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25.10.19 / Klima: Pendler als Zahlmeister / Das Klimapaket der Bundesregierung trifft den ländlichen Raum besonders hart

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-19 vom 25. Oktober 2019

Klima: Pendler als Zahlmeister
Das Klimapaket der Bundesregierung trifft den ländlichen Raum besonders hart
Norman Hanert

Mit ihrem Klimapaket will die Bundesregierung die Kosten für Öl, Gas, Benzin und Diesel steigen lassen. Trotz der Erhöhung der Pendlerpauschale drohen durch die Klima-Beschlüsse weitreichende Folgen für Millionen Arbeitnehmer und insbesondere für die Menschen im ländlichen Raum.

Welche Brisanz in der geplanten Verteuerung der Treibstoffpreise liegt, macht das Beispiel des Flächenlandes Brandenburg deutlich. Dort hat die Zahl von Berufspendlern einen neuen Höchstwert erreicht. Nach Angaben der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) haben im vergangenen Jahr rund 376000 Brandenburger auf dem Weg zur Arbeit regelmäßig die Grenzen ihrer Region verlassen. Zum Vergleich: Das Amt für Statistik weist insgesamt rund 1,15 Millionen Erwerbstätige für das Land aus. 

Laut  IG BAU ist die Zahl der märkischen Pendler seit dem Jahr 2000 um 32 Prozent angestiegen. Bereits Anfang des Jahres hatte die Landes-Arbeitsagentur Daten vorgelegt, die belegen, dass Brandenburg gemessen an der Bevölkerungszahl sogar bundesweit die Region mit den größten Pendlerströmen ist.  

Rudi Wiggert, der Bezirksvorsitzende der IG BAU Mark Brandenburg, spricht angesichts der Entwicklung von einem „alarmierenden Trend“. Als eine Hauptursache sieht der Gewerkschafter den Mangel an günstigen Wohnungen in den Groß- und Universitätsstädten. „Aber genau dort sind in den letzten Jahren besonders viele Jobs entstanden“, so Rudi Wiggert.

Der Pendler-Boom betrifft längst nicht nur Brandenburg: Auch aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und anderen Bundesländern werden neue Rekordzahlen gemeldet. Nach Daten der Bundesagentur für Arbeit pendeln bundesweit 39 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten entweder in eine andere Stadt oder in einen anderen Kreis zu ihrem Arbeitsplatz. Ursache sind in vielen Fällen die hohen Mieten und Immobilienpreise in größeren Städten. 

Die zusätzlichen Belastungen, die das Klimapaket für die vielen Pendler mit sich bringt, will die Bundesregierung mit einer Erhöhung der Pendlerpauschale entschärfen. Diese soll für die Jahre 2021 bis 2026 ab dem 21. Kilometer von 30 auf 35 Cent ansteigen. Steuerlich geltend gemacht werden kann allerdings nur die einfache Entfernung. Auf eine minimale Entlastung können somit nur wirkliche Fernpendler hoffen.

Nicht nur aus diesem Grund kommt die Erhöhung der Pendlerpauschale einem kosmetischen Pflästerchen gleich: Den Pendlern droht nämlich, dass über den relativ langen Zeitraum bis 2026 die Kosten für Benzin und Diesel kräftig anziehen, während der bereits jetzt festgelegte Pauschalbetrag die künftige Preisentwicklung nur teilweise abfedert.

Oft übersehen wird in der Diskussion, dass nicht nur Pendler bei steigenden Treibstoffkosten weniger im Geldbeutel haben. In der Logistik spielen Dieselfahrzeuge die Hauptrolle, ebenso in der Landwirtschaft. Deren steigende Kosten werden mindestens teilweise an die Verbraucher weitergereicht. Allein die geplante Verteuerung des Dieselpreises hat daher das Potenzial, deutschlandweit die Preise auf breiter Front steigen zu lassen.

Zusätzlich müssen viele Deutsche  außerhalb größerer Städte für Einkauf, Freizeitgestaltung oder Ausbildung im Schnitt längere Strecken zurücklegen. Gleichzeitig ist das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln oft nur spärlich. Dementsprechend wichtig ist in diesen Regionen das Auto.

Zumindest Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer scheint die Brisanz des Problems erkannt zu haben. Gegenüber der „Bild am Sonntag“ warnte der CDU-Politiker: „Die Leute werden sich über die Konsequenzen und Mehrbelastungen von bis zu 15 Cent für Benzin und Diesel sowie Heizöl erschrecken.“ Die Menschen im ländlichen Raum, die auf das Auto angewiesen seien, würden die Erhöhung „als Abzocke empfinden“, so Kretsch­mer. Mit Blick auf die Beschlüsse zum Klimapaket sprach er von „sehr rabiaten Maßnahmen“, für die ein breiter gesellschaftlicher Diskurs notwendig gewesen wäre. 

Skepsis klingt auch beim NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) durch: Speziell an die Adresse der Grünen gerichtet, verteidigte er die Erhöhung der Pendlerpauschale: „Es können und wollen doch nicht alle Menschen nach Berlin, Hamburg oder Düsseldorf ziehen.“ Laschet weiter: „Das Ziel muss sein, dass die Menschen überall gut leben können, gerade im Umfeld der Städte, gerade im ländlichen Raum.“ 

Welche Bedeutung die Regionen außerhalb der Millionenmetropolen und Großstädte in Deutschland noch immer haben, wurde unlängst auf einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Cottbus deutlich. Geladen war Professor Klaus Friedrich, der an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg lehrt. Der Sozialgeograf wies darauf hin, dass nach Daten des Landkreistages noch immer mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen in Deutschland in ländlichen Regionen lebt.