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18.10.19 / Tätowierter Jesus / Kontrastreiches Nebeneinander im Bamberger Diözesanmuseum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-19 vom 18. Oktober 2019

Tätowierter Jesus
Kontrastreiches Nebeneinander im Bamberger Diözesanmuseum
Veit-Mario Thiede

Das Bamberger Diözesanmuseum beherbergt bis zu 1000 Jahre alte sakrale Schätze von Weltrang. Sie haben unter dem Motto „Der Funke Gottes!“ Besuch von zeitgenössischen Werken bekommen. Die stammen von 60 internationalen Künstlern. Zum Motto äußert Kurator Alexander Ochs: „Wir sind überzeugt, dass jedes gute Kunstwerk einen spirituellen Antrieb in sich trägt. der sich dem Publikum mitteilt. Diesen nennen wir den Funken Gottes.“

Das heißt allerdings nicht, dass alle Gastwerke religiösen Charakter haben. Ai Weiwei etwa fällt mit einer 2000 Jahre alten Vase aus China auf, die er 2017 mit dem roten Coca-Cola-Schriftzug „verschönert“ hat. Inmitten von Ho­stienbehältern und Reliquiaren wirkt sie wie ein Fremdkörper.

Harmonisch reihen sich hingegen Karsten Konrads „Torno“ betitelte Stelen in die Gruppe der kunstvoll gestalteten Prozessionsstäbe (18. Jahrhundert) der Bamberger Zünfte ein. Und doch un­terscheiden sie sich deutlich voneinander: Konrad hat Vasen und anderen ausrangierten Hausrat aufgestapelt, um ihnen zu Würde und Schönheit zu verhelfen.

Zwei Christusdarstellungen, die fast 900 Jahre auseinanderliegen, bilden ein irritierendes Nebeneinander. Das mit 83 Zentimetern außergewöhnlich große romanische Kruzifix aus Elfenbein (um 1130/40) ist eines der eindrucksvollsten Werke der Sammlung. Der Körper des wie schlafend wirkenden Gekreuzigten ist bis auf die Handwunden makellos. Ob man das auch vom neben ihm hängenden Schmerzensmann behaupten will, ist Geschmackssache. Gemalt hat ihn Marianna Gartner. Titel: „Tattooed Jesus“ (2004). Einerseits erscheint es respektlos, dass Gartner den Körper Jesu mit zahlreichen Tätowierungen „verschandelt“ hat. Andererseits wirkt ihr Gemälde wie eine moderne Votivgabe (Weihegeschenk) in der Tradition der Hervorbringungen der Volksfrömmigkeit, wie sie noch heute in vielen Kapellen zu finden sind.

Weltberühmt ist das Museum für seine von Kaiser Heinrich II. und seiner Gemahlin Kunigunde an den Bamberger Dom gestifteten Mäntel. Die Goldstickerei des viel bewunderten „Sternenmantels“ (um 1020) zeigt Christus als Weltenherrscher, umgeben von den zwölf Sternzeichen. Vor den Prunkmänteln des als Heilige verehrten Kaiserpaares liegt ein mitleiderregendes Wesen. Seine Au­genhöhlen sind leer, der Oberkörper weist Schnittwunden auf. Die japanisch-schweizerische Malerin Leiko Ikemura wählte für ihre Bronzeskulptur einen Titel, der uns alle betrifft: „Memento mori – Sei dir der Sterblichkeit bewusst.“

So ungewöhnlich wie die Schau ist die „Ausschilderung“ der Exponate. Sie besteht nur aus Nummern, um dem Publikum eine unverstellte Annäherung an die Werke zu ermöglichen. Deren Erläuterung liefert dann das Begleitheft.


Bis 10. November im Diözesanmuseum Bamberg, Domplatz 5, geöffnet Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr, Eintritt 10 Euro. Internet: www.dioezesanmuseum-bamberg.de