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11.10.19 / Der Fuchs in der Wüste / Vor 75 Jahren sah sich Generalfeldmarschall Erwin Rommel zum Suizid gezwungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-19 vom 11. Oktober 2019

Der Fuchs in der Wüste
Vor 75 Jahren sah sich Generalfeldmarschall Erwin Rommel zum Suizid gezwungen
Jörg Koch

Als am 15. Oktober 1944 die Nachricht vom plötzlichen Tod des Generalfeldmarschalls Erwin Rommel über die Volksempfänger und Soldatensender ging, hielten Front und Heimat für einen Augenblick den Atem an. Der Name Rommel war eng verbunden mit entscheidenden Ereignissen des Zweiten Weltkrieges – mit Nordafrika und den Kämpfen in Frankreich. Nun, am 14. Oktober vor 75 Jahren, hatte sich der „Wüstenfuchs“ gezwungenermaßen das Leben genommen.

Erwin Rommels bleibende Bedeutung für die Deutschen liegt in der Abkehr von Adolf Hitler. Ohne diese Wandlung wäre er nur ein erfolgreicher deutscher General gewesen, dessen Name in der Kriegsgeschichte mit dem afrikanischen Kriegsschauplatz und der Festung Tobruk verbunden ist. Aber Rommel hatte die innere Kraft, sich aus hemmender Tradition sowie den ehernen Banden seines Soldatenberufs und seines Treueeids zu lösen, um für das Volk zu streiten. Seine Charakterstärke bewies er nicht allein auf den Schlachtfeldern zweier Erdteile, sondern vor allem mit seiner Gewissensentscheidung, Rebell gegen Hitler zu werden.

Erwin Rommel kam am 15. November 1891 in Heidenheim bei Ulm als Sohn eines Lehrers zur Welt. Noch nicht ganz 19 Jahre alt, begann im September 1910 mit dem Eintritt in das württembergische Heer in Weingarten seine Laufbahn als Berufssoldat. Zwei Jahre später, nach Ausbildung in der Truppe und Besuch der Kriegsschule Danzig, wurde er zum Leutnant befördert. 1914 stand der jetzt 23-Jährige erstmals am Feind. Während des Ersten Weltkrieges, den er an der Maas, bei Verdun und schließlich an der Isonzo-Front verbrachte, wurde er mit beiden Klassen des Eisernen Kreuzes sowie dem höchsten preußischen Tapferkeitsorden, dem Pour le mérite, ausgezeichnet.

Nach dem Waffenstillstand im November 1918 wurde der Hauptmann im Truppendienst der Reichswehr eingesetzt, und zwar zunächst als Kompaniechef in Stuttgart. Seit 1929 lehrte er an der Infanterieschule Dresden und erlebte dort 1933 die „Machtergreifung“ Hitlers. Rommel jedoch kümmerte sich als Offizier wenig um das politische Tagesgeschehen. 1935 ging er als Lehrgangsleiter an die Infanterieschule Potsdam, wo er bis 1938 unterrichtete.  In dieser Zeit entstand sein 1937 erschienenes Buch „Infanterie greift an“, in dem er anschaulich seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg und seine Militärstrategien schilderte. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 übernahm er noch im selben Jahr als Kommandeur die Kriegsschule Wiener Neustadt.

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde der zum Generalmajor beförderte Rommel zum Kommandanten des Führerhauptquartiers ernannt. Noch war er ein General unter vielen. Ab dem Winter 1939/40 hatte er die 7. Panzerdivision zu kommandieren. Mit ihr zog er in den Frankreichfeldzug. Dort begann der militärische Aufstieg des Infanteristen als Panzerführer. Rommel erhielt für seine Leistungen das Ritterkreuz, sein Name war inzwischen deutschlandweit bekannt. Doch seine größte Stunde als Soldat und Truppenführer sollte noch kommen.

Bir Hakeim und Tobruk – das waren Siege in Libyen, die Rommel zum jüngsten Generalfeldmarschall des deutschen Heeres machten. In der afrikanischen Wüste erwies er sich als taktischer Fuchs. Seit Februar 1941 war er Kommandierender General des Deutschen Afrikakorps (DAK), dem am 21. Juni 1942 mit der Einnahme von Tobruk ein Meisterstück gelang. Doch auf dem Weg zu den weiträumigen Zielen Ägyptens war die Niederlage schon programmiert. Denn gegen einen ganz speziellen Feind konnte der „Wüstenfuchs“ nichts ausrichten: das Ersatz- und Nachschubproblem.

