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15.11.19 / Die düstere Seite der US-Politik im Zweiten Weltkrieg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-19 vom 15. November 2019

Die düstere Seite der US-Politik im Zweiten Weltkrieg
Friedrich-Wilhelm Schlomann

Der durch seine Tatsachenromane bekannte Steffen Kopetzky spannt in seinem neuesten Buch einen großen Bogen vom Zweiten Weltkrieg bis zu Vietnam. Sein Romanheld John Glueck, dessen Vorfahren aus Deutschland stammten, erzählt in „Propaganda“ recht spannend vom Krieg und der Lüge, die er als hochdekorierter Offizier in der psychologischen Kriegsführung der USA erlebte. 

Im Ersten Weltkrieg kam er erstmals mit psychologisch durchdachter Werbung für politische Inhalte zusammen, als US-Präsident Woodrow Wilson feierlich versprach, Amerika aus dem Krieg gegen Deutschland herauszuhalten – um sich dann zwei Jahre später doch einzumischen. Sehr bald spürte er den Unterschied von Literatur und der Propaganda für eine Regierung. Hitler, so sagt Glueck, „ist ein Wai­senknabe im Vergleich zu Roosevelt“, der gern von seinen Kaminfeuergesprächen mit Stalin sprach. Er selber wollte am Krieg teilnehmen in der Illusion, ihn beeinflussen zu können, weil er eine tiefe Beziehung zu Deutschland hatte. Schnell musste er feststellen: Der Vorteil einer Lüge gegenüber der Wahrheit ist, dass Letztere oft unglaubwürdig erscheint, die Lüge hingen klar und logisch erscheint. 

Der Romanheld erhielt eine Spezi­alausbildung für US-Soldaten, die Deutsch sprachen, um Wehrmachtsmeldungen abzuhören und deutsche Gefangene verhören zu können. Dabei bekommt der Leser einen Einblick in die US-Propaganda-Zeitungen gegen Deutschland: Da war einmal die „Neue Aussicht“, die für junge Intellektuelle gedacht war. Daneben gab es den vierseitigen „Sternbanner“ mit einer Auflage von vier Millionen, in dem auch Ernest Hemingway und Stefan Heym schrieben, von dem US-Flugzeuge über dem Reich jeweils 120000 Exemplare abgeworfen haben. Manches schleuste man über die Schweiz ein. „Beliebt war ebenfalls der Einsatz der sechs Radio-Hochleistungssender mit enormer Reichweite oder auch von Last­kraftwagen mit großen Lautsprecheranlagen, die so nahe wie möglich an die Front fuhren. Glueck arbeitete aus voller Überzeugung. „Aber das ändert nichts daran, dass ich über den wirklichen Krieg schreiben werde, wenn ich wieder zu Hause bin. Die Wahr­heit verpflichtet uns.“ 

Kopetzkys Held empört sich darüber, dass die KZ Washington zwar bekannt waren, aber weder die Lager noch die Eisenbahnstrecken Ziel der US-Luftwaffe waren. „Es war fast, als wollte man, dass die Deutschen ihre Schuld nur noch vergrößern“, lässt der Autor seinen Helden sagen. Das Ziel der Propaganda sei es gewesen, Preußen und seine Militärtradition als „Kadavergehorsam“ abzuqualifizieren und das geschah trotz des Wissens, „dass Preußen eine fortschrittliche Nation war und der Taktgeber dieses Fortschritts das Militär gewesen war“. 

De Gaulle, bei den US-Verbündeten als eine „Mischung aus Wehleidigkeit, Größenwahn und Arroganz“ angesehen, sieht Glueck kritisch: Ohne die Schwarzafrikaner hätte es ein „Freies Frankreich“ nie gegeben. Sie durften an der Front kämpfen und sterben, aber nicht an der Siegesparade in Paris teilnehmen. Über die französische Résistance denkt der junge US-Offizier verächtlich: „Das waren kriminelle Kollaborateure“, die 1944 nur die Seiten wechselten. Zum Beweis, dass sie echte Antifaschisten seien, überfielen sie das Bordell, in dem hohe NS-Parteileute verkehrten und sie selber auch. Sie nahmen Rache an den Nutten, indem sie auf ihren kahl geschorenen Köpfen mit Asphaltfarbe Hakenkreuze malten. 

In einer Mischung aus Fiktion und Wirklichkeit beschreibt Kopetzky die verbissenen und sehr opferreichen Kämpfe 1944 an der Hürtenwald-Front in der Eifel, wo sogar 16-jährige Hitler-Jungen zum Panzerknacken eingesetzt wurden. Es stellte einen großen Fehler dar, dass die US-Armee nie auf einen solchen Waldkrieg vorbereitet wurde und ihre Luftaufklärung nicht die Rurtalsperre entdeckte. Deren Sprengung hätte alte Aufmarschpläne für das Rheinland zerschlagen. 

Im Buch tritt ein deutscher Feldarzt auf, der „buchstäblich Hunderten amerikanischer Soldaten das Leben rettete“, während das US-Sanitätspersonal nicht erschien. Im späteren Vietnam-Krieg zieht Glueck die Konsequenz aus dem zuvor Erlebten: Er beschließt, der Öffentlichkeit Informationen zuzuspielen, um sie gegen den Krieg zu mobilisieren.

Die USA hatten begonnen, der eigenen Propaganda zu glauben, wobei nunmehr die Lüge regierte. Die eigentliche Politik war am Ende, es entschieden jetzt Generäle. Abschließend mahnt der Romanheld: „In dem Maße, in welchem wir zunehmend unsere mo­ralischen Werte verlieren, werden wir immer schwächer werden.“ Wie wahr! 

Steffen Kopetzky, „Propaganda“, Rowohlt-Verlag, Berlin, 2019, gebunden, 495 Seiten, 25 Euro