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25.10.19 / Jugendlichen die DDR erzählerisch erklären

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-19 vom 25. Oktober 2019

Jugendlichen die DDR erzählerisch erklären

Jungen Menschen von der Zeit der deutschen Teilung zu berichten, ist kein leichtes Unterfangen. Wen interessiert es noch, ob Berlin durch eine Mauer geteilt war und es zwei deutsche Staaten mit völlig verschiedenen politischen Systemen gab? Helen Endemann schrieb das Buch „Todesstreifen“. Sie sagt, dass die Zielgruppe der elf- bis 15-Jährigen gerne fiktionale Erzählungen mit negativem Ausgang lese. Um das Interesse der Nachwendegeborenen zu wecken, könne man anhand der DDR eine ähnliche Situation schaffen wie die, in der die Helden in solchen Erzählungen sich plötzlich befänden.

Im Roman gibt es die Protagonisten Marc aus Ost-Berlin und Ben, der in einem Sportinternat in West-Berlin lebt. Die Ähnlichkeit zwischen beiden wird Ben bei einem Besuch seiner Sporttruppe im Ostteil der Stadt zum Verhängnis. Marc, der extreme Schwierigkeiten mit dem System hat und ins berüchtigte Kinderheim gebracht werden soll, entführt den Jungen aus dem Westen, nimmt ihm den Pass und die Kleidung ab und geht statt seiner über die Grenze. Wie es beiden in den verschiedenen Systemen ergeht, ist hochspannend. Zwei Jugendliche müssen mit den Gepflogenheiten einer jeweils fremden Welt klarkommen, dürfen aber der Staatssicherheit nicht in die Hände fallen. Wie soll Ben, der sofort in ein Kindergefängnis gebracht wird, jemals wieder in den Westteil gelangen? Niemand glaubt ihm seine Geschichte.

Einfach mal so bei einem Berlin-Besuch Jugendlichen die damaligen Zustände zu erklären, funktioniert schlecht. Dennoch müssen Nachwendegeborene erfahren, was es hieß, damals in der DDR oder in der Bundesrepublik gelebt zu haben. Die Autorin war als 15- Jährige in Halle zu Besuch und bekam private Einblicke in das Familienleben des anderen deutschen Staates. Und natürlich besichtigte sie, wie alle Jugendlichen aus der Bundesrepublik, mit der Klasse per Tagesausflug die Hauptstadt der DDR. Endemann berichtet also aus eigener Erfahrung über die Zeiten des Kalten Krieges. Sie bekam viel Unterstützung von Menschen, die ihr halfen, die richtige Sprache der DDR und der Zeit zu finden. Testleser waren einhellig der Meinung, dass diese Geschichte in den 60er Jahren geklappt hätte, aber nicht 1985, als alles schon so streng war. „Tatsächlich gelang die Flucht, die historisches Vorbild der Geschichte ist, 1983“, so die Autorin.

Die Verfasserin erzählt eine fesselnde Geschichte, packend von der ersten bis zur letzten Seite, mit dramatischen Wendungen, die besonders Menschen, die die Zeit damals kannten, Schauer über den Rücken laufen lassen wird. Für junge Leute ist es eine lehrreiche, mitreißende Geschichtsstunde einer noch nicht allzu fernen Vergangenheit. S.F.

Helen Ende-mann: „Todesstreifen“, Verlag rororo rotfuchs, Reinbek 2019, broschiert, 256 Seiten, 14 Euro