26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
25.10.19 / Spaniens Pendant zum Louvre / Vor 200 Jahren schuf König Ferdinand VII. das Museo del Prado nach französischem Vorbild

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-19 vom 25. Oktober 2019

Spaniens Pendant zum Louvre
Vor 200 Jahren schuf König Ferdinand VII. das Museo del Prado nach französischem Vorbild
Markus Matthes

Das Museo del Prado in Madrid zog im vergangenen Jahr fast 2,9 Millionen Besucher aus aller Welt an. Anlässlich des 200. Jubiläums der namhaftesten spanischen Kunsthalle am 19. November zeigt die Sonderausstellung „Ein Ort der Erinnerung“ 168 Originale – 34 davon aus anderen Einrichtungen im Inland sowie den Vereinigten Staaten, Deutschland, Frankreich, Ungarn, Israel, Großbritannien, und Russland – von Pierre-Auguste Renoir, Édouard Manet, William Merritt Chase, Pablo Picasso, Avigdor Arikha, Eduardo Rosales, Antonio Saura und Jack­son Pollock mit dokumentarischen Bild- und Tonquellen. Plakate, Pläne, Grafiken, Fotografien sowie audiovisuelle Installationen mit 400 digitalisierten Dokumenten runden das Ganze ab. Zusätzlich sind in den letzten zwölf Monaten für jeweils rund einen Monat Werke wichtiger einhei­mischer Künstler an verschiedenen Orten in allen autonomen Gemeinschaften auf der Halbinsel – außer Madrid – sowie den zum Königreich Spanien gehörenden Städten Ceuta und Melilla in Nordafrika ausgestellt worden. 

Das 2015 begonnene Projekt „El Prado auf der Straße“ hatte erst in den mittelamerikanischen Hauptstädten von Honduras, El Salvador und Guatemala, Tegucigalpa, San Salvador und Ciudad de Guatemala, für das Museum geworben. Vergangenes und dieses Jahr bereiste diese Wanderausstellung ganz Spanien, um die einigende Wirkung der Kunst zu unterstreichen. Dank der Leihgaben aus dem Rijksmuseum in Amsterdam kam eine weitere bemerkenswerte Veranstaltung zustande: „Velázquez, Rembrandt, Vermeer. Ähnliche Sichtweisen in Spanien und Holland“. Die Ausstellung „Stimmen aus dem Prado: eine mündliche Überlieferung“ erzählt die Geschichte des Museums in den letzten 80 Jahren. 

Heutzutage beherbergt das Haus fast 4900 Bilder, darunter die weltweit größte und wertvollste Sammlung spanischer Malerei von der Romanik bis zum 19. Jahrhundert, die berühmtesten Werke der flämischen und italienischen Schule sowie bemerkenswerte Beispiele deutscher, französischer und englischer Kunst. Neben vielen weiteren Gemälden von unschätzbarem Wert sind hier „Las Meninas“ (Die Hoffräulein) von Diego Velázquez, ein Selbstporträt mit der Familie von König Phi­lipp IV, „La maja vestida“ (Die bekleidete Maja) und „La maja desnuda“ (Die nackte Maja) von Francisco de Goya, „Bildnis eines Edelmannes mit der Hand auf der Brust“ von El Greco, „Der Garten der Lüste“ von Hieronymus Bosch und „Die drei Grazien“ von Peter Paul Rubens ausgestellt. Dazu kommen Zeichnungen, Münzen, Medaillen, Skulpturen, Gravuren sowie luxuriöse Einrichtungsgegenstände. 

Im Zuge von Aufklärung, Nationalismus und Emanzipation des Bürgertums setzte sich auch in Spanien langsam die Idee einer Inventur des künstlerischen Reichtums der Nation durch. Der Zugang zur Kunst sollte kein Privileg des Adels mehr sein, sondern allen gesellschaftlichen Schichten offenstehen. Die Eröffnung reihte sich ein in die europaweite Gründung von heutigen Spitzenmuseen, wie des Louvre in Paris 1793, die der National Gallery in London 1824 oder die der Gemäldegalerie in Berlin 1830. Zu Beginn stammten alle Exponate aus königlichem Besitz und von spanischen Meistern, die bis dahin in diesem schlecht vertreten waren. 

Der Feldzug Napoleons auf der iberischen Halbinsel von 1807 bis 1814, die Enteignung der Kirchengüter ab 1835 sowie allgemeine wirtschaftliche Schwierigkeiten hatten zu einer Aufteilung, wenn nicht Vernichtung wichtiger spanischer Sammlungen geführt. Viele Objekte aus dem Goldenen Zeitalter Spaniens aus Klöstern und dem Besitz von Aristokraten gingen ins Ausland, auch an privat. Paradoxerweise trat gerade dadurch der gewünschte Effekt ein. Außerhalb Spaniens kaum bekannte Maler nahmen nach und nach den ihnen in Europa gebührenden Platz ein. Die liberale Revolution 1868 brachte dann die Verstaatlichung der bis dahin dem Königshaus unterstehenden Institution. Der Grundstein für die große Kollektion von El Greco wurde 1872 durch die Fusion mit dem Museo Nacional de la Trinidad gelegt. 

Erst 1898, durch die Eröffnung des bis 1971 bestehenden Museums für Moderne Kunst, in das man die Werke damals lebender Autoren verlagerte, wurde El Prado zu einem Ort „klassischer“ Exponate. Entsprechend feierte man 1899 den 300. Geburtstag von Velázquez. Ab 1912 schaffte ein neuer Stiftungsrat aus Politikern, Sammlern und Historikern weitere Schätze aus dem Mittelalter und der Renaissance an. Das „Fahrende Museum“ brachte ab 1933 Kopien von Kunstwerken in die entlegensten Ecken des Landes. Während des Spanischen Bürgerkrieges gelangten viele Bilder nach Valencia, den Sitz der republikanischen Regierung ab November 1936. Später kamen sie nach Genf zum Völkerbund, der sie bald an den Sieger des Bürgerkriegs Francisco Franco zurück­gab. Auch erhebliche Schenkungen von Privatleuten seit Mitte des 20. Jahrhunderts erwiesen sich als Glücksfall.