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22.11.19 / Freude und Skepsis mischen sich / Teslas Großprojekt »Gigafactory« bei Berlin: Brandenburg macht Rennen um Fabrik für E-Autos

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-19 vom 22. November 2019

Freude und Skepsis mischen sich
Teslas Großprojekt »Gigafactory« bei Berlin: Brandenburg macht Rennen um Fabrik für E-Autos
Norman Hanert

Eher beiläufig gab der Chef des Elektroauto-Herstellers Tesla eine seit Jahren erwartete Standortentscheidung bekannt. Teslas vierte „Gigafactory“ soll in Brandenburg, südöstlich von Berlin, gebaut werden – und zwar in Rekordzeit.

In Anspielung auf die Verzögerungen beim Großprojekt BER sagte Tesla-Chef Elon Musk: „Wir werden definitiv ein höheres Tempo vorlegen müssen als der Flughafen.“ Tatsächlich ist der Zeitplan ehrgeizig. Die Bauarbeiten für die Fabrik in der Gemeinde Grünheide sollen bereits im ersten Quartal 2020 beginnen. Ende des Jahres 2021 soll schon die Produktion anlaufen. 

In der geplanten Fabrik will Musk Batterien und auch Antriebsstränge produzieren, zudem soll in dem brandenburgischen Werk auch Teslas neues SUV-Modell Y montiert werden. Der angepeilte Baubeginn innerhalb weniger Monate scheint unrealistisch, obwohl die Ausgangsbedingungen sehr  günstig ausfallen: Der ausgewählte Standort war bereits im Jahr 2001 im Rennen um die Ansiedlung eines BMW-Werks im Gespräch. Der Flächennutzungs- und der Bebauungsplan weisen das Areal als Industriegebiet aus. Zudem ist das Gelände auch schon weitgehend erschlossen, lediglich auf einer Teilfläche befindet sich noch ein Kiefernwald. 

Auch andere Punkte sprechen für den Standort unweit des neuen Großflughafens BER. Das künftige Fabrikgelände liegt direkt am Berliner Ring und an der Bahnstrecke von Berlin nach Warschau. 

Gleich in der Nähe des zukünftigen Werksgeländes halten am Bahnhof Fangschleuse auch Züge des Re­gionalexpress’ von Berlin nach Frankfurt/Oder. Vor Ort existiert schon ein Güterverkehrszentrum mit unmittelbarem Anschluss an den Berliner Autobahnring. Dass sich über dem Areal aber tatsächlich schon im kommenden Frühjahr die Baukräne drehen, erscheint fraglich: Noch fehlt nämlich eine Baugenehmigung samt Umweltverträglichkeitsprüfung. Klagen von Umweltverbänden könnten für weitere Verzögerung sorgen. 

Nach Angaben der brandenburgischen Landesregierung haben Subventionszusagen nicht den  Ausschlag für den Standort gegeben. Tatsächlich dürfte die EU-Kommission auch anderthalb bis zwei Jahre benötigen, bis sie die staatlichen Beihilfen genehmigt hat. 

Schwerer als die Zuschüsse des Landes Brandenburg könnte aus Sicht Teslas eine Entscheidung des jüngsten „Autogipfels“ im Kanzleramt wiegen. Anfang November haben sich Bundesregierung und Autoindustrie bei einem Spitzentreffen darauf geeinigt, das bisherige Prämienprogramm beim Kauf von E-Autos bis Ende 2025 zu verlängern und sogar kräftig aufzustocken. Bei reinen Elektroautos mit einem Listenpreis von bis zu 40000 Euro soll der Zuschuss von bislang 4000 Euro auf 6000 Euro steigen. Wegfallen soll dabei auch die bisherige Förderungsdeckelung ab einem Netto-Listenpreises von 60000 Euro.

 Da Tesla bei den rein batteriegetriebenen Wagen in Deutschland als Marktführer rangiert, kann sich Musk Chancen ausrechnen, von diesem Anreizprogramm in erheblichem Umfang zu profitieren. 

Angekündigt hat Tesla, dass in Grünheide in einer ersten Ausbaustufe 3000 Arbeitsplätze, später sogar 7000 Stellen geschaffen werden sollen. Dementsprechend fielen einige Reaktionen aus: Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), sagte: „Diese großartige Nachricht ist für die Hauptstadtregion wie ein vorgezogenes Weih­nachtsfest.“ Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach sogar von einem Meilenstein für den Standort Deutschland.

Allerdings sind auch skeptische Stimmen zu hören. Diese weisen beispielsweise auf den Hang von Musk zur Inszenierung und zum großspurigen Auftreten hin. Tatsächlich haben sich schon mehrmals Ankündigungen des US-Amerikaners entweder gar nicht oder erst mit erheblicher Verzögerung erfüllt. 

Einige Kommentatoren erinnerten zudem daran, dass in Brandenburg bereits mehrere  Großprojekte angekündigt wurden, die später als Flop ende­ten: Das Unternehmen Cargolifter etwa wollte im Landkreis Dahme-Spreewald Luftschiffe zum Transport von Schwerlasten bauen. Finanzprobleme führten im Jahr 2002 zur Insolvenz des Projekts. Planungen für eine Halbleiterfabrik in Frankfurt/Oder scheiterten ebenso wie das Prestigeprojekt „Lausitzring“. In den Bau der Renn- und Teststrecke im Süden Brandenburgs sind 120 Millionen Euro an Fördermitteln des Landes geflossen. Die Idee, namhafte Rennen des Motorsports in die Lausitz zu holen, konnte sich langfristig jedoch nicht durchsetzen. 

Auch Teslas Pläne gleichen einer Wette auf die Zukunft. Keineswegs sicher ist, dass sich die Elektroautomobilität in der Form batteriebetriebener Fahrzeuge als Massenprodukt durchsetzen wird. Zweifel sind auch angebracht, dass es Tesla langfristig gelingt, sich als Hersteller am Automarkt zu behaupten. Als Pionier der Elektromobilität hat das Unternehmen bei neuen Modellen immer wieder mit Produktionsproblemen und zeitweise auch mit Geldsorgen zu kämpfen gehabt.