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08.11.19 / Rosarote Zukunft / Hoffen auf den großen Wurf – Der Mauerfall in Film und Literatur

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-19 vom 08. November 2019

Rosarote Zukunft
Hoffen auf den großen Wurf – Der Mauerfall in Film und Literatur
Harald Tews

Große Ereignisse erzeugten früher mal große Kunst. Der Trojanische Krieg spiegelt sich in Homers „Ilias“, ohne den Dreißigjährigen Krieg wäre nicht Grimmelshausens „Simplizissimus“ entstanden, Na­poleons Niederlage in Russland inspirierte Tolstoi zu „Krieg und Frieden“, und der Zweite Weltkrieg brachte eine Unzahl bedeutender Werke in Literatur („Die Blechtrommel“), bildender Kunst („Guernica“) oder Film („Schindlers Liste“) hervor.

War die friedliche Revolution von 1989 so unbedeutend, dass seither keine große Kunst dazu entstanden ist? Oder war sie schlicht zu unbegreiflich? Künstlerisch nicht zu überbieten war nur die Graffiti-Kunst an der Berliner Mauer. Doch so wie sie heutzutage in einigen wenigen Mauerblöcken aufgelöst in Museen steht, so picken sich Literaten und Filmemacher eher Teilaspekte des Mauerfalls heraus. Auf den großen Wenderoman oder Mauerfallfilm, so klagen manche Kritiker, warte man bis heute.

Nur im weiteren Umfeld dazu sind starke Werke entstanden. Uwe Tellkamps „Der Turm“ ge­hört zu den wichtigsten Romanen der Nach-Wendezeit. Hier mündet das epische Geschehen ebenso im Mauerfall wie in Florian Henckel von Donnersmarcks oscarprämiertem Film „Das Leben der Anderen“. Der Mauerfall dient hier als Schlusspunkt einer Epoche. Der Neuanfang, wie ihn viele DDR-Bewohnerer nach 1989 er­lebten, blieb aber ausgeklammert.

Manche Autoren wie Thomas Brussig, der 1995 mit dem Roman „Helden wie wir“ die Mauer auf obszöne Weise zu Fall brachte, flüchteten sich in Satire. Auf ebenfalls humorige Weise tat dies vier Jahre später Leander Haußmann in seinem Film „Sonnenallee“. Ernsthafter ging es da in Erichs Loests später auch verfilmtem Roman „Nikolaikirche“ von 1995 zu, der die Montagsproteste in Leipzig thematisiert. 

Im Film bleibt Christian Schwochows TV-Streifen „Bornholmer Straße“ von 2014 in Erinnerung, der auf ebenso witzige wie rührselige Weise die Nacht der Maueröffnung rekonstruiert. Rechtzeitig zum 30. Jahrestag des Mauerfalls sind im Kino derzeit zwei weitere Filme zu sehen: „Zwischen uns die Mauer“ und „Im Niemandsland“, die jeweils eine Ost-West-Liebesgeschichte zum Thema haben. Wenigstens im Film steht Deutschland nach der Vereinigung noch eine rosarote Zukunft bevor.