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18.10.19 / Verpasst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-19 vom 18. Oktober 2019

Verpasst
Erik Lommatzsch

Die SPD ist am Ende. In den Worten des „Forsa“-Gründers Manfred Güllner: „Die SPD ist in der Auflösung begriffen. Ein neuer Vorsitzender wird das nicht ändern.“

Es dürfte schwerfallen, dieser These des langjährigen Chefs eines renommierten Meinungsforschungsinstituts zu widersprechen. In der „Sonntagsfrage“ bezüglich der Bundestagswahl erreicht die SPD derzeit nur selten die 15-Prozent-Marke, die Werte tendieren eher in Richtung des einstelligen Bereichs. Auch in den Ländern macht sich der freie Fall der Partei bemerkbar. In der – einstigen – sozialdemokratischen Hochburg Bremen kam sie bei den Wahlen im Mai hinter die CDU, erreichte aber trotz großer Verluste immerhin noch knapp 25 Prozent. Anderswo ist sie von derartigen Ergebnissen weit entfernt, in Sachsen waren es im September gerade einmal 7,7 Prozent. 

Es ist noch gar nicht so lange her, da machten die Spitzenkandidaten von Union und SPD den Kampf um das Amt des Regierungschefs wie selbstverständlich unter sich aus. Diesbezügliche Möglichkeiten scheinen für die SPD stetig in weitere Ferne zu rücken, ein letzter Halt wird in Koalitionen mit immer mehr Partnern gesucht.

Überzeugendes Spitzenpersonal hat die SPD nicht mehr aufzubieten. Frank-Walter Steinmeier bescherte seiner Partei bereits bei der Bundestagswahl 2009 ein ka-tastrophales Ergebnis von nur 23 Prozent. Kandidat Peer Steinbrück war 2013 von Anfang an sichtlich lustlos, und Martin Schulz unterbot Steinmeier 2017 noch einmal um 2,5 Prozent. Von ihrer Vorsitzenden Andrea Nahles war die eigene Partei so wenig angetan, dass sie ihr im Juni nach gerade mal einem reichlichen Jahr die Tür wies. Bezeichnend ist, dass der Posten des Parteivorsitzenden, der zumindest früher die Kanzleroption beinhaltete, inzwischen offenbar so unattraktiv ist, dass keiner der drei derzeit kommissarischen Vorsitzenden Interesse angemeldet hat. In einem langwierigen, sich noch bis Dezember erstreckenden Abstimmungsverfahren wird nun eine neue „Doppelspitze“ bestimmt. Viele Bewerber sind der breiteren Öffentlichkeit unbekannt. 

All dies sind jedoch eher Symptome des Niedergangs der Partei. Die Ursachen liegen tiefer. Güllner diagnostiziert, die SPD habe die „Mitte verloren“ und schwenke „immer weiter nach links“. Das ist fraglos ein Aspekt. Zu ergänzen wäre, dass das äußere linke Feld bereits besetzt ist, das Zeitgeistfeld erst recht. Vor allem aber hat die SPD ihr wichtigstes Klientel im Stich gelassen. Dies ist nicht mehr unbedingt der „klassische“ Arbeiter, allerdings der sozial schwächer Gestellte oder der „Schlechterverdienende“.

Der FDP haftet das Etikett „Partei der Besserverdienenden“ an. Die Liberalen fühlen sich damit seltsam unwohl, obwohl es sich durchaus um eine berechtigte Interessenvertretung handelt. Wesentliche Aufgabe der SPD wäre es gewesen, langfristig und nicht nur gegenüber der FDP, als große „Partei der Schlechterverdienenden“ aufzutreten. Platz verlassen, Wähler und Zukunft verpasst.