18.04.2024

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25.10.19 / Königsberg – Ein neuer Morgen / Dritter Teil eines Berichtes von Jörn Pekrul

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-19 vom 25. Oktober 2019

Königsberg – Ein neuer Morgen
Dritter Teil eines Berichtes von Jörn Pekrul

Jörn Pekrul hat einen wunderbaren und reichbebilderten Bericht über seine Reise nach Königsberg in der Ausgabe 2/2019 des „Preussen Kuriers, Heimatnachrichten für Ost- und Westpreußen in Bayern“ veröffentlicht, den die Preußische Allgemeine Zeitung dankenswerterweise in einem Mehrteiler abdrucken darf. Hier nun der dritte Teil.

Kant trotzt übrigens weiterhin tapfer den Tauben, die sein Denkmal am Paradeplatz nicht in seiner vollen Kunstfertigkeit zu würdigen wissen. Ein anderer Jemand, der oder die offenbar ebenfalls einen sehr speziellen Sinn für Kunst hatte, verpasste Kant zum Jahresende 2018 eine rosa Schürze. Ein Farbanschlag, der in einer aufgeregten Stimmung entstand, als die Idee einer Benennung des neuen Flughafens in Powunden auch den Namen Kant ins Spiel brachte. Verwirrt und ratlos nahm die internationale Presse von dem Vorfall Kenntnis. Die Königsberger Stadtverwaltung hat danach zu Recht klargestellt, dass diese Art der künstlerischen Auseinandersetzung in Königsberg genauso unüblich ist wie in Berlin oder anderswo.

Im Kontrast zu dem rüden Farbanschlag berührt eine andere Geste, die in keiner Meldung aufgenommen wurde: Im Innenhof eines Bürogebäudes auf den Hufen stand bis vor Kurzem – an eine Wand angelehnt – ein alter Grabstein. „Gott rief zur Ruhe meinen lieben Mann unseren treusorgenden Vater Emil Pieper. geb. 16.08.1906. gest. 22.11.1940“. Ich rechne nach: Herr Pieper wurde nur 34 Jahre jung; er wird im Krieg gefallen sein. Wo mag er gewohnt haben? Das letzte Königsberger Adressbuch von 1941 verzeichnet ihn nicht mehr. Stattdessen legt es eine Zahl frei, die erschauern lässt: Alleine unter diesem Familiennamen werden bereits 1941 sechs Königsbergerinnen als „Witwe Pieper“ aufgeführt. Ich frage nach, was es mit diesem Grabstein an dieser Stelle auf sich habe. Die Auskunft lautet, dass dieser Stein schon in der sowjetischen Zeit mit der Schrift nach unten als Bodenplatte genutzt worden sei. Eines Tages besah man sich die ungewöhnliche Form genauer und erkannte, dass es ein Grabstein ist, über den man all die Jahre ging. Man wollte das nicht. Der Stein wurde gesäubert und vorsichtig –nun mit der Schrift sichtbar nach vorne – an die Wand gelehnt, wo er keinen Schaden nehmen kann. Vielleicht ist er inzwischen in ein Lapidarium gekommen. Darauf getreten werden soll nicht mehr. 

Am Königstor – jeder kennt dieses Tor; es ist seit dem 750-jährigen Stadtjubiläum im Jahre 2005 auch ein Wahrzeichen Königsbergs geworden – wollen wir das Standbild des Herzogs Albrecht genauer betrachten. Die Königsberger, die kurz nach der Öffnung 1991 in ihre Heimatstadt strömten, werden sich noch an den erschütternden Zustand der drei Könige erinnern. Die Köpfe abgeschlagen, der Rest in dem Zustand, in den er 1945 geraten war. Die Restaurierung ist ein Musterbeispiel in der Königsberger-Kaliningrader Zusammenarbeit. Für die Figur des Herzogs Albrecht wurde auf Vorlagen zurückgegriffen, die die Stadtgemeinschaft Königsberg e.V. bereitwillig zur Verfügung stellte. Der Wille, etwas für die gemeinsame Stadt zu tun, war stärker als persönliche Befindlichkeiten. Und dieser Wille führte zum Erfolg. Nicht nur die Skulptur ist authentisch wiederhergestellt. Die Publikation der Stadtgemeinschaft Königsberg e.V., der „Königsberger Bürgerbrief“, zweimal jährlich neu und kostenlos herausgegeben, wird in Königsberg geschätzt wegen seiner zeitlosen und neutralen Berichterstattung über die Kultur und Geschichte der alten Stadt. Die Hand ist nach Königsberg ausgestreckt, und sie wurde angenommen – in allen wichtigen Kulturinstitutionen ist er eine begehrte Lektüre geworden. Auch dies eine Folge vieler gutwilliger und interessierter Menschen hüben und drüben, die nicht übersehen werden sollte.