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01.11.19 / Mit seinem Fahrer kaltblütig ermordet / Vor 75 Jahren tötete die zionistische Untergrundgruppe »Lechi« den britischen Nahost-Minister Walter Edward Guinness

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-19 vom 01. November 2019

Mit seinem Fahrer kaltblütig ermordet
Vor 75 Jahren tötete die zionistische Untergrundgruppe »Lechi« den britischen Nahost-Minister Walter Edward Guinness
Wolfgang Kaufmann

Vor 75 Jahren ermordeten jüdische Terroristen einen hochrangigen Vertreter des britischen Empire, um dieses dazu zu bringen, sich baldmöglichst aus dem Mandatsgebiet Palästina zurückzuziehen. Allerdings führte das Attentat zu keiner beschleunigten Verwirklichung des zionistischen Traumes von einem eigenen jüdischen Staat im Nahen Osten.

Am frühen Nachmittag des 6. November 1944 stoppte der Wagen des britischen Nahost-Ministers Walter Edward Guinness vor dessen zeitweiliger Residenz in Kairo. Während Guinness’ Adjutant, Major Andrew Hughes-Onslow, das Tor des Anwesens öffnete, traten zwei Attentäter an das Automobil heran. Der eine schoss dessen Fahrer, Lance Corporal Arthur Fuller, in den Oberkörper, woraufhin dieser kurz darauf verblutete. Der andere feuerte drei Mal auf den Minister und traf ihn in Hals, Brust und Bauch. Aufgrund seiner schweren Verletzungen starb Guinness trotz einer umgehenden Notoperation im britischen Militärkrankenhaus von Kairo. Die beiden Schützen versuchten, auf Fahrrädern zu fliehen, wurden aber kurz darauf von dem ägyptischen Polizisten El-Amin Mahomed Abdullah gestellt und verhaftet.

Wie im nachfolgenden Verhör herauskam, handelte es sich bei den Attentätern um Eliyahu Bet-Zuri und Eliyahu Hakim, zwei junge Männer aus dem britischen Völkerbund-Mandatsgebiet Palästina, die der radikal-zionistischen Terrorgruppe Lechi (Lochamei Cherut Jisrael, Kämpfer für die Freiheit Israels) angehörten. Auftraggeber der Aktion war deren Führungstrio, bestehend aus Israel Eldad, Nathan Yellin-Mor sowie dem späteren israelischen Ministerpräsidenten und Außenminister Jitzchak Schamir. Die nach ihrem Gründer auch Stern Gang genannte Gruppe entstand 1940 in Abspaltung von der Irgun Tzva’i Le’ummi (Nationale Militärorganisation). Wie Letztere gehörte auch die Stern Gang zu den diversen militanten jüdischen Untergrundorganisationen in Palästina, die einerseits den arabischen Terror gegen die jüdischen Siedler zu unterbinden versuchten, andererseits aber auch selbst Attentate auf wichtige Infrastruktureinrichtungen sowie Vertreter der britischen Mandatsmacht verübten. So hatten Lechi-Mitglieder beispielsweise schon versucht, den Jerusalemer Polizeichef Michael Joseph McConnell und den britischen Hochkommissar für Palästina, Harold MacMichael, zu ermorden. Darüber hinaus gelang ihnen am 29. September 1944 die Erschießung des Kommandeurs des Criminal Investigation Department (CID, Kriminalpolizei) im Mandatsgebiet, Thomas Wilkin. 

Wie sich später herausstellte, suchte die Stern Gang in ihrem kompromisslosen Widerstand gegen die Mandatsmacht sogar die Nähe zum Dritten Reich. 1941 fanden in Beirut Gespräche mit deutschen Agenten beziehungsweise Diplomaten über eine mögliche Zusammenarbeit statt. Diese führten jedoch zu keinem Ergebnis, weil Berlin im Kampf gegen London lieber auf die arabische Unabhängigkeitsbewegung und den Großmufti von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini, setzte.

Das Ziel der Stern Gang bestand darin, die Briten so schnell als möglich von dem Territorium zu vertreiben, das die Zionisten als rechtmäßige Heimstätte des jüdischen Volkes betrachteten. Das sollte dadurch erreicht werden, dass sich kein Exponent der Mandatsmacht mehr in Palästina oder anderswo auf der Welt sicher fühlen konnte. So wollte der spätere Guinness-Attentäter Bet-Zuri sogar nach London reisen, um dort Winston Churchill zu ermorden. Am Ende traf es dann allerdings stattdessen einen guten Freund und politischen Vertrauten des britischen Premierministers. 

Guinness galt nicht bloß wegen des Ministeramtes als attraktive Zielperson, sondern auch aufgrund seiner angeblichen Haltung gegenüber dem Zionismus und den Juden insgesamt. Ihm wurde nachgesagt, er hätte stets gegen die Errichtung eines jüdischen Staates in Palästina opponiert und daher die Einreise von jüdischen Flüchtlingen aus Europa behindert. Desweiteren sollte Guinness durch antisemitische Äußerungen und eine demonstrative Vorliebe für die Araber aufgefallen sein. Historiker wie Bernard Wasserstein, der Präsident der Jewish Historical Society of England, konnten jedoch en détail darlegen, dass dies keineswegs der Wahrheit entsprach. 

Und die spätere Schutzbehauptung der Stern Gang, Guinness zeichne zudem persönlich für den Holocaust an den ungarischen Juden mitverantwortlich, weil er einen Deal mit dem Reichsführer SS Heinrich Himmler beziehungsweise dessen Mitarbeiter Adolf Eichmann zu deren Rettung hintertrieben habe, gehört erst recht ins Reich der Legende. Zwar gab es 1944 tatsächlich Geheimverhandlungen zwischen den Westalliierten und der SS bezüglich einer eventuellen Lieferung von 10000 US-amerikanischen Lastkraftwagen und anderen auch militärisch nutzbaren Gütern im Austausch gegen eine Million Juden aus Ungarn, jedoch sorgte nicht Guinness für deren Abbruch. Das taten vielmehr die Führungen in London und Washington, weil sie aufgrund von Hinweisen ihrer Geheimdienste befürchteten, es handele sich hier um einen deutschen Versuch, die Westalliierten gegen die Sowjetunion auszuspielen. Das wurde inzwischen mehrfach anhand von Quellen und Zeitzeugenberichten nachgewiesen. Trotzdem verbreitet die deutsche Version des Online-Lexikons Wikipedia die Lüge der Stern Gang noch heute.

Ansonsten führte der Mordanschlag auf Guinness, für den die beiden Attentäter Anfang 1945 in Ägypten zum Tode verurteilt und auf persönliche Intervention Churchills bei den Machthabern in Kairo wenig später gehängt wurden, zu starken Worten seitens der Briten. So tönte der britische Premierminister am 17. November 1944 vor dem Londoner Unterhaus: „Wenn unsere Träume für den Zionismus im Rauch der Attentäterpistolen enden und wir uns für die Zukunft angestrengt haben, nur um eine neue Gruppe von Gangstern hervorzubringen, die eines Nazideutschland würdig ist, müssen wir die Position, die wir so konsequent vertreten haben, überdenken … Wenn es irgendeine Hoffnung auf eine friedliche und erfolgreiche Zukunft für den Zionismus geben soll, müssen diese bösartigen Aktivitäten aufhören.“ 

Allerdings taten sie es nicht. Die Stern Gang mordete auch in der Folgezeit weiter, während Großbritannien 1947 beschloss, sich aus dem Mandatsgebiet zurückzuziehen und die Lösung des Palästina-Problems den Vereinten Nationen zu übertragen. Daraus resultierte dann die Gründung des Staates Israel.