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01.11.19 / Das zweitgrößte Landflugzeug seiner Zeit / Der Jungfernflug erfolgte vor 90 Jahren – Beim Zulassungsflug stellte die Junkers G 38 gleich zwei Weltrekorde ein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-19 vom 01. November 2019

Das zweitgrößte Landflugzeug seiner Zeit
Der Jungfernflug erfolgte vor 90 Jahren – Beim Zulassungsflug stellte die Junkers G 38 gleich zwei Weltrekorde ein
Friedrich List

Als die viermotorige Junkers G 38 zum ersten Mal startete, war sie das zweitgrößte Landflugzeug ihrer Zeit nach dem sowjetischen Propagandaflugzeug Tupolew ANT-20 „Maxim Gorki“ mit sechs Propellermotoren. Im Gegensatz zur ANT-20 hat die G 38 dieser Tage jedoch ein zumindest halbwegs rundes Jubiläum. Am 6. November vor 90 Jahren hob die erste der zwei gebauten G 38 zum Jungfernflug ab. Das Flugzeug war 21,45 Meter lang und hatte eine Spannweite von 44 Metern. Den Antrieb für das beim Start rund 24 Tonnen schwere Flugzeug lieferten zwei Junkers-L55-Motoren von jeweils 600 PS (441 kW) und zwei L8-Motoren zu je 400 PS (294 kW). Damit erreichte das Flugzeug eine Höchstgeschwindigkeit von rund 200 Kilometern pro Stunde; die Reisegeschwindigkeit lag bei 180. Den zunächst 19 Passagieren wurde ein bis dahin unbekannter Komfort geboten. 

Hugo Junkers verwirklichte mit diesem Flugzeug Ambitionen, die er bereits seit 1910 verfolgte. Damals hatte er unter der Nummer DRP 253788 ein Patent für ein großes Nurflügelflugzeug aus Metall erhalten. Seine Ideen schrieb er in verschiedenen weiteren Projekten wie der J-1000 und der „Junkerissime“ nach dem Ersten Weltkrieg fort. Allerdings ließ die damalige wirtschaftliche und politische Lage in Deutschland eine Verwirklichung nicht zu. 

Aber gegen Ende der 1920er Jahre hatte sich die Situation soweit verbessert, dass Junkers das Wagnis einging, ein derartiges Großflugzeug tatsächlich zu bauen. Diplom-Ingenieur Ernst Zindel begann im Frühjahr 1928 mit den Arbeiten an der zunächst J 38 genannten Maschine. An eine militärische Nutzung dachten Zindel und Junkers damals nicht. Vielmehr wollten sie ein Großflugzeug für den Fernluft- und Transozeanverkehr auf den Markt bringen. Zindel nutzte den voluminösen, an seiner stärksten Stelle zwei Meter dicken Flügel zur Unterbringung der vier Motoren, von Fracht, Treibstoff und Passagieren. Der eher schmale Rumpf diente zunächst lediglich als Leitwerksträger. Nicht nur das Nurflügelkonzept der G 38 war ein Novum. Auch die Ganzmetallbauweise mit der junkerstypischen Duraluminium-Beplankung stellte eine Innovation dar.

Die vier Motoren trieben jeweils einen Propeller über Fernwellen an. Sie waren so eingebaut, dass sie auch während des Fluges zugänglich waren und gewartet werden konnten. Zur ihrer Steuerung verfügte das Flugzeug über einen eigenen Maschinenleitstand. Zunächst war nur für 13 Passagiere Platz, von denen sieben im Flügelmittelstück und ohne Fenster Platz nehmen mussten. Das Leitwerk war als Kastenleitwerk mit drei senkrechten Seitenflossen und zwei horizontalen Höhenflossen ausgeführt. Für das starre Fahrwerk sah Zindel strömungsgünstige Verkleidungen vor, die aber nach den ersten Versuchsflügen entfernt wurden.