Nach der Niederlage von El Alamein und der Abberufung vom Kriegsschauplatz Nordafrika erhielt Rommel den Oberbefehl über die Heeresgruppe B. Sein Operationsgebiet war zunächst Norditalien, danach die westliche Invasionsfront mit dem Atlantikwall, wo er am 17. Juli 1944 von Tieffliegern getroffen und schwer verwundet wurde. Wenige Tage vorher hatte er an Hitler per Fernschreiben eine Denkschrift geschickt, in der er die taktische und operative Lage an der Front schonungslos schilderte und Waffenstillstandsverhandlungen forderte. Weil aber die Antwort auf das Schreiben ausblieb, arbeitete der Generalfeldmarschall einen Aktionsplan aus, der die Beendigung des Krieges im Westen durch einen Waffenstillstand mit den Generälen Dwight D. Eisenhower und Bernard Montgomery ohne Kontakt mit Hitler vorsah.

Am 20. Juli 1944 brachte Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der im März 1943 als Generalstabsoffizier in der 10. Panzer-Division den Rückzug der Armee Rommels vor den Alliierten in Nordafrika unterstützt hatte, einen Sprengkörper im Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ bei Rastenburg in Ostpreußen zur Explosion. Die Tat, die in ihrem Ziel Rommels Absichten entsprach, sollte auch für ihn das Signal zum Handeln geben. Doch er lag zu dieser entscheidenden Stunde schwerstverwundet im Luftwaffenlazarett Bernay.

Anfang August 1944 ließ sich Rommel in seine schwäbische Heimat bringen, in der er sich von seinen Verletzungen erholen wollte. Die Führung über die Heeresgruppe war ihm entzogen. Der deutschen Öffentlichkeit gegenüber blieb dies jedoch verborgen. Über den populärsten General der Wehrmacht hieß es lediglich, er habe einen Autounfall gehabt. 

Der „Wüstenfuchs“, schon seit Wochen von der Gestapo überwacht, wurde Anfang September in die Führerreserve versetzt. Am 7. Oktober befahl man ihn zu einer „wichtigen Besprechung“ ins Führerhauptquartier, doch Rommel folgte dem Rat seiner Ärzte und sagte ab. Sieben Tage später erschienen in seinem Haus in Herrlingen bei Ulm zwei Generale, der Chefadjutant des Oberkommandos der Wehrmacht bei Hitler, Wilhelm Burgdorf, und der Chef der unter anderem für Ehren- und Gerichtsverfahren zuständigen Amtsgruppe P 2 im Heerespersonalamt, Ernst Maisel, vorgeblich, um mit ihm über seine weitere militärische Verwendung zu reden. In diesem Gespräch jedoch stellten die Besucher den Generalfeldmarschall auf Befehl Hitlers vor die Wahl, entweder Selbstmord zu begehen, dann werde für seine Familie gesorgt, oder aber wegen seiner Forderung vom Juli 1944 nach Waffenstillstandsverhandlungen mit den Westmächten und seiner Beziehungen zu Kreisen des Widerstands als Verräter vor den Volksgerichtshof gestellt zu werden. Rommel, durch und durch Offizier und besorgt um seine Frau Lucie und seinen Sohn Manfred, entschied sich für die von General Burgdorf mitgebrachte Zyankaliampulle.

Einen Tag, nachdem sich Hitler auf diese Weise des „Wüstenfuchses“ entledigt hatte, teilten Presse und Rundfunk Rommels Tod mit. In den entsprechenden Nachrichten hieß es, er sei an den Folgen seiner schweren Kopfverletzung bei einem Autounfall gestorben. 

Von nun an sollte die Frage nach der wahren Todesursache nicht mehr verstummen. Hitler war sich der Gefahr bewusst, die ein Aufdecken der tatsächlichen Todesumstände für ihn und sein System bedeutet hätte. So mussten geheuchelte offizielle Trauer und ein feierlicher Staatsakt am 18. Oktober in Ulm herhalten, die Zweifler zum Schweigen zu bringen. Rommels Leichnam wurde eingeäschert und die Asche auf dem Gemeindefriedhof Herlingen beigesetzt, sein Grab besteht noch immer.

Heute erinnern neben rund 30 Straßen die Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne in Augustdorf bei Paderborn und die Rommel-Kaserne in Dornstadt bei Ulm an einen ehrgeizigen Offizier, der sich vom einstigen Bewunderer Hitlers zu dessen Gegner wandelte.