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18.10.19 / Machtwechsel im Kosovo / Zwei bisherige Oppositionsparteien setzten sich bei der Wahl durch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-19 vom 18. Oktober 2019

Machtwechsel im Kosovo
Zwei bisherige Oppositionsparteien setzten sich bei der Wahl durch
Peter Entinger

Das Kosovo wendet sich von den Milizenführern ab, ein Machtwechsel vollzieht sich: Bei den Wahlen haben sich zwei bisherige Oppositionsparteien durchgesetzt. Ob dies zur dauerhaften Befriedung führt, ist aber ungewiss. 

Der Wahlerfolg der Opposition ist relativ einfach erklärt. Sie hatte versprochen, was die Bevölkerung erwartet: Arbeitsplätze, soziale Absicherung, Modernisierung des Gesundheits- und Bildungssystems sowie eine tiefgreifende Veränderung der politischen Kultur und eine Annäherung an Europa. Rund 200000 junge Kosovaren, etwa zwölf Prozent der Gesamtbevölkerung, haben in den vergangenen fünf Jahren das Land verlassen, um in Europa oder Übersee eine Existenz aufzubauen. Zwei Jahrzehnte lang wurde das Kosovo fast ausschließlich von den ehemaligen Angehörigen der kosovarischen Befreiungsarmee UCK regiert. Sie waren korrupt, versorgten ihre Familien- und Freundesclans mit Posten und stehen unter Verdacht, schwere Kriegsverbrechen begangen zu haben. 

Die Wahl wurde erforderlich, weil der seit 2017 amtierende Regierungschef Ramush Haradinaj im Juli zurückgetreten war. Er musste sich einer Befragung durch das Kosovo-Sondergericht in Den Haag unterziehen. Gegen den ehemaligen regionalen Kommandeur der Aufstandsmiliz UCK stehen Anschuldigungen wegen Kriegsverbrechen in den 1990er Jahren im Raum. 

Nach dem Sieg der Opposition bei der Parlamentswahl Anfang Oktober bekam der Führer der linksnationalistischen Vetevendosje (Selbstbestimmung), Albin Kurt, den Auftrag zur Regierungsbildung. Seine Partei erreichte rund 26 Prozent. Dicht dahinter folgte die moderat-konservative Demokratische Liga des Kosovo (LDK), deren Spitzenkandidatin, die Juristin Vjosa Osmani, auf 24,9 Prozent der Stimmen kam.

Kurt sagte; „Wir haben die Republik vor der Geiselnahme durch die Politik gerettet. Heute haben wir diesem Drama ein Ende bereitet.“ Er werde sich um eine rasche Regierungsbildung bemühen und die LDK dazu einladen. Der 44-jährige Wahlsieger ist jedoch nicht unumstritten. Auslandskorrespondenten berichten, früher sei er durch eine neomarxistische, anti-westliche und nationalistische Rhetorik aufgefallen. In der Zeit der internationalen Verwaltung bewarfen er und seine Gefolgsleute Fahrzeuge und Gebäude mit Farbbeuteln. Im Parlament zündeten seine Abgeordneten gelegentlich Tränengasgranaten. Zuletzt trat er deutlich gemäßigter auf. Die Regierungsbildung gestaltet sich im Kosovo traditionell schwierig. Grundlage ist immer noch das durch die internationale Gemeinschaft vor 2008 beschlossene Wahlrecht: Nur 100 der 120 Sitze werden nach dem Prinzip der Proportionalität vergeben. 20 Sitze sind für ethnische Minderheiten reserviert. Den Serben stehen zehn Sitze zu. Möglicherweise werden die bisherigen Oppositionsparteien zusammen keine Mehrheit im Parlament haben und weitere Koalitionspartner benötigen.

Das Kosovo ist heute noch ein internationaler Zankapfel, obwohl es fast ausschließlich von Albanern bewohnt wird. Von 1999 bis 2008 verwaltete die UN-Mission Unmik das Land. Bis zum Zerfall Jugoslawiens hatte das Kosovo den Status einer autonomen Provinz Serbiens, anschließend herrschte Bürgerkrieg, weil sich Aufständische gegen den Machtanspruch Serbiens wehrten. Russland, China und fünf EU-Länder erkennen die 2008 erklärte Unabhängigkeit des Kosovo bis heute nicht an.