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01.11.19 / Halbzeit bei der Groko / Die Große Koalition hat ihre eigene Bilanz verschoben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-19 vom 01. November 2019

Halbzeit bei der Groko
Die Große Koalition hat ihre eigene Bilanz verschoben

Etwa 80 Seiten soll das Dokument lang sein, das Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) federführend für die Große Koalition zusammengestellt hat. Es enthält die Halbzeitbilanz der Großen Koalition (Groko). Am vergangenen Mittwoch sollte es nach den bisherigen Planungen im Kabinett vorgelegt werden – doch nun haben sich CDU, CSU und SPD im Koalitionsausschuss darauf geeinigt, dies auf Anfang November zu verschieben.

Die Große Koalition war Anfang 2018 nur unter Mühen zustande gekommen, nachdem die Jamaika-Verhandlungen von CDU/CSU, FDP und Grünen gescheitert waren. Und niemand weiß, ob sie noch einmal zwei Jahre durchhält. Jede Landtagswahl mit schwachen Ergebnissen für einen der Partner, und davon gab es – siehe Thüringen – einige, führt zu neuen Debatten. Erwartet wird auch, dass die Neubesetzung der SPD-Führung eine abermalige Dis­kussion über Wohl und Wehe der Koalition mit sich bringen wird. 

Die deutsche Wirtschaft stellte der Großen Koalition zur Halbzeit ein schlechtes Zeugnis aus. „In zentralen Politikfeldern fehlen bis heute ein klarer Kurs und richtungsweisende Entscheidungen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang dem Nachrichtensender NTV: „Angesichts der sich stark eintrübenden Konjunktur müssen wir feststellen, dass die jüngsten Aufschwung-Jahre verpasste Chancen für mehr Wachstum waren.“

Die Regierenden sehen das naheliegenderweise anders und verweisen auf eine Analyse der Bertelsmann-Stiftung. Die Große Koalition halte bisher in den meisten Fällen, was sie verspricht. „Nach knapp zwei Jahren Regierungstätigkeit hat sie bereits 61 Prozent ihrer Versprechen aus dem Koalitionsvertrag vollständig oder teilweise umgesetzt oder zumindest substanziell in Angriff genommen. Das ist deutlich mehr als ihre Vorgängerregierung zur Halbzeit geschafft hatte (49 Prozent)“, heißt es in einer aktuellen Studie. 

Das Innenministerium hat laut der Erhebung als Ressort mit 49 die meisten Einzelversprechen im Koalitionsvertrag zu verantworten. Mit 26 bereits vollständig umgesetzten Versprechen kann das Ressort von Horst Seehofer demnach in absoluten Zahlen auch die bislang beste Umsetzungsbilanz vorweisen. Die Koalition verweist zudem darauf, dass sie auf aktuelle Entwicklungen schnell und effizient reagiert habe und spielt auf die Klimagesetzgebung an, die zum 1. Januar des neuen Jahres in Kraft treten soll. 

Dass es noch weitere große Neuerungen geben wird, daran glauben nicht einmal mehr die Optimisten. Erfahrungsgemäß schalten die Regierenden im Jahr vor der nächsten Wahl bereits auf den Wahlkampfmodus um. 

Der große Stolperstein auf dem Weg in die zweite Hälfte dieser Legislaturperiode ist der seit Monaten ungelöste Streit um die Grundrente. Union und SPD streiten sich vor allem über das Thema Bedürftigkeitsprüfung. Die Unionsseite verweist darauf, dass diese im Koalitionsvertrag steht. Die SPD will die Auszahlung des geplanten Aufschlags auf kleine Renten dagegen nicht an eine solche Prüfung knüpfen. Mit der Grundrente will die Koalition etwas gegen Altersarmut tun. Das Thema dürfte auch im kommenden Wahlkampf eine Rolle spielen, falls die Koalition überhaupt so lange hält.P.E.