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18.10.19 / Vorreiter beim E-Auto / Die skandinavischen Königreiche wollen dem Verbrennungsmotor an den Kragen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-19 vom 18. Oktober 2019

Vorreiter beim E-Auto
Die skandinavischen Königreiche wollen dem Verbrennungsmotor an den Kragen
N. Hanert

Immer mehr deutsche Großstädte beginnen, Dieselfahrverbote durchzusetzen. Eine Initiative der dänischen Regierung könnte in einigen Jahren sogar zu einem Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren führen. 

Im dänischen Parlament kündigte Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen bereits vergangenes Jahr an, den Verkauf von diesel- oder benzinbetriebenen neuen Personenkraftwagen bis zum Jahr 2030 auslaufen zu lassen. Später sollen dann sogar Hybridfahrzeuge von Dänemarks Straßen verschwinden. Bis 2035 solle jeder Neuwagen in Dänemark elektrisch oder in anderer Weise emissionsfrei betrieben werden, so der Plan von Rasmussen.

Allerdings gibt es bei dem, was der Politiker der liberalen Partei „Venstre – Danmarks Liberale Parti“ im Parlament als seine Vision bezeichnete, einen juristischen Haken. Beschlösse Dänemark im Alleingang ein Verkaufsverbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotoren, verstieße dies gegen geltendes EU-Recht. 

Ein Lösungsansatz für dieses Dilemma könnte insbesondere für die deutsche Automobilindustrie weitreichende Folgen haben. Die   dänischen Pläne könnten nämlich mit einem EU-weiten Verkaufsverbot von diesel- oder benzinbetriebenen Neuwagen Rechtssicherheit erhalten. 

Alternativ könnte Dänemark aber auch versuchen, mit der Unterstützung weiterer EU-Länder in Brüssel eine Ausnahmeregelung durchzusetzen. Diese würde es dann Einzelstaaten erlauben, ein Verbrenner-Verbot einzuführen. Laut Angaben des sozialdemokratischen Umweltministers Dan Jörgensen kann Dänemark bei seinem Vorstoß auf Unterstützung von zehn weiteren Mitgliedsstaaten bauen.

Tatsächlich hat sich auch schon Schwedens ebenfalls sozialdemokratischer Ministerpräsident Stefan Löfven in einer Regierungserklärung dafür ausgesprochen, in seinem Land den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren ab 2030 auslaufen zu lassen. Auch aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Irland und Schottland sind bereits Verbotspläne für Verbrennungsmotoren bekannt geworden.

In Deutschland hat der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, einen Ausstieg aus der Verbrennungsmotorentechnik bis 2025 gefordert. Auch in Norwegen fordert der starke Lobbyverband der Elektroautobesitzer schon ab dem Jahr 2025 ein landesweites Verbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor. 

Das Land ist zwar kein EU-Mitglied, ein Verbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren hätte aber eine erhebliche Symbolwirkung. Das skandinavische Land mit rund fünf Millionen Einwohnern gilt nämlich weltweit als Vorreiter bei der Elektromobilität. Vergangenes Jahr lag der Marktanteil von reinen Elektroautos und Plug-in-Hybriden bei 49 Prozent. Erreicht wurde dieser Anteil mit einer starken Benachteiligung von Käufern herkömmlicher Autos und massiven Vorteilen für die Nutzer von Elektroautos. Norweger, die sich für den Kauf eines E-Autos entscheiden, brauchen weder die Mehrwertsteuer von 25 Prozent zu zahlen noch die sonst übliche Sondersteuer für Autokäufer.

Hinzu kamen bislang Privilegien bei der Osloer City-Maut und den Parkgebühren sowie die Berechtigung, mit E-Autos Busspuren nutzen und in Oslo an Ladesäulen Strom kostenlos laden zu können. Mit diesem Füllhorn an Anreizen ist die Zahl von E-Autos in Oslo bis Ende 2018 auf einen Anteil von zwölf Prozent aller Fahrzeuge angestiegen. 

Allerdings sind Zweifel angebracht, ob sich das norwegische Modell auf andere Länder übertragen lässt. Norwegen gehört zu den wohlhabendsten Ländern der Welt. Der Wohlstand des mit großen Gasvorkommen gesegneten Königreiches Norwegen liegt deutlich über dem von EU-Ländern. So würde Oslos Anreiz-Politik zur Durchsetzung von Elektroautos die finanziellen Möglichkeiten vieler Staaten überfordern. Für viele Norweger stellen die deutlich höheren Anschaffungskosten für E-Autos kein Problem dar. Auch ermöglicht es der nationale Wohlstand vielen norwegischen Käufern von Elektroautos, sich nebenher weiterhin einen herkömmlichen Personenkraftwagen zu halten für die Fälle, in denen lange Strecken zurückgelegt werden müssen. Auf die E-Autos wird dann nur zurückgegriffen, um in Oslo die eingeräumten Privilegien nutzen zu können. 

Das Vorhaben der dänischen Regierung, ein EU-weites Verbot für die Neuzulassung von Autos mit Verbrennungsmotoren bis 2030 durchzusetzen, dürfte vermutlich an Ländern wie Deutschland, Frankreich und Italien scheitern, die immer noch über starke Autoindustrien verfügen. Kopenhagens Vorstoß, Verbote auf nationaler Ebene einführen zu dürfen, hat dagegen recht gute Erfolgsaussichten. Noch das alte EU-Parlament hatte sich im vergangenen Jahr beispielsweise auf eine drastische Verschärfung der Kohlendioxidgrenzwerte für Neuwagen verständigt. Die Abgeordneten forderten eine Senkung der Werte um 40 Prozent von 2020 bis 2030. Zudem wurden die Autobauer aufgefordert, bis 2030 mindestens 35 Prozent Autos mit geringem oder gar keinem Kohlendioxidausstoß zu verkaufen. 

Der europäische Autoherstellerverband Acea sprach angesichts solcher Forderungen von einer notwendigen „dramatischen Umwandlung in Rekordzeit“. Der deutsche Verband der Automobilindustrie (VDA) äußerte die Hoffnung, dass sich „Positionen durchsetzen werden, die durch Vernunft und Augenmaß geprägt sind“.

Sollte sich in den kommenden Jahren eine Politik durchsetzen, die ein Verkaufsverbot von Neuwagen mit Diesel- und Benzinmotor oder gar ein Zulassungsverbot beinhaltet, könnten die großen Autobauer insgesamt so unter Zugzwang geraten, dass sie die Weiterentwicklung von Motoren und weiteren Automodellen einstellen. Ganz offen ist in diesem Zusammenhang vonseiten sogenannter Klimaschutzaktivisten von einer „regulatorischen Stellschraube“ und einem „industriepolitischen Hebel“ die Rede.