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25.10.19 / Mohnkließla kontra Bigos / Der Weihnachtsmarkt zieht an der Via Regia retour

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-19 vom 25. Oktober 2019

Mohnkließla kontra Bigos
Der Weihnachtsmarkt zieht an der Via Regia retour
Chris W. Wagner

Ende November beginnt die Zeit der Weihnachtsmärkte. Besonders in Schlesien ist diese deutsche Tradition wieder stark im Kommen. Auf dem Weg von West nach Ost darf der heute „schlesischste“ aller Weihnachtsmärkte nicht ungenannt bleiben – der Schlesische Christkindelmarkt in Görlitz. Nur dort findet man vom 30. November bis zum 16. Dezember die einst vor allem in Niederschlesien verbreiteten schlesischen Weihnachtszepter am Ein- und Ausgang des Christkindelmarktes oder Schlesische „Mohnkließla“ und Schlesischen Streuselkuchen. Täglich begegnet man hier ab 15.30 Uhr dem Christkind. Auf einer kleinen Bühne auf dem historischen Untermarkt spielen Kinder der christlichen Dietrich-Heise-Schule die Weih-nachtsgeschichte nach, Tanz- und Gesanggruppen der Deutschen Minderheit aus Oberschlesien tragen schlesischen Tänze vor und singen Weihnachtslieder.

Und auch wenn mit jedem Jahr mehr Stände mit polnischer oder ukrainischer Kunst und Küche hier zu finden sind, so passt dieses gut ins Bild der Tradition der einstigen Via Regia. Diese königliche Straße war im Mittelalter und der Frühen Neuzeit eine wichtige west-östlich verlaufende Handelsstraße und ein Pilgerweg. Diese Straße verband das Rheinland über Schlesien mit der heutigen Ukraine.

2005 wurde die Via Regia vom Europarat zur „Großen Kulturstraße des Europarates“ erklärt und seit 2009 gibt es das Netzwerk „Via Regia – Kulturroute des Europarates“, das Initiativen und Kulturprojekte entlang dieser Route koordiniert. 

Von Görlitz führt die Straße über Lauban [Luban], Naumburg am Queis [Nowogrodziec], Bunzlau [Boleslawiec], Haynau [Chojnow], Liegnitz, Neumarkt [Sroda Slaska] nach Breslau. 

Und eben auch in der schlesischen Metropole wird seit einigen Jahren ein sehr bunter Weih-nachtsmarkt organisiert; dieser beginnt dieses Jahr bereits am 

22. November. Auf dem Breslauer Ring, in der Schweidnitzer und Ohlauer Straße [ul. Swidnicka, ul. Olawska] sowie auf dem einstigen Blücherplatz (plac Solny) wird diesmal länger als sonst, nämlich bis zum 31. Dezember, auf Weih-nachten eingestimmt. Zwischen 

10 und 21 Uhr gibt es neben Glühwein und Schokoladenlebkuchen nach wenigen Jahren der Wiederbelebung mittlerweile leider auch viel Gaudi und Trara. Bereits am 

1. Dezember wird neben dem großen Tannenbaum eine Musikbühne aufgebaut. 

Da Breslau seit einigen Jahren ein neues Markenzeichen hat – die Breslauer Bronzezwerge, die man überall in der Stadt findet – erscheint auch beim Weihnachtsmarkt ein spezieller Gnom, der Zwerg Prezentus (Geschenkebringer). Jeder, der dessen Mütze dreimal berührt, kann sicher sein, dass all seine Weihnachtswünsche in Erfüllung gehen, versprechen die Marketingstrategen.

Die modernen Anleihen mag man den Breslauer gestatten, dennoch merkt man als Deutscher bei aller Begeisterung für die Rück-kehr des Weihnachtsmarktes in Schlesien, dass dieser in der polnischen Geschichte keine Entsprechung hat. Denn leider gibt es außer den ohnehin erst in der späten Nachwendezeit eingezogenen Zwergen nichts, was typisch für Breslau oder Niederschlesien wäre, auch nichts Kulinarisches. Neben typisch Polnischem, wie Bigos, Bergkäse mit Preiselbeeren oder Honig aus dem Bieszczady-Gebirge werden französische Crêpes, ungarische Kalatschkuchen, Klausenburger Speck, Hirschsalami, spanische Churros oder Flammkuchen aus dem Elsass feilgeboten. 

Am 6. Dezember wird während des Weihnachtsmarktes der Nikolaus begrüßt und die offizielle Entzündung des Breslauer Christbaums findet an diesem Tag statt.