19.04.2024

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11.10.19 / Ein Denker-Gott / Vor 175 Jahren geboren: Friedrich Nietzsche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-19 vom 11. Oktober 2019

Ein Denker-Gott
Vor 175 Jahren geboren: Friedrich Nietzsche
H. Tews

Nach langer Wanderung schien Zarathustra am Silsersee im Schweizer Kanton Engadin am Ziel angekommen zu sein. Am Rande des Sees befindet sich ein Fels mit einer Inschrift: „Oh Mensch! Gieb Acht! Was spricht die tiefe Mitternacht?“

Die Worte stammen aus Fried­rich Nietzsches bekanntestem Werk „Also sprach Zarathustra“. Es sind die ersten Verszeilen eines Gedichts, das Gustav Mahler in seiner dritten Sinfonie vertont hat. Ja, der Philosoph Nietzsche war auch Dichter. Gedichtet hat er in einem Haus in Sils, das heute als Nietzsche-Museum sowie als Forschungsstätte dient. Hier hat Nietzsche seinen „Zarathustra“ geschrieben, und hier ist er wie sein Alter Ego Zarathustra nach langer Wanderung zum Gipfel der Erkenntnis gelangt. 

Seine Wanderung begann vor heute 175 Jahren, als er am 15. Oktober 1844, dem Geburtstag König Friedrich Wilhelms IV., im kleinen Ort Röcken – zwischen Naumburg an der Saale und Leipzig gelegen – als preußischer Staatsbürger der Provinz Sachsen geboren wurde. Über Bonn und Leipzig führte ihn sein Weg als Philosophiestudent, bis er in Basel eine Professur antrat. 

Doch wie Zarathustra, der als Einsiedler von den Bergen herabstieg und vom Volk verspottet wurde, als er diesem seine Er­kenntnisse mitteilen wollte, fühlte sich Nietzsche als philosophischer Prediger auf dem Katheder vor seinen Studenten unwohl. Er zog sich vom Lehrstuhl zurück und entdeckte auf dem Weg nach Venedig, wo er sich fünf Mal aufhielt und später auch mit in Thomas Manns Novelle „Tod in Venedig“ einfloss, den kleinen Bergort Sils an der Grenze zu Italien.

Hier war er in den Sommermonaten von 1881 bis 1888 ganz Zarathustra, der seine Philosophie vom „Übermenschen“ nur noch mit Geistesverwandten teilte. Lehrte er da noch, dass Gott tot sei, so war Nietzsche nach 1889 selbst geistig tot. Wegen einer syphilitischen Erkrankung vegetierte dieser Denker-Gott bis zu seinem Tod im Jahr 1900 in Weimar nur noch in geistiger Um­nachtung dahin.