Beim Zulassungsflug am 27. März 1930 stellte die Junkers G 38 gleich zwei Weltrekorde auf. Der erste war ein Streckenrekord mit 5000 Kilogramm Nutzlast über eine geschlossene Strecke. Den zweiten erflog die von Junkers-Chefpilot Wilhelm Zimmermann gesteuerte Maschine mit 200,636 Kilometer in der Stunde über eine 100-Kilometer-Strecke. 

Während Junkers mit dem Bau der zweiten Maschine begann, stellte die Luft Hansa das Flugzeug am 7. Mai 1930 in Dienst. Als D-2000 flog die Maschine im Liniendienst. Im Februar 1931 kam das Flugzeug in die Werft. Die L55-Motoren wurden durch stärkere L88a ersetzt. Die Zahl der Passagiere wurde auf 19 erhöht. 

Ab dem Oktober 1931 baute man die D-2000, später als 

D-AZUR registriert, erneut um. Dieses Mal wurden der Rumpf aufgestockt und zusätzliche Fenster für die Passagiere eingebaut, denn die ersten Fluggäste hatten sich mit den fensterlosen Plätzen im Flügel nie anfreunden können. Also erhielten auch die Plätze im Mittelflügel Fenster. Ein Zwischendeck schuf Platz für zusätzliche Fracht. Insgesamt fanden nun 30 Passagiere Platz. Außerdem tauschte man die L8-Motoren ebenfalls gegen L88-Triebwerke. Die zweite Maschine, Kennung erst D-2500, dann D-APIS, erhielt diese Neuerungen von Anfang an. Sie flog erstmals am 14. Juni 1932. 

Jedoch waren die beiden G 38 kein wirtschaftlicher Erfolg für Junkers. Im Gegenteil, das Unternehmen geriet deswegen in finanzielle Schwierigkeiten. Auch der Verkauf der Bomberversion K-51 nach Japan, wo Mitsubishi sechs Maschinen als Ki-20 baute, brachte keine Entlastung. Daraufhin kaufte der deutsche Staat die beiden Flugzeuge. 

Die Luft Hansa setzte sie auf ihren Strecken nach Amsterdam, London und Kopenhagen ein. Hinzu kamen Sonderflüge, so am 25. September 1932 von Berlin über Königsberg nach Moskau. 1934 erhielten beide Flugzeuge wieder neue Motoren – jeweils vier 750 PS leistende Junkers Jumo 204A-Diesel. Die erste Maschine D-AZUR verunglückte am 26. Mai 1936 wegen eines Montagefehlers bei Dessau. Zwar gab es keine Verletzte oder Tote, aber das bruchgelandete Flugzeug wurde nicht repariert. 

Die D-APIS flog bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs auf den internationalen Strecken der Luft Hansa. Das Flugzeug war ein häufiger Gast in London-Croydon, in Amsterdam und auf anderen internationalen Flughäfen der damaligen Zeit. Die Maschine bot den Fluggästen ein luxuriöses Reiseerlebnis. Im oberen Bereich des Passagierraums befanden sich Schlafplätze, und im hinteren Teil der Kabine war eine Toilette eingebaut. Der Platz des Navigators im verglasten Bug stand während des Fluges Passagieren zur Verfügung, wenn der Navigator nicht gebraucht wurde. 

Die G 38 erwies sich als zuverlässiges Verkehrsflugzeug mit gutmütigen Flugeigenschaften. Der Absturz der D-AZUR blieb der einzige Unfall. Flugkapitän Otto Brauer, der das Flugzeug meistens flog, legte in 13 Betriebsjahren eine Million unfallfreie Flugkilometer zurück. 

Bei Kriegsbeginn zog die Luftwaffe Flugzeug und Besatzung ein. Die D-AZUR flog nun als GF+FF Transporteinsätze. Am 17. Mai wurde sie von britischen Jagdbombern auf dem Flugplatz Athen-Tatoi in Brand geschossen und zerstört.