26.04.2024

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01.11.19 / Königsberg – Ein neuer Morgen / Vierter Teil eines Berichtes von Jörn Pekrul

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-19 vom 01. November 2019

Königsberg – Ein neuer Morgen
Vierter Teil eines Berichtes von Jörn Pekrul

Jörn Pekrul hat einen wunderbaren und reichbebilderten Bericht über seine Reise nach Königsberg in der Ausgabe 2/2019 des „Preussen Kuriers, Heimatnachrichten für Ost- und Westpreußen in Bayern“ veröffentlicht, den die Preußische Allgemeine Zeitung dankenswerterweise in einem Mehrteiler abdrucken darf. Hier nun der vierte Teil.

Der Königsberger Dom erstrahlt im Frühling des Jahres 2019 mit einer Pracht, die von seiner Umgebung auf ihn abstrahlt. Die Ufer zu beiden Pregelseiten sind befestigt worden, und über die frisch sanierte Holzbrücke rattert wie ehedem die rote Tram. Sie kommt aus Roßgarten, wo sie soeben die Bank der Ostpreußischen Landschaft von 1899 passiert hat. Dieses Gebäude muss Wunderkräfte haben: Die ganze Umgebung hat sich seit 1945 mehrfach verändert. Nun fängt am Hintereingang in der Voigdtstraße auch noch die neue Pregelhochbrücke an. Doch die Zahl „1899“ scheint allen Veränderungen zu trotzen: In einem Gewirr von Oberleitungen behauptet sie sich für die Zukunft. Ebenso wurde der Steindamm sehr beeindruckend umgestaltet: Zur Wärmedämmung bekamen die alten „Chruschtschowkas“, die Plattenbauten links und rechts dieser auch heute noch prominenten Straße, ein Ensemble historischer Hansefassaden aufgesetzt. Wenngleich einige lokale Stimmen meinen, es zu gut und zu bunt und vielleicht auch ein bisschen zu naiv mit der Historisierung gemeint zu haben, so ist das überwiegende Urteil in Königsberg positiv. Russische Touristen, so hört man, seien ebenfalls sehr angetan von dieser Ansicht aus dem alten Königsberg (die manche von uns eher an Danzig erinnern mag), und spenden reichliches Lob.

Nicht weniger verheißungsvoll ist am Weidendamm die wieder aufgebaute Synagoge. Der originale Bau wurde am 25. August 1896 eingeweiht. Sie war damals ein Zeichen dafür, dass die jüdische Gemeinde, deren liberale Vertreter sich im 18. und 19. Jahrhundert in die Mehrheitsgesellschaft assimiliert hatten, „angekommen“ war. Die alte Synagoge war ein beeindruckender Kuppeldom aus dunkelrotem Backstein, der sich architektonisch an den christlichen Domen in Aachen und Worms orientierte. Zusammen mit einer benachbarten Schule bot er der Gemeinde einen Anlaufpunkt im alten Königsberg. Die schweren Zerstörungen in der Pogromnacht des Jahres 1938 kündigten bereits das kommende Unheil an. Es lohnt sich an dieser Stelle hinzuweisen auf das Buch „Zeugnis vom Untergang Königsbergs“ von Herrn Michael Wieck, der als Zeitzeuge diese Epoche beschreibt. Als Chronist berichtet er nüchtern und abwägend, aber dann auch mit einer wirkmächtigen humanen Orientierung, die zeitlos ist und noch lange nachhallt. Ich dachte fortlaufend an die in diesem Buche beschriebenen Ereignisse, als mir der heutige Gemeindevorsteher, Herr Victor Schapiro, eine Besichtigung noch vor der Eröffnung ermöglichte. Die neue Synagoge ist etwas kleiner als ihre Vorgängerin, doch sie hat viel zu bieten. Neben der Architektur, die alt und neu verbindet, werden öffentliche Flächen für Ausstellungen, kulturelle Begegnungen und auch ein koscheres Restaurant angeboten. Eine Begegnungsstätte und eine Bereicherung für die Stadt. Und wenn der Kantor zum Gesang anhebt, dann schüttelt es einen durch und durch: 3000 Jahre scheinen in dieser Stimme zu liegen und den heutigen Menschen direkt anzusprechen. Ein Erlebnis.

Gegenüber der Synagoge befindet sich die Honigbrücke, die zum Kneiphof führt. Auf dem Geländer der Brücke hat sich ein kleiner Kobold niedergelassen, der als harmloses Kunstwerk die Blicke auf sich zieht. Und dieser kleine Kerl hat es geschafft, einige Autoritäten in Zorn zu versetzen ob angeblichen Rückfalls in heidnische Zeiten. Die Kinder, die vorbeigehen, wissen nichts davon. Sie finden ihn lustig und machen Fotos.