Über ein Jahrzehnt geisterte das „Phantom der Oper“ durch das Hamburger Musicaltheater Neue Flora. Das Haus wurde damit zur wichtigsten Musicalbühne der Stadt. Inzwischen läuft dort mit „Paramour“ die weltweit aufwendigste und teuerste Musicalproduktion.
„Paramour“ ist das erste Musical des kanadischen Zirkus Cirque du Soleil. Musiktheater und Zirkuskunst werden darin eins. Im Gegensatz zu den meisten anderen Cirque-du-Soleil-Shows gibt es ein Drehbuch mit Dialogen und eine ausgearbeitete Geschichte. Die ist allerdings schnell erzählt und eher dünn: Das Stück spielt zu Zeiten der goldenen Ära Hollywoods. Erzählt wird die Geschichte des charismatischen Regisseurs AJ (Pasquale Aleardi), der nach jungen Talenten für einen neuen Kinofilm sucht. Er verliebt sich in seine Hauptdarstellerin Indigo (Vajèn van Bosch), doch die junge Schauspielerin hat auch ein Auge auf den Pianisten Joey (Anton Zetterholm) geworfen, der den Titelsong für den Film komponieren soll. So entwickelt sich eine Dreiecksbeziehung, an deren Ende Indigo sich zwischen Liebe und Erfolg entscheiden muss.
Was der Geschichte an Tiefe fehlt, machen das Bühnenbild und die Artisten wett. Die Broadwayshow „Paramour“, die das Musicalunternehmen Stage Entertainment nach Hamburg geholt hat, gleicht einer Reise durch die Filmgeschichte. Kulisse und Kostüme wechseln ständig, von Western über Film-Noir und Horror bis zu Action. Indigo wird zu Calamite Jane und zu Kleopatra. Der reinste Augenschmaus ist auch eine Filmstreifenszene, in der mehrere zimmerartige Räume an die Einzelbilder eines Filmstreifens erinnern.
Die Neue Flora wurde für das Musical komplett umgebaut – in Sachen Kosten und Aufwand stellt die Produktion die Broadway-Vorlage sogar in den Schatten. 36 Ensemblemitglieder stehen in dem Stück auf der Bühne: Sechs Musicaldarsteller, 20 Akrobaten und zehn Tänzer. Wenn nicht zu Jazz, Swing oder Bigband-Musik getanzt oder gesungen wird, wird gesprungen, geflogen oder balanciert.
16 verschiedene Akrobatikdisziplinen, darunter Luftreifen, Vertikalstangen, ein Schleuderbrett, Trampoline, ein Einrad und Jonglage, kommen zum Einsatz. Die Zuschauer wissen gar nicht, wohin sie zuerst schauen sollen, so viele Kunststücke zeigen die Akrobaten im Sekundentakt.
Am Gewagtesten ist die Trapez-Nummer im Büro des Film-Regisseurs. Eine Artistin bewegt sich per Hand-auf-Hand-Akrobatik zwischen dem auf dem Boden stehenden Träger und dem Trapezkünstler hin und her – es zeigt die mit Beifallsstürmen quittierte Darstellung der inneren Zerrissenheit Indigos. Wie alle Artistik-Darbietungen in „Paramour“ ist auch dies eine Nummer ohne Netz und doppelten Boden.
Das große Finale führt das Film-Set von Hollywood sogar noch nach New York mit einer Verfolgungsjagd über den Dächern der Stadt. Die spektakuläre, wenn auch etwas zu lange Trampolin-Nummer, setzt dem Ganzen mit Bühnenkampfkunst noch die Krone auf. Das wäre gar nicht nötig gewesen. Diese Musicalshow bietet in zweieinhalb Stunden genug begeisterndes „Action“-Feuerwerk.
Buchungen unter der kostenpflichtigen Karten-Hotline 01805-4444 sowie im Internet unter: www.musicals.de