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22.11.19 / Mainz zeigt kaum Interesse an Hunsrückisch / Nach Brasilien ausgewanderte Landsleute und deren Sprache sind Malu Dreyers Landesregierung offenkundig egal

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-19 vom 22. November 2019

Mainz zeigt kaum Interesse an Hunsrückisch
Nach Brasilien ausgewanderte Landsleute und deren Sprache sind Malu Dreyers Landesregierung offenkundig egal
Bodo Bost

Diesen Herbst brachte die AfD-Fraktion im Landtag von Rheinland-Pfalz das Thema „Hunsrückisch als zweite Amtshilfssprache in Brasilien“ in den Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur ein. Der Hintergrund ist, dass in Brasilien mehrere Millionen Nachfahren deutscher Auswanderer leben, davon ein nicht unerheblicher Teil aus dem heutigen Gebiet des Bundeslandes Rheinland-Pfalz, speziell aus dem Hunsrück. 

Die „Rhein-Zeitung“ in Koblenz hat am 20. September einen Beitrag unter dem Titel „Hunsrücker Platt als zweite Amtssprache Brasiliens?“ veröffentlicht. Demnach wurde Hunsrückisch in einigen Gemeinden des Bundesstaates Rio Grande do Sul als zweite Amtshilfssprache eingeführt. Hunsrückisch wird dort neben Portugiesisch sowohl im Schulunterricht als auch im öffentlichen Dienst verwendet.

Die AfD-Fraktion wollte daraufhin von der Landesregierung wissen, in welchen brasilianischen Gemeinden und Bundesstaaten der Schulunterricht auf Hunsrückisch erfolgt und an wie vielen Schulen es Unterrichtsangebote auf Hunsrückisch gibt. Die Landesregierung teilte mit, dass keine Angaben vorlägen. Die Frage, ob die Landesregierung über Kontakte zur 2004 gegründeten Initiative „Option für Hunsrückisch“ verfüge, verneinte diese. 

Wenig befriedigend für die Fragesteller fielen auch die Reaktionen auf andere Fragen aus wie: Wann war zum letzten Mal eine Regierungsdelegation aus Rheinland-Pfalz oder ein Ausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags in einem jener brasilianischen Bundesstaaten, in denen der Schulunterricht auf Hunsrückisch erteilt wird? Sind entsprechende Besuche geplant? Die Antworten lauteten: Es gab bisher keine Delegationsreisen und es ist auch kein Besuch geplant. Und das, obwohl Ministerpräsidentin Malu Dreyer im Mai 2017 eine Südamerikareise absolviert hatte.

Zurzeit findet gerade eine halboffizielle Reise der Brasilienfreunde Hunsrück aus Rheinböllen nach Brasilien statt. Dabei soll auch eine neue Städtepartnerschaft zwischen Nova Petrópolis und Emmelshausen unterzeichnet werden. Es wäre die fünfte allein in Rheinland-Pfalz. Mitglied der Reisegruppe ist auch der Vizepräsident des Landtages von Rheinland-Pfalz Hans-Josef Bracht (CDU). Die Gruppe wird in Porto Alegre vom Gouverneur des Bundesstaates Rio Grando do Sul, Eduardo Leite, im Gouverneurspalast empfangen. Allerdings ist Brachts Partei in Rheinland-Pfalz nicht an der Regierung.

Die rheinland-pfälzische Landesregierung zeigt kein erkennbares Interesse an den Nachkommen der Auswanderer aus ihrem Bundesland. Ganz anders dagegen das Nachbarland Luxemburg. Dort kamen aufgrund eines Gesetzes von 2009 in den letzten Jahren etwa 10000 Nachkommen von Luxemburger Auswanderern mit luxemburgischen Pässen zurück in die alte Heimat. 

Schätzungen zufolge werden in Brasilien noch mehr als 50 Einwanderungssprachen gesprochen, von denen viele von Europäern im frühen 19. Jahrhundert mitgebracht wurden. Der Kontakt mit Portugiesisch veränderte diese und brachte neue Sprachen oder Sprachvarianten hervor, wie das Talian-Italienische oder auch das Hunsrückische. Das Institut für Forschung und Entwicklung in der Sprachpolitik Brasiliens (IPOL) zählt insgesamt noch 56 Einwanderungssprachen, darunter auch das Ostpommerische, das Böhmische, das Wolgadeutsche und das Plattdeutsch-Mennonitische als vom Deutschen abgeleitete Einwanderer-Sprachen Brasiliens.

Ab 2007 wurden Einwanderungssprachen in 19 Gemeinden Amtshilfssprachen und in städtischen Schulen zusammen mit Portugiesisch unterrichtet. In Pomerode, Santa Catarina, gibt es einen Rekord, dort gibt es drei Amtssprachen: Portugiesisch, Deutsch und seit 2017 Pommersch. Im Jahr 2012 erhielt das Hunsrückische sogar den Status als „historisch und kulturelles Erbe von Rio Grande do Sul“.