosen Kampfparolen niedergemacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-19 vom 04. Oktober 2019

Der Hass-Vorwurf erstickt die Freiheit
»Hetzer«, »Spalter«, »Nazi«: Statt mit Argumenten zu kontern, wird Opposition mit maßlosen Kampfparolen niedergemacht
Dirk Pelster

Bereits seit einigen Jahren ist er in aller Munde. Neben dem Klimawandel gilt er als eines der größten Übel unserer Zeit. Für einige ist er gar ein Verbrechen. Die Rede ist vom Hass. 

Der Hass soll die Gesellschaft spalten und sogar für zahlreiche Straftaten verantwortlich sein. Zu seiner Bekämpfung verabschiedete der Bundestag 2014 eigens ein Gesetz gegen Hasskriminalität. Auch das vom damaligen Justizminister Heiko Maas (SPD) initiierte Zensurgesetz von 2017 wurde mit seiner Eindämmung gerechtfertigt. In der Begründung des Regierungsentwurfes tauchte der Begriff „Hass“ daher nicht weniger als insgesamt 47 Male auf. 

Unvoreingenommenen Beobachtern ist dabei relativ früh klar geworden, dass diese Initiativen keineswegs darauf abzielen, allgemein den Umstand zu ächten, dass wohl die allermeisten Menschen tiefsitzende Gefühle der Abneigung gegenüber bestimmten anderen Menschen empfinden. Vielmehr geht es hier relativ eindeutig darum, das zunehmende Aufbegehren gegen den politischen Mainstream zu kriminalisieren. 

Als hasserfüllt gilt dem Gesetzgeber daher beispielsweise auch nicht, wer seinem Nachbarn seit Jahren in inniger Feindschaft verbunden ist und dies beständig äußert, sondern nur derjenige, der seine tatsächliche oder nur vermeintliche Ablehnung bestimmter besonders geschützter Minderheiten allzu deutlich zum Ausdruck bringt. Dabei ist es mittlerweile ausreichend, wenn jemand lediglich auf einzelne Missstände hinweist, die von Angehörigen solcher Minderheiten verursacht wurden. 

So hatte 2018 ein Facebook-Nutzer in dem sozialen Netzwerk einen Beitrag aus der Presse kommentiert, in dem über die Ermordung eines Offenburger Arztes durch Erstechen und die anschließende Festnahme eines tatverdächtigen Mannes berichtet wurde. Die Nationalität des Täters wurde in den Medien zunächst          – wie üblich – unterschlagen. In Anlehnung an ein dem vormaligen SPD-Vorsitzenden Martin Schulz zugeschriebenes Zitat, in dem dieser behauptet haben soll, dass das, was die „Flüchtlinge“ uns brächten, wertvoller als Gold sei, stellte der Kommentator die bloße Frage: „So, so, ein ,Mann‘ ... Messermord ... Goldstücke ...?“. Facebook sperrte daraufhin seinen Account. 

Das Landgericht Bremen bestätigte vor einigen Wochen die Entscheidung der Zensurabteilung des US-amerikanischen Konzerns. In ihrem Urteil stellten die Richter fest, dass die Bezeichnung „Goldstücke“ im Zusammenhang mit Asylsuchenden ein Fall von Hassrede sei. Für den unterlegenen Kläger dürfte es dabei nur wenig tröstlich gewesen sein, dass er wenigstens mit seiner ersten Vermutung Recht behalten sollte, denn der Messermörder war tatsächlich ein 2015 illegal eingereister Somalier. 

Das Urteil aus Bremen wird auf den Berliner Regierungsbänken Wohlgefallen ausgelöst haben, war es doch das erklärte Ziel des von dort aus auf den Weg gebrachten Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG), neue Möglichkeiten zu schaffen, die freie Meinungsäußerung auch unterhalb der in Deutschland ohnehin schon recht tief hängenden Strafbarkeitsgrenze stärker zu ahnden.

Vielmehr als in Straf- und Zensurgesetzen ist Hass jedoch ein wichtiges Attribut im medialen Betrieb geworden, mit dem sich politische Opponenten trefflich zunächst stigmatisieren und dann gänzlich ausschalten lassen. Wer aus Hass handelt oder redet, der ist schließlich von einem absolut destruktiven Gefühl durchdrungen. So jemand denkt nicht mehr rational und wenn doch, dann jedenfalls nur mit den übelsten Absichten. 

Für solche Personen hat der politische Mainstream noch eine weitere und ebenso hohle Zuschreibung ersonnen, den sogenannten „Menschenfeind“. Der Zweck, der mit einer solchen Etikettierung verfolgt wird, ist relativ simpel, denn wessen Motiv Menschenfeindlichkeit ist, auf dessen Argumente muss man nicht eingehen, der muss inhaltlich nicht widerlegt werden, und eigentlich darf man ihm gar nicht erst zuhören, könnte dieser diabolische Virus dann doch möglicherweise überspringen und einen selbst mit Hass infizieren. 

Die Erfindung derartig unbestimmter Phantombegriffe wie „Hassrede“ oder „Hasskriminalität“ ist daher faktisch eine Strategie zur Diskursunterdrückung, ähnlich wie der Nazivorwurf, der aufgrund seines bisher allzu inflationären Gebrauches heute etwas in den Hintergrund gerückt ist. Da die Bundesrepublik Deutschland jedoch formal als pluralistische Demokratie mit einem grundgesetzlich verbrieften Recht auf freie Meinungsäußerung verfasst ist und das herrschende Establishment nicht müde wird, genau diesen Umstand bei jeder sich bietenden Gelegenheit besonders zu betonen, steht es zugleich vor der Herausforderung, die gewollte Beschneidung von politischen Debatten nicht als solche offenbar werden zu lassen. 

Ist der Austausch von unterschiedlichen Ansichten eigentlich eine zwingende Voraussetzung dafür, um überhaupt von einer freien und demokratischen Gesellschaft zu sprechen, müsste man ansonsten eingestehen, dass man längst gar kein derart konstituiertes Gemeinwesen mehr sein will und auch keines mehr werden möchte. Aus dieser Zwick­mühle versucht man nun dadurch zu entkommen, dass man Kritiker als von Hass zerfressene Hetzer und somit als von unlauteren, gemeinschaftsschädlichen Motiven beseelte Subjekte darstellt. Funktionell gleicht diese Etikettierung der im offiziellen Stasi-Jargon für Oppositionelle gebräuchlichen Bezeichnung als „feindlich-negative Personen“. 

Die Parallelen zur untergegangenen DDR werden noch an einer anderen Stelle deutlich, denn das heute die politische Kultur in Deutschland dominierende Spitzenpersonal hat sich in seinem moralischen Rigorismus soweit von der Alltagswelt des normalen Bürgers entfernt, dass die Umdeutung von Kritik in Hass oder Hetze vor allem als Mechanismus zur Immunisierung der eigenen Ideologie gegenüber der Realität dient. Wer den Deutschen als Ausweg aus einer explodierenden Immigrantengewalt den lebensfremden Rat zur Einhaltung einer Armlänge Abstand erteilt, der ist zwingend auf diese Form des Selbstbetruges angewiesen, wo sich doch zwischenzeitlich selbst der Abstand von einer Schwert- oder einer Armlänge als nicht mehr hinlänglich erwiesen hat. 

In dieser Abschirmung vor der Wirklichkeit liegt dabei eine weitaus größere Gefahr als in der bloßen Unterdrückung anderer Meinungen. Wer Kritik als Hass und Kritiker als Hetzer abtut, der begibt sich der Möglichkeit zur eigenen Kurskorrektur und wird schnell zum politischen Geisterfahrer. Eine Lösung der eigentlichen Probleme wird damit nahezu unmöglich. 

Ginge es dem Mainstream zudem wirklich um die Eindämmung von Hass, ist die derzeitig verfolgte Strategie von Stigmatisierung und Ausgrenzung nicht nur als wenig erfolgversprechend zu bewerten. Sie ist vielmehr geradezu eine Garantie dafür, dass die gesellschaftlichen Gräben sich weiter vertiefen und die Ablehnung aufseiten der als „Menschenfeinde“ Gebrandmarkten noch rascher anwächst. 

Hass gilt in der Wissenschaft allgemein als emotionale Reaktion auf tiefgreifende oder langanhaltende Verletzungen, die der Betroffene weder abzuwehren noch zu bestrafen vermag. Wer die ausgrenzende Rhetorik des politisch-medialen Establishments vor dem Hintergrund dieser psychologischen Definition länger auf sich wirken lässt, der gelangt zu sehr erhellenden Einsichten über den Zustand unserer Demokratie. 

Ein Umdenken scheint hier nicht in Sichtweite zu sein. Was heute aus Kritikunfähigkeit, Bequemlichkeit und aus Gründen der Machterhaltung nur als Hass verleumdet wird, könnte daher im schlimmsten Falle tatsächlich recht bald in Hass umschlagen.