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22.11.19 / Berlin auf Rückkehr von IS-Kämpfern kaum vorbereitet / Bundesregierung reagiert auch bezüglich ausgewiesener Angehöriger arabischer Großclans erst, nachdem es zu spät ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-19 vom 22. November 2019

Berlin auf Rückkehr von IS-Kämpfern kaum vorbereitet
Bundesregierung reagiert auch bezüglich ausgewiesener Angehöriger arabischer Großclans erst, nachdem es zu spät ist
Norman Hanert

Die Ankündigung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, inhaftierte Kämpfer des Islamischen Staates (IS) in ihre Herkunftsländer abzuschieben, erwischt die deutsche Bundesregierung offenbar unvorbereitet. Bereits die ersten Rückführungsaktionen legen ein Dilemma im Umgang mit mutmaßlichen IS-Anhängern offen. Eine irakischstämmige Familie, die dem salafistischen Milieu zugeordnet wird, durfte nach ihrer Abschiebung aus der Türkei auf dem Flughafen Berlin-Tegel zunächst unbehelligt einreisen. Während türkische Behörden von „ausländischen Terroristenkämpfern“ sprachen, sah das Bun­­des­in­nen­mi­ni- ­ste­ri­um keinen Bezug zum IS. Die Ehefrau eines IS-Kämpfers wurde wiederum gleich nach ihrer Landung in Frankfurt wegen des Verdachts einer Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verhaftet. In der Tat stellt das deutsche Strafrecht bereits die bloße Mitgliedschaft in einer Terrororganisation unter Strafe. In wie vielen Fällen es der Bundesanwaltschaft tatsächlich gelingen wird, an Schauplätzen wie Syrien oder dem Irak die nötigen Beweise zu ermitteln, bleibt abzuwarten. 

Erst im August ist durch eine Änderung am Staatsangehörigkeitsgesetz hierzulande die Möglichkeit geschaffen worden, Doppelpassinhabern, die für eine Terrorvereinigung im Ausland kämpfen, die deutsche Staatsangehörigkeit abzuerkennen. Mit Blick auf die mutmaßlichen IS-Mitglieder, die derzeit in der Türkei inhaftiert sind, hat diese Regelung allerdings ein Manko. Sie kommt zu spät. Gemäß dem Rückwirkungsverbot ist sie nur für zukünftige Fälle anwendbar, nicht für Personen, die bereits in den vergangenen Jahren in den Dschihad gezogen sind.

Die Bundesregierung hat auch in anderen Punkten unnötig Zeit verstreichen lassen. Erst die unbemerkte Wiedereinreise eines ausgewiesenen Angehörigen eines arabischen Großclans hat zum Beispiel dazu geführt, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nun eine Intensivierung der Schleierfahndung an den deutschen Grenzen angeordnet hat. Angesichts der massenweisen illegalen Einreisen ist allein dieser Schritt seit Jahren überfällig.

Als längst reif betrachten Beobachter zudem die Zeit für klare Worte gegenüber der türkischen Regierung. Deren Innenminister kommentierte die geplanten Ab­schie- ­bungen Anfang November: „Wir sind kein Hotel für jedermanns IS-Mitglieder. Man kann den ehemaligen Terroristen nicht einfach die Staatsbürgerschaft entziehen und dann erwarten, dass sich Ankara um sie kümmert.“ Hier bietet sich ein Vergleich mit der Bereitschaft der Türkei an, umgekehrt türkische Staatsbürger aus Deutschland zurückzunehmen. Ein Bericht der „Welt“ hat unter Berufung auf Daten des Bundesinnenministeriums öffentlich gemacht, dass Ende September hierzulande fast 7000 türkische Staatsangehörige ausreisepflichtig waren. Die Zahl der erfolgreichen Abschiebungen Richtung Türkei bewegt sich in den ersten neun Monaten des Jahres jedoch nur in einem dreistelligen Bereich